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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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Wort. Aber sie wusste auch, dass sie ihm nichts anderes entlocken würde. Nicht, was solche Dinge betraf. Vermutlich hatte er viel und übel einstecken müssen für seine Ansichten. »Und weiter?«
    »Nichts weiter. Ich verlor ihn aus den Augen.«
    Sie schielte zu Gehling hinüber, der unablässig tippte. »Haben Sie jemals wieder von ihm gehört?«
    »Nein.«
    »Auch nicht indirekt?«
    »Auch nicht indirekt.« In seiner Stimme schwang ein Hauch von Gereiztheit. Aber vielleicht war er auch nur unsicher. Mürbe.
    Ich hatte die Schnauze voll, okay?
    »Okay, dann besorgen wir uns jetzt erst mal die Akte«, entschied sie.
    »Wenn Sie mehr wissen wollen …« Er zögerte. »In meinem vorletzten Buch habe ich unter anderem auch Marius’ Geschichte verwendet. Natürlich in anonymisierter Form.«
    »Ihr vorletztes Buch?«
    »›Das Ende der Niedlichkeit‹.«
    Das ist doch der Titel, für den Christina Höffgen das Cover gestaltet hat, oder nicht? , las Em in den Augen ihrer Partnerin.
    »Ich kann keinen Marius Norén finden«, flüsterte Gehling ihr derweil von der Seite zu. »Weder hier in der Gegend noch sonst wo in Deutschland.«
    »Das heißt, dass er entweder ausgewandert ist oder eine neue Identität bekommen hat«, raunte Zhou.
    Em nickte. »Dr. Westen?«
    »Ja?«
    »Noch eine letzte Frage …« Sie hörte seinen Atem. Er klang gehetzt. »Wie haben Sie Marius Norén damals klassifiziert? Ich meine, abgesehen davon, dass er in Ihren Augen hochintelligent und schuldig war.«
    Die Antwort kam ähnlich schnell wie bei Lina Wöllner: »Ich bin niemals einem reineren Soziopathen begegnet.«
12
    Westen hatte gerade aufgelegt, als sein Telefon erneut zu klingeln begann. Er blickte auf das Display hinunter und zog dann überrascht die Brauen hoch.
    »Dana?«
    »Ich will dich nicht lange aufhalten. Ich habe nur eine kurze Frage.« Sie hatte sich auf dieses Gespräch vorbereitet, das war offensichtlich. Seit sie sich getrennt hatten, tat sie das immer, sofern die Kontaktaufnahme von ihr ausging. Sie hasste Unwägbarkeiten. Und sie hasste Umwege. »Jan Persson«, fuhr sie fort, ohne auf seine Antwort zu warten, »sagt dir der Name irgendwas?«
    Er dachte an die Polizisten, die jedes Wort mithörten, und kämpfte mit sich, ob er ihr nicht eigentlich sagen musste, wie die Dinge standen. Andererseits hatte er keine Lust, vor einer Armada an Ohrenzeugen mit seiner Ex in Streit zu geraten. Und darauf würde es zweifellos hinauslaufen, wenn er ihr reinen Wein einschenkte. Also sagte er nur: »Nein, tut mir leid. Der Name sagt mir gar nichts.«
    Sie schien erleichtert zu sein. Trotzdem hakte sie noch einmal nach. »Sicher nicht?«
    Die Sache war ihr wirklich wichtig, keine Frage. Aber warum? »Ja, ich bin sehr sicher. Aber vielleicht, wenn du mir den Zusammenhang verrätst …«
    »Ach, nichts Besonderes«, wiegelte sie ab. »Er ist bloß ein Freund von Marlon.«
    Diese Antwort überraschte ihn. »Von Marlon?«
    »Ja. Aber es ist wirklich nicht wichtig.«
    Vielleicht doch, dachte er und stellte sich vor, wie die Polizisten, die mithörten, die Ohren spitzten. »Hör zu, Dana, wir beide wissen, dass du nicht dazu neigst, jemandem nachzuspionieren. Schon gar nicht deinem Sohn. Also heraus damit: Was ist los mit diesem Jan?«
    »Nichts«, versetzte sie spitz.
    Er dachte an ihr letztes Telefonat. »Komm schon, Dana, es …«
    »Es ist deine Schuld«, fuhr sie auf. »Du hast mich völlig irre gemacht mit deinen Fragen und dieser ganzen Heimlichtuerei.«
    »Was für Fragen?«
    »Ob ich irgendwen kennengelernt habe und all das.« Sie lachte höhnisch auf. »Und ich blöde Kuh springe auch noch brav darauf an. Ist das zu glauben?«
    Er wollte eigentlich nichts Privates breittreten, doch seine Gedanken sprangen wild durcheinander. Spieltheorie , hörte er die lockige Kommissarin sagen. Jemand, dem es Spaß macht, sich mit Wahrscheinlichkeiten und Spielzügen auseinanderzusetzen, und dem Sie irgendwann in der Vergangenheit attestiert haben, dass er nicht richtig tickt …
    »Worauf springst du an?«
    »Auf diese paranoide Scheiße.« Verdammt! So drastisch drückte sie sich nur aus, wenn sie wirklich in Not war. »Dabei ist es genau das, was ich so unendlich satthabe!«
    Er nahm den Hörer in die andere Hand. »Ja, ich weiß. Aber bitte … Erzähl mir mehr von diesem Jan. Wie alt ist er?«
    Die harmlose Frage schien sie in Verlegenheit zu bringen. »Jung«, entgegnete sie ausweichend.
    »Wie jung?«
    »Anfang zwanzig, glaube ich.«
    Norén

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