Siebenmeter fuer die Liebe
Minuten führen wir 2: 0. Jetzt werden sie wach. Und sie foulen. Sobald ich den Ball habe, schlägt mir eine auf den Arm oder ins Kreuz. Sie stellen Mela ein Bein am Kreis, die stürzt, tut sich dabei weh, bekommt einen Siebenmeter, ich treffe, 3: 0.
Jetzt werden sie richtig sauer, Frieda wird so am Arm gerissen, dass die Nummer elf zwei Strafminuten bekommt. Die Wut bringt Energie. Sie fangen zwei Bälle ab, Nummer zwei trifft zweimal hintereinander. 3: 2.
Der Schiedsrichter pfeift gar nicht mehr alle Fouls, mir tut schon alles weh, Lucie blutet am Oberarm. Florian Hoffmann regt sich auf der Auswechselbank auf. »Das musst du doch pfeifen, das war Foul. Bist du blind?«
Er bekommt eine Gelbe Karte, weil er den Schiedsrichter beschimpft.
Nummer elf darf wieder rein, erwischt den Ball, rennt mich fast um, schubst Johanna weg und wirft aufs Tor. 3: 3. Keine Chance für Jette. Dabei war das vorher Stürmerfoul, das hätte gar nicht zählen dürfen. Die Elf trottet an mir vorbei und grinst. »Ihr habt keine Chance, ihr Anfänger, jetzt geht es erst los.«
|214| Johanna rappelt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und bekommt noch einen Schubser von der Fünf, die sie dabei provozierend anlächelt. Jetzt kriege ich die Wut. Kathi merkt das, spielt mir schnell den Ball zu, ich bin noch zu weit vom Tor weg, egal, mit aller Kraft springe ich hoch und ziehe den Wurf durch. 4: 3.
Wieder die Eppendorfer, jetzt im Angriff. Nummer elf steht genau vor mir, ich reiße die Arme hoch, sie guckt und holt aus. Dann wird alles schwarz.
Ich sehe zuerst Florian Hoffmann, der sich über mich beugt, dann Mela. Jemand hält meine Beine hoch, auf meiner Stirn liegt ein nasser Lappen. Mir ist schlecht.
Es ist alles wie im Film. Meine Mutter ist plötzlich da, eine Frau im weißen Anzug, ich liege auf einer Liege, die Frau redet etwas von Krankenhaus. Langsam kann ich wieder denken.
»Mama, nicht ins Krankenhaus, es geht schon wieder. Wir müssen weiterspielen.«
Meine Mutter drückt mich wieder zurück. »Du bleibst liegen, sie spielen ohne dich weiter. Wir fahren jetzt ins Krankenhaus zum Röntgen, du warst doch richtig weg.«
Jetzt muss ich doch heulen. Ich weiß noch nicht mal, wie es steht.
Gehirnerschütterung, haben sie gesagt, nicht weiter schlimm, aber ich muss über Nacht im Marienkrankenhaus |215| bleiben. Falls Komplikationen auftauchen. Meine Mutter ist losgefahren, um mein Waschzeug zu holen, und ich liege jetzt hier rum. Mein Kopf tut mir weh und ich will nach Hause. Diese blöde Nummer elf. Jetzt ist das Turnier bestimmt schon zu Ende.
Die Tür öffnet sich und Schwester Britta kommt rein. »Paula, Besuch für dich.«
Sie stellt mein Kopfteil hoch und ich sehe Florian Hoffmann und Mela vor meinem Bett stehen. Mela ist ganz verheult.
»Ach du Schande, ihr habt verloren?«, frage ich.
»Paula, es tut mir so leid.« Mela hat Tränen in den Augen und schnüffelt laut. »Ich wollte das ja gar nicht, aber …«
Florian Hoffmann hat irgendwas hinter seinem Rücken versteckt und klopft Mela mit der linken Hand unbeholfen auf die Schulter. »Jetzt beruhige dich mal. Nein, Paula, wir haben die Eppendorfer noch mit 5: 3 geschlagen. Der Schiedsrichter hat nach deinem Foul endlich mal vernünftig gepfiffen. Die Nummer elf ist wegen Motzen vom Platz geflogen, Jette hat wie ein Teufel gehalten und zum Schluss hat Mela noch ein Supertor geworfen. Da war die ganze Wut auf die Elf drin.«
»Echt? Und dann?«
»Dann?« Er zieht einen kleinen Pokal hinter seinem Rücken hervor. »Dann haben wir gegen Wandsbek im Finale gespielt. Aber leider knapp verloren.«
Vorsichtig setzt Mela sich auf meine Bettkante. |216| »Da hast du natürlich gefehlt. Ohne dich können wir gegen solche Mannschaften ja gar nicht gewinnen. Keine Chance.«
»Wie viel?«
»Oh, Wandsbek hat mit 9: 3 gewonnen. Aber wir haben als Zweiter trotzdem diesen Pokal hier bekommen.« Florian Hoffmann stellt ihn auf meinen Nachttisch. »Aber wir haben uns tapfer geschlagen. Mela, Johanna und Marie haben die Tore geworfen. Ich muss noch mal zum Auto, Mela, wir haben die Blumen für Paula vergessen.«
Mela wartet, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hat, dann sieht sie mich an und holt tief Luft. »Ich habe so ein schlechtes Gewissen. Ich hatte so eine Wut auf dich und habe mir gewünscht, dass du dir die Beine brichst, damit du nicht mitspielen kannst. Ich komme mir ganz schlecht vor.«
»Wieso? Ich habe mir die Beine doch gar nicht
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