Sieben Tage: Thriller (German Edition)
legte die Akten auf den Sitz, knallte frustriert die Tür wieder zu, stieg vorne ein und fuhr los.
Dabei hatte er doch genau gewusst, dass Alexa damals angefangen hatte zu trinken, um ihr Lampenfieber zu bekämpfen, und heute Abend hatte sie eine Art Auftritt gehabt, ihr Comeback in der Musikbranche nach Jahren, ihre Rückkehr ins Scheinwerferlicht, mit der dazugehörigen Angst. Er hätte nachdenken und seine Ausdrucksweise und seine Reaktionen beherrschen sollen. Er hätte dem Brigadier sagen sollen, er könne nicht sofort kommen. Erst hätte er Alexa nach Hause bringen sollen. Aber nein, er hatte nur seine eigene Blamage im Sinn gehabt. Er war ein Idiot, ein blöder, hirnloser Bulle.
Was war nur mit ihm los?
Die Warnung Dok Barkhuizens kam ihm in den Sinn: »Vorsicht, Bennie, du bist nicht mal seit einem Jahr trocken. Zwei Alkoholiker, das bedeutet doppeltes Risiko.«
Doch er hatte protestiert und erwidert, Alexa und er seien nur Freunde. Er könne sie unterstützen, ihr Mut machen, sie gingen gemeinsam zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker. Doch der Dok hatte kopfschüttelnd entgegnet: »Trotzdem: Vorsicht!«
Unterstützung – von wegen! Er hatte sie heute Abend im Stich gelassen.
Er hätte auf den Dok hören sollen. Denn der wusste genau, dass die Behauptung, sie seien nur gute Freunde, dummes Zeugwar. Er musste erkannt haben, wie sehr er Alexa liebte, je länger, je inniger.
Und sie ihn, hatte er geglaubt.
Und jetzt? Jetzt hatte er alles vermasselt.
Warum hetzte er immer weiter? Warum konnte sein Leben niemals einfach sein? Nie, niemals. Er war fünfundvierzig, ein Alter, in dem man allmählich in sich ruhen und wenigstens ein bisschen weise sein und Ordnung in sein Leben gebracht haben sollte. Nur nicht er. Bei ihm herrschte permanent Chaos. Eine unendliche Kette von Problemen, ein unaufhörlicher Kampf, das Leben in den Griff zu bekommen. Er hatte auch keine Chance, sich an das Durcheinander zu gewöhnen, denn ständig passierte etwas Neues. Es ließ sich nicht vermeiden.
In den letzten ein, zwei Monaten hatte er sich einigermaßen mit der Scheidung von Anna abgefunden. Es war aus mit ihnen. Endgültig, unwiderruflich. Nicht abgefunden hatte er sich mit ihrer Beziehung zu einem Anwalt, die etwas Ernstes zu sein schien. Ein beschissener Anwalt! Doch er arbeitete daran, Abstand zu gewinnen. Scheiße noch mal, er gab sich Mühe.
Er hatte den Gürtel enger geschnallt, um den Unterhalt und seinen Beitrag zu Carlas Studium zu bezahlten. Ihm blieb kaum noch etwas zum Leben übrig, und er fühlte sich über den Tisch gezogen, weil er viel mehr als Anna bezahlte, obwohl sie ungefähr das Gleiche verdiente.
In den letzten Wochen hatte er sich große Mühe gegeben, sich den Valke anzupassen, den neuen Strukturen, den neuen Dienstgraden. Man war wieder zu den militärischen Bezeichnungen von früher zurückgekehrt. Nur sein Dienstgrad war derselbe geblieben, denn Kaptein blieb Kaptein. Auch damit hatte er sich abgefunden.
Er hatte wieder regelmäßigen Kontakt zu seinen Kindern. Carla war inzwischen auf der Schauspielschule in Stellenbosch. Als hätte sie nicht genug Theater erlebt mit ihrem versoffenen Polizistenvater und dem Drama der Scheidung. Schauspielerin. Wie wollte sie davon leben? Sein Sohn Fritz würde demnächst Abitur machen oder auch nicht, denn er spielte als Gitarrist in der Band von Jack Parow. Jack Parow. Hip-Hop, Rap oder was auch immer die machten, jedenfalls fluchten sie schlimmerals die Bullen. Doch was sollte er dagegen unternehmen? Fritz war zweifellos talentiert, Jack hatte ihn persönlich angeworben. Griessel hatte sich an den Gedanken gewöhnt, dass sich die Welt verändert hatte, dass die Kinder heutzutage die Freiheit hatten, ihre Zukunft selbst zu gestalten, und sie unter anderen Gesichtspunkten ihre berufliche Laufbahn planten.
Er hatte mit vielen Veränderungen seinen Frieden gemacht. Er kam einigermaßen zurecht.
Doch heute Abend hatte er sich zum Deppen gemacht, und das ausgerechnet drei Menschen gegenüber, die er ganz besonders bewunderte: Anton Goosen, Lize Beekman und Alexa Barnard. Seinetwegen hatte Alexa zur Flasche gegriffen.
Auch damit musste er sich also abfinden: Er war ein Scheißversager.
Das Wort schwirrte ihm einige Augenblicke lang im Kopf herum, bis ihm klar wurde: Das Fluchen war schuld. Das hatte ihn heute Abend in solche Schwierigkeiten gebracht. Damit musste Schluss sein, und zwar auf der Stelle. Von jetzt an keine Schimpfwörter mehr. Aus. Für den
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