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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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aus?«
    »Na ja, sie sagte also ihren Namen, und es war ganz klar, dass sie erwartete, dass der Doktor etwas damit anfangen konnte.«
    »Konnte er?«
    »Ja, schon.« Sie nickte. »Ich meine, dass ihn jemand anspricht, den er nicht einordnen kann, passiert ihm natürlich öfter. Er gibt ja viele Kurse und Fortbildungen und all das. Aber als diese Frau ihren Namen sagte, hatte ich schon den Eindruck, dass er wusste, wen er vor sich hat.«
    Das deckt sich mit Westens Version, dachte Em. Und auch seine Begründung entsprach der Wahrheit, wie sie inzwischen überprüft hatten. Lina war einer der wenigen Fälle, bei denen meiner Einschätzung nicht Rechnung getragen wurde. Und: Ich hatte damals nicht den leisesten Zweifel an ihrer Schuld …
    »Wie auch immer«, setzte Astrid Gerolf hinzu. »Jedenfalls bat er die Frau in sein Büro.«
    Zhou hob den Kopf. »War das typisch für ihn?«
    »Nicht unbedingt«, antwortete die Sekretärin. »Aber es waren ja noch überall Patienten da.«
    Em nickte. »Und blieb Frau Wöllner lange?«
    »I wo. Zwei oder drei Minuten, höchstens. Dann stürmte sie wieder an mir vorbei und ward nicht mehr gesehen.«
    »Hat sich Ihr Chef noch mal irgendwie zu dieser Begegnung geäußert?«
    Sie lachte. »Nicht direkt. Aber als er rauskam, murmelte er etwas wie: ›Auf was für Ideen die Leute kommen …‹«
    Interessant, dachte Em. »Und das war’s?«
    »Ja, das war’s.«
    »Was ist mit dieser Frau?«, fragte Zhou und legte ein Foto von Christina Höffgen vor die Sekretärin auf den Tisch. »Haben Sie die schon mal gesehen?«
    Astrid Gerolf nahm sich Zeit. »Nein«, sagte sie nach einer Weile. »Da bin ich ganz sicher.«
    »Und der Name Christina Höffgen sagt Ihnen auch nichts?«, wagte Em kurzerhand einen Schuss ins Blaue.
    »Höffgen?« Ihre hohe Stirn kräuselte sich. »Ich kannte mal einen Horst Höffgen. Aber das war in Stuttgart.«
    Schon wieder ein Fehlschlag, dachte Em. So offensichtlich Westen auch das Bindeglied zwischen den Opfern sein mochte, sowenig schien er mit den Adressaten der Briefe zu tun zu haben.
    »Und was ist mit diesem Mann?« Zhou wollte offenbar noch nicht aufgeben und reichte Astrid Gerolf ein Porträtfoto von Theo Dorn. Und zu ihrer beider Überraschung hellte sich die Miene der Sekretärin augenblicklich auf.
    »Den?« Sie strahlte. »Ja, den kenne ich.«
    »Wirklich?«, fragte Em entgeistert. »Woher denn?«
    Ihre Reaktion schien die Sekretärin zu verunsichern. »Ich … Nun … Aber das ist doch Herr Dorn, nicht wahr? Der Inhaber von Clocks for Life?«
    Zhou bejahte und Astrid Gerolf gab ihr sichtlich erleichtert das Foto zurück.
    »War Herr Dorn Patient bei Ihnen?«, fragte Em.
    »Patient? Oh nein. Wir … das heißt ich habe vor Kurzem seine Dienste in Anspruch genommen.«
    Em war auf der Stelle hellhörig. »Für die Praxis oder privat?«
    »Ach, Gott …« Astrid Gerolf rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Wir haben Zeit«, lächelte Em, auch wenn das keineswegs der Wahrheit entsprach.
    »Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass Herr Dr. Westen …« Sie zögerte. »Dass er geschieden ist?«
    »Ja, das ist uns bekannt.«
    »Nun ja, seine Exfrau ist … Sie hat ziemlich viel Temperament, wissen Sie. Und neulich hat sie …« Sie unterbrach sich und besann sich auf ihre berufsbedingte Verschwiegenheit. »Aber das gehört jetzt eigentlich wirklich nicht hierher …«
    »Herr Dorn wurde ermordet«, erklärte Em, um ihr die Hemmungen zu nehmen. »Und es ist wichtig, dass wir verstehen, in welcher Beziehung er zu Herrn Westen stand.«
    »Ermordet? Aber das ist ja schrecklich!« Die Bestürzung in den Augen der Sekretärin war echt. »Nur …« Sie zögerte abermals. »Ich glaube gar nicht, dass Herr Dorn und der Chef einander überhaupt kannten.« Sie lachte, als sie Ems verdutztes Gesicht sah. »Die Sache ist die«, erklärte sie, »Frau Westen, also die Exfrau vom Chef, war nach langer Zeit mal wieder bei ihm und obendrein furchtbar verärgert wegen irgendeiner Zahlung, die angeblich nicht eingegangen war.« Sie hob ratlos die Schultern. »Unterhalt für den Sohn oder so was. Und … Na ja, sie hat ziemlich viel Temperament, wie gesagt.«
    Em warf ihr einen ermutigenden Blick zu.
    »Jedenfalls stritten sie, und Frau Westen warf irgendwas an die Wand. Und dabei wurde die Uhr getroffen, die der verstorbene Vater vom Chef ihm zum Studienabschluss geschenkt hat.« Sie schüttelte missbilligend den Kopf. »Sie hängt neben

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