Sieg der Leidenschaft
ist.«
Entsetzt zuckte Tia zusammen, als hätte er sie mitten ins Gesicht geschlagen und im selben Augenblick wurde ihr bewusst, in welcher Lage sie sich befanden. Großer Gott, im Stallhof wimmelte es von Rebellen, die Taylor skrupellos ermorden würden ... »Nenn mich, wie du willst, du Narr!«, fauchte sie. »Aber hier ist dein Leben in Gefahr - und noch viel mehr steht auf dem Spiel! Da draußen bereiten sich fast hundert Mann vor, um das Haus meines Vaters zu stürmen ...«
»Jetzt nicht mehr, Tia«, unterbrach er sie. »Inzwi-schen wurden sie alle überwältigt. Und wir haben nicht einmal Blut vergossen, Colonel.«
»Also werden Sie mich nicht ermorden. Was nun?«, fragte Raymond.
»Meine Männer werden bald heraufkommen, um Sie abzuholen, Sir. Vielleicht sollten Sie sich anziehen.«
Wortlos nickte Ray. Während er in sein Jackett schlüpfte, erschienen bereits zwei Yankee-Soldaten in der Tür.
»Auf's Schiff, Colonel?«, wandte sich einer der beiden, ein bärtiger blonder Bursche von etwa fünfundzwanzig Jahren, an Taylor.
»Aye, Lieutenant Riley. Captain Maxwell soll die Rebellen nach Norden bringen. Erwarten Sie mich unten mit den Pferden, wenn alle Gefangenen dingfest gemacht sind.«
»Bitte, Sir ...«, sagte der Lieutenant höflich zu Raymond, der sich vor Tia verneigte. Doch sie wagte es nicht, ihn anzuschauen. Ein perfekter Soldat, akzeptierte er die Situation, ließ sich Handschellen anlegen und verließ mit den Yankees das Zimmer.
Reglos stand sie da und wartete. Sie wollte in Tränen ausbrechen, in Taylors Arme sinken ... Wenn er sie tötete, wer würde es ihm verübeln? Oft genug hatte sie sein Leben gefährdet, anfangs bereitwillig. Immerhin war er ein Feind.
Besser gesagt, er war es gewesen.
Dass es ihr widerstrebte, was sie heute Nacht getan hatte, würde er nicht glauben. Dass der Bann, in den er sie unaufhaltsam zog, viel stärker war als das Papier, das sie beide zu Mann und Frau erklärte ... Unermüdlich hatte sie ihn bekämpft. Und jetzt, während sie Frieden mit ihm schließen und ihn um Verzeihung bitten wollte, musterte er sie gnadenlos.
Aber wenn schon. Sie hatte gewünscht, er würde ihren Vater vor der Hinrichtung bewahren. Und er war tatsächlich hierher gekommen - Taylor, nicht ihr Bruder Ian. Hatte sie nicht beschlossen, jeden Preis für die Rettung Cimarrons zu bezahlen? Nun wusste sie, was ihr abverlangt wurde.
Sie wappnete sich gegen den Schlag, der sie treffen würde. Sie spürte, wie sehr es ihn drängen musste, sie zu verletzen. Langsam ging er auf sie zu und umfasste ihre Schultern. Schmerzhaft gruben sich seine Finger in ihr Fleisch. Aber er schlug sie nicht. Stattdessen stieß er sie abrupt beiseite, eilte aus dem Zimmer, zur Treppe. Welcher Dämon sie nun antrieb, wusste sie nicht, jedenfalls rannte sie ihm nach. Auf den Stufen holte sie ihn ein, drängte sich an ihm vorbei und versperrte ihm den Weg. »Das musste ich tun, Taylor! Sie sagten - er würde meinen Vater töten ...«
»Geh zur Seite, Tia.«
»Verdammt, Taylor, irgendetwas musste ich doch tun, um Raymond aufzuhalten! Verstehst du das nicht?«
Durchdringend starrte er sie an. In seinen Augen glühte immer noch jenes seltsame, rotgoldene Feuer. Ich habe ihn verloren, dachte sie. Kurz nachdem mir bewusst wurde ...
»Nur eines verstehe ich, Tia. Du wolltest mit einem anderen Mann schlafen. Aber Colonel Weir ist ja auch ein guter, tapferer Südstaatensoldat, nicht wahr? Ein ehrbarer Pflanzer, genau der Richtige Beau für die Belle von Cimarron, der sie schon seit Jahren liebt.«
»Nein, ich ...«
»Nein?« Allein schon der Klang seiner Stimme stempelte sie zu einer niederträchtigen Lügnerin.
»Gewiss, früher waren wir Freunde. Aber jetzt ...« Den Tränen nahe, verstummte sie. Was sollte sie ihm erklären? Er war ihr Feind. Und doch - trotz seines Zorns erinnerte sie sich an das Gefühl seiner Hände auf ihrer Haut ... In diesem Moment erkannte sie glasklar, wie sehr sie ihn liebte. Schon seit langer Zeit. Weder moralische Bedenken noch die Rücksicht auf ihre Ehre hatten sie zögern lassen, Raymond zu umgarnen. Nur ihre Liebe zu Taylor. »Bitte ...«, wisperte sie.
»Worum bittest du mich?« Er hob die dunklen Brauen, dann berührte er ihre Wange. »Fürchtest du mich? Oder versuchst du, mich ebenfalls zu verführen? Vielleicht bin ich keine so leichte Beute wie Colonel Weir, denn ich kenne die Reize, die mir geboten werden. Und ich habe bereits einen hohen Preis für dieses Spiel bezahlt.
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