Sieben Siegel 10 - Mondwanderer
alle reden davon.«
»Auf der Kieselwiese«, ergänzte das Mädchen.
Lisa und Chris wechselten einen verunsicherten Blick. Es war doch noch gar nicht lange her, dass sie dort gewesen waren und kein Anzeichen von der sonderbaren Show gefunden hatten. Sollten die Veranstalter – wer oder was immer sie auch waren – die Vorbereitungen in so kurzer Zeit getroffen haben? Würden die unheimlichen Waggons entladen sein, wenn sie jetzt an der Wiese eintrafen?
»Hat sich die Sache so schnell rumgesprochen?«, fragte Chris und spielte den Enttäuschten.
»Ein Geheimtipp ist es auf jeden Fall schon seit ein paar Stunden nicht mehr«, sagte das zweite Mädchen. »Nachdem diese komischen Kerle aufgetaucht sind, stand mein Telefon nicht mehr still. Alle wollten sich für heute Abend verabreden.«
Lisa horchte auf. »Was für Kerle?«
»Die Männer mit den schwarzen Masken«, sagte das Mädchen. »Sie sind stumm durch die Straßen gelaufen und haben Zettel verteilt. Hier, ich muss doch meinen irgendwo …«
Sie zog ein zerknülltes Papier aus ihrer Hosentasche.
DIE SCHATTENSHOW
Der Terror von den Sternen
Um Mitternacht auf der Kieselwiese
Lisa zeigte das Blatt Chris. Beide waren verwirrt. Offenbar änderte sich der Wortlaut der Ankündigung alle paar Stunden. Hatten die Veranstalter gefürchtet, ihre vagen Andeutungen auf den ersten Zetteln würden nicht genug Zuschauer anlocken? Was aber hatte es dann mit dem seltsamen Plakat am Teeladen auf sich gehabt?
Der Terror von den Sternen.
Dieser Satz beunruhigte Lisa am meisten.
Als sie und Chris weiterfuhren, rief ihnen der Grinser ein wenig freundlicher hinterher: »Es ist nicht mal halb elf. Noch anderthalb Stunden bis Mitternacht. Ihr braucht euch gar nicht so zu beeilen, die besten Plätze sind bestimmt noch frei.«
Lisa und Chris winkten den vieren zu. Ein paar Sekunden später waren sie im Dunkeln verschwunden.
»Terror von den Sternen«, murmelte Chris. »Das klingt gar nicht gut.«
»Das sehen die anderen offenbar nicht so.«
»Trotzdem. Außerdem deutet es auf –«
»– eine Verbindung zur Sternwarte hin«, führte Lisa seinen Satz zu Ende. Dabei nickte sie beklommen.
»Irgendwas ist dort draußen im Wald passiert.«
»Glaubst du, es hat mit diesem alten keltischen Heiligtum zu tun?«
»Bestimmt. Vielleicht sogar mit dem, was damals geschehen ist, als die Mondhexe den Dornenmann beschworen hat.«
»Na, das ist aber ein bisschen weit hergeholt. Schließlich haben wir ihn doch besiegt. Und nur weil auch damals der Mond der Schlüssel …« Lisa brach ab und schaute Chris forschend an, so als wäre sie selbst nicht von ihren Worten überzeugt.
»Ich glaub ja gar nicht, dass es um den Dornenmann direkt geht«, verteidigte sich Chris. »Aber es wäre schon ein großer Zufall, wenn es keine Verbindung zwischen den Relikten aus vorchristlicher Zeit und den … hm, den Sternen oder dem Mond oder irgendetwas anderem dort oben geben würde.«
»Jetzt redest du wie Kyras Vater in seinen Büchern über Ufos.«
Chris grinste fahrig. »Ich sag ja nicht, dass Aliens gelandet sind. Ich schätze, es hat mehr mit der Sache zu tun, von der Herr Fleck gesprochen hat. Mit der Verbindung zu den alten Göttern.«
Lisa stieß einen leisen Seufzer aus. »Das ist ein ziemliches Durcheinander, oder?« Sie hielt den Lenker mit einer Hand – was angesichts der Schlaglöcher nicht ganz einfach war – und zählte an den Fingern der anderen ab: »Erstens die Sternwarte, die auf einem uralten Heiligtum steht. Zweitens die Beziehung zwischen solchen Heiligtümern, dem Mond und den Sternen. Drittens diese Schattenshow und die merkwürdigen Waggons. Und viertens die Beschwörungen der Mondhexe.«
»Du hast fünftens vergessen«, sagte Chris. Seine Stimme klang plötzlich belegt. Er zeigte Lisa seinen rechten Unterarm.
»Oh nein«, flüsterte sie. Aber es gab jetzt keinen Zweifel mehr.
Auch auf ihrem eigenen Arm waren die Sieben Siegel erschienen.
Die beiden wechselten einen stummen Blick, voller Angst und doch resigniert. Mit einem Mal wurden vor ihnen Stimmen und Gelächter laut. Weitere Jungen und Mädchen waren unterwegs zur Kieselwiese, die meisten um die sechzehn oder siebzehn, und fast alle gingen zu Fuß. Vermutlich war das bei der schlechten Sicht auch vernünftiger. Viele trugen Taschenlampen, sodass Lisa und Chris sie früh genug sehen konnten, um abzubremsen. Nach wenigen Minuten kamen sie nur noch im Schritttempo vorwärts.
Plötzlich brachen sie durch
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