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Sieben Siegel 05 - Schattenengel

Sieben Siegel 05 - Schattenengel

Titel: Sieben Siegel 05 - Schattenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nicht griechisch, oder?«, sagte Chris misstrauisch.
    »Es ist hebräisch … oder, nein, nicht wirklich.« Azachiel lächelte, doch aus irgendeinem Grund wirkte es traurig. »Aber Hebräisch kommt der Sprache, aus der dieser Name stammt, wohl am nächsten.«
    »Lebst du hier?«, wollte Kyra wissen.
    »Nein. Nicht hier, nicht anderswo. Überall und nirgends.«
    Die Freunde wechselten verstohlene Blicke.

Lisa schaute auf ihren Unterarm, aber die Siegel blieben immer noch unsichtbar.
    »Okay«, sagte Chris entschlossen, »wir wissen jetzt, wie du heißt. Wir wissen auch, dass du uns da oben geholfen hast. Aber wir –«
    »Ihr wollt wissen, weshalb ich hier bin«, unterbrach ihn Azachiel. »Und was mir an euch liegt, nicht wahr?«
    »Ja«, erwiderte Kyra.
    Bevor der Fremde etwas sagen konnte, murmelte Lisa gedankenverloren: »Azachiel … Klingt wie irgendwas aus der Bibel.«
    »Leider nicht.« Azachiel grinste. »Ich hab den ganzen Wälzer gleich zweimal durchgelesen, aber meinen Namen haben sie verschwiegen.«
    Er hob die Schultern. »Aber ich schätze, es gibt Schlimmeres.«
    Sie verstanden noch immer kein Wort von dem, was er da redete. Weshalb, zum Teufel, hätte sein Name in der Bibel stehen sollen? Lisa spürte, dass ihre Knie weich wurden, als sie darüber nachdachte, was seine Worte bedeuten mochten.
    »Ich bin ein Cherub«, sagte Azachiel. »Ein Engel des Herrn. Oder besser: Ich war einer, bis er mich aus seinen Reihen verstieß.«
    Schweigen. Niemand sprach ein Wort.
    Sie waren die Träger der Sieben Siegel. Sie wussten mehr über das Wesen des Übernatürlichen als die meisten anderen Menschen. Und sie glaubten daran, ob sie wollten oder nicht.
    Aber ein Engel?
    Kyra räusperte sich. »Du willst uns allen Ernstes erzählen, du bist einer der Gefallenen Engel?«
    »Du kennst unsere Geschichte?«, fragte Azachiel, und wieder klang er niedergeschlagen, gefangen in endloser Trauer.
    Kyra zuckte die Achseln und wiederholte alles, was sie irgendwann einmal im Religionsunterricht gehört hatte. »Es heißt, dass Gott zu Anbeginn der Zeit einige seiner Engel aus dem Himmel verstieß, weil sie gesündigt hatten. Sie fielen zur Erde und wurden zu Dämonen. Einer von ihnen, Satanael, scharte die anderen um sich und schwang sich auf zu ihrem Herrn. Auf diese Weise entstanden die Hölle und der Teufel.«
    Azachiel strich sich eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn, eine ziemlich eitle Geste für jemanden, der von sich behauptete, ein leibhaftiger Engel zu sein.
    »Es war so und doch ganz anders«, erklärte er. »Wir Engel waren die ersten Geschöpfe, die der Herr erschuf. Wir alle waren ihm treu ergeben. Dann, eines Tages, sandte er zweihundert von uns auf die Erde herab, um in seinem Auftrag Gutes zu tun. Hier lernten wir die Wege der Menschen kennen, ihre Schönheit, ihre Tatkraft, ihre … Gefühle. Wir erfuhren Liebe und Glück und andere Dinge, die uns vorher fremd gewesen waren. Wir taten uns mit euren Frauen zusammen und kamen auf den Geschmack der Sünde. Darüber zürnte uns der Herr und verstieß uns von seiner Seite. Mehr noch, er sandte seinen Erzengel Michael an der Spitze der himmlischen Heerscharen aus, um uns zu vernichten. Es kam zu einem Krieg, wie ihn die Welt weder vorher noch nachher gesehen hat. In Schlachten, die zu furchtbar waren, als dass ich sie euch beschreiben könnte, wurden wir schließlich bezwungen. Jene von uns, die am Leben blieben, wurden dazu verdammt, auf ewig auf der Erde zu wandeln, wie Menschen, und doch auf immer durch unsere Natur von euch getrennt. Satanael war unser Führer im Krieg gegen Michaels Scharen, und er blieb es auch, nachdem die letzte Schlacht geschlagen war – wenigstens für die meisten von uns. Satanael wurde zum Herrn der Hölle, dem Urvater alles Bösen, und viele von uns wurden zu seinen Dämonen. Ich und ein paar andere aber sagten uns von ihm los und wandelten fortan allein über die Welt, einsam und verloren, gejagt von den Heerscharen des Himmels ebenso wie von Satanaels höllischen Horden.«
    Die vier Freunde brachten eine Weile lang kein Wort heraus. Falls er die Wahrheit sagte, falls Azachiel wirklich ein Gefallener Engel war, dann war er mächtiger als jedes andere Wesen, mit dem sie es bisher zu tun gehabt hatten.
    Mächtiger als der schreckliche Mann im Mond, mächtiger auch als der Storchendämon, der sie durch den Kerkerhof gejagt hatte.
    Azachiel war ein Engel – einen Cherub hatte er sich genannt –, und er war vielleicht der Schlüssel

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