Siebenmeter fuer die Liebe
Anzeigetafel. Unsere gelben Freundinnen führen 8: 1.
|206| »Armes Barmbek. Die kriegen ja eine richtige Klatsche. Hast du Mela gesehen?«
»Nein.« Ihr Stift fliegt über das Papier, die Klaue lässt sich nicht entziffern.
»Hi«, Jette lässt sich neben Frieda fallen und sieht ihr über die Schulter, »was wird denn das?«
»Ach, jetzt lasst mich bitte mal einen Moment in Ruhe. Geht doch eine Reihe weiter.«
Langsam stehen wir auf und setzen uns um. Jette sieht kurz aufs Spielfeld, dann weiten sich ihre Augen. »Was ist das denn?«
Julius und Mela? Hand in Hand? Küssend?
»Wo?«
»Du brauchst doch nicht gleich aufzuspringen. Da drüben, neben dem Aufgang, da sitzt meine Schwester. Neben meinem Vater.«
»Ach so. Was? Echt?«
Sie wird ganz blass. »Du Schande. Und wir spielen gleich. Dann sehen die das ja.«
»Das können sie doch. Komm, Jette, du hast gerade eben so gut gehalten. Und das zweite Spiel wird noch einfacher. Du wirst die total beeindrucken.«
»Mir ist schlecht. Komm, Herr Hoffmann winkt uns schon ran.«
Zur Halbzeit hat die Nummer sechs von Hohenfelde schon vier Tore geworfen, wir noch keins. Sie rennen uns einfach über den Haufen, meine Mitspieler laufen völlig frustriert über den Platz. Florian Hoffmann |207| winkt mich an die Seitenlinie. »Paula, schnell. Pass auf, die Nummer drei ist unsicher, versuche, ihr den Ball abzunehmen und zusammen mit Marie schnell nach vorn zu kommen. Und guck auf Mela, die steht so oft frei. Und kreuze mal mit Kathi, komm jetzt, ich will Tore sehen.«
Ich hole tief Luft, wo ist die Drei, da, ich kriege den Ball, Marie rennt los, ich mit, Ball zurück, 1: 4.
Hohenfelde verliert den Ball, Kathi fängt ab, auf mich, ich sehe Mela, die dreht, Foul, Siebenmeter. Ich stehe am Punkt. Pfiff. 2: 4.
Frieda wird eingewechselt, läuft sofort zu Jette und sagt: »Nummer sechs wirft nur oben links.«
Nummer sechs hat den Ball, tippt, springt hoch, Jette bleibt stehen, fängt oben links.
Ich renne los, bekomme den Ball von Jette, zwei Schritte, Sprung, 3: 4.
Wieder Nummer sechs. Jette sieht ihr entgegen, wieder oben links, wieder gehalten.
Marie steht ganz allein vor dem gegnerischen Tor, bekommt den Ball von Jette, dreht sich blitzschnell, wirft, 4: 4. Schlusspfiff.
Und ich sehe, dass Jettes Schwester auf der Tribüne steht und klatscht.
»Großartig!« Florian Hoffmann strahlt über das ganze Gesicht. »Das war eine Aufholjagd, klasse, das habt ihr alle ganz toll gemacht. Mensch, Jette, du hast die Sechs ja fertiggemacht.«
|208| »Wie lange ist jetzt Pause?«, fragt Kathi, die mit knallrotem Kopf sofort zur Wasserflasche greift.
»Es ist nur ein Spiel dazwischen. Wir bleiben gleich hier unten. Die Uhlenhorster sitzen übrigens dahinten in der Ecke.«
»Wo?« Marie dreht sich nach links. »Ach du Schande, sind das die in den schwarzen Trainingsanzügen?«
»Nein, die sind doch älter als ihr. An der anderen Seite, vor dem Ausgang.«
Sie haben bunt gewürfelte Klamotten an und ihre Trainerin starrt unverhohlen zu uns rüber.
»Wieso guckt die denn so?« Lucie starrt zurück. »Die haben ja noch nicht einmal richtige Trainingsanzüge.«
Jetzt setzt sich die Trainerin in Bewegung und kommt langsam auf uns zu.
»Lucie, sei nicht so eingebildet, unsere Trainingsanzüge sind eine Spende. Friedas Vater hat die bezahlt, habe ich das nicht gesagt?«
»Was?«, fragt Frieda überrascht. »Echt?«
»Hallo, darf ich mal stören?« Unsere gegnerische Trainerin steht jetzt vor uns. »Wir spielen gleich gegeneinander. Mein Name ist Dagmar Müller. Herr Hoffmann, ich habe gehört, dass Sie als Sportlehrer in Marienthal sind, ich freue mich, Sie kennenzulernen, ich war immer ein Fan von Ihnen.«
Mela kommt in dem Moment um die Ecke, als die beiden sich die Hände schütteln.
|209| »Hallo Frau Müller«, sagt sie erstaunt.
»Mela, grüß dich, das war ja ein gutes Spiel gerade eben.« Schnell wendet sie sich wieder Florian Hoffmann zu. »Ich trainiere die B-Jugend vom HTV, darüber wollte ich nachher mit Ihnen sprechen. Haben Sie später mal eine halbe Stunde Zeit?«
»Klar, nach dem Spiel oben auf der Tribüne?«
»Gern, dann bis nachher. Und ein gutes Spiel gleich.«
Sie nickt uns zu und geht wieder zu ihrer Mannschaft zurück. Frieda sieht ihr nach und fragt: »War das jetzt Ablenkung?«
»Quatsch«, antwortet Mela, »Frau Müller ist ganz nett. Ich wusste gar nicht, dass sie auch Schultrainerin ist. Sag mal, dein Vater hat uns echt die
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