Sieg des Herzens
zwischen einem guten und einem schlechten Menschen. Nicht wahr, Ma'am?«
Ihre Hand zitterte, als sie den Becher nahm, den er ihr hinhielt, und sie wußte, daß sie leichenblaß im Gesicht war, als sie sagte: »Ich muß General Magee sprechen, Corporal Watkins.«
»Warum denn, Ma'am, er ist bestimmt ganz furchtbar beschäftigt und plant eine neue Strategie...«
»Es muß sein, Corporal. Sagen Sie ihm, daß ich ihn sofort sprechen muß. Er wird mich empfangen, das weiß ich genau.«
General Magee hielt große Stücke auf sie, und er würde ihr diesen Wunsch bestimmt nicht abschlagen. Sie war ihm schon ein paarmal behilflich gewesen, indem sie ihn rechtzeitig vorgewarnt hatte, so daß er noch ein Ausweichmanöver fahren konnte. Ja, er würde sie bestimmt zu sich lassen. Aber was dann?
Was, wenn sie Julian McKenzie erst einmal angelockt, überlistet und verraten hatte? Dann würde er sie sicher verabscheuen; aber er wäre immerhin noch am Leben. Und eines Tages, in ferner Zukunft, hätte dieses Kind, das sie unter dem Herzen trug, vielleicht auch einen Vater.
Julian lag auf seinem Feldbett und versuchte, wieder einzuschlafen. Es gab so viele Verletzte, daß er erst zu Bett gegangen war, als es absolut nicht mehr anders ging. Und doch war er schon wieder so früh wach. Der neue Tag war noch nicht richtig angebrochen, aber über dem Horizont wurde es schon langsam hell.
Da er wohl doch keinen Schlaf mehr finden würde, setzte er sich schließlich hinaus ins Freie. Er mußte sich wenigstens noch ein bißchen ausruhen, bevor er sich wieder ans Operieren machte.
Er war froh, daß die Nacht ein wenig Abkühlung gebracht hatte. Er hätte nicht gedacht, daß die Sommer hier oben im Norden - so weit weg von seinem geliebten Florida - auch so heiß wurden. Die Luft war ganz klar und rein und kam ihm herrlich vor. Manchmal hatte er das Gefühl, daß er niemals mehr würde atmen können, ohne dabei nicht auch den Geruch von Blut und Verwesung mit einzuziehen.
Er hatte befürchtet, daß er von ihr träumen könnte. Hexe oder Zauberin nannte man sie, und es schien ihm tatsächlich so, als habe sie einen Zauber über ihn gelegt. Verdammt sollte sie sein, aber er konnte sie einfach nicht vergessen!
In dem Moment, als er sie zum erstenmal gesehen hatte, wie sie da auf der Treppe stand, hatte sie ihn tief im Innersten berührt. Und dann hatten sie diese wunderbare Liebesnacht gehabt, obwohl das gar nicht seine Absicht gewesen war. Aber jedesmal, wenn er sich auf dem Bett umgedreht hatte, war sie nur noch näher gerückt, und als er sich ganz von ihr abwenden wollte, hatte sie ihn zurückgehalten.
Danach bestritt sie alles, was zwischen ihnen vorgefallen war. Sie hatte ganz nah am Abgrund gestanden und sich doch geweigert, die Hand des Feindes zu akzeptieren. Auch nachdem er ihr seinen Willen aufgezwungen hatte, was bei ihrem Sturschädel gar nicht so einfach gewesen war, konnte er den Panzer aus Eis nicht knacken, der ihr Herz gefangenhielt. Er würde nie den Platz dieses anderen Mannes einnehmen können, aber er würde ihr auch nie wieder gestatten, ihm etwas vorzuspielen und ihn zu benutzen ...
Du lieber Himmel! Inmitten dieses Chaos aus Tod und Verwüstung dachte er über sie und ihre Beweggründe nach. Sie war eine Hexe - zudem hochnäsig, stur, viel zu stolz und lächerlich streitsüchtig. Sie konnte einen wirklich auf die Palme bringen, war total eigensinnig, unvernünftig und gefährlich.
Und doch wünschte er sich nichts mehr, als daß sie nun bei ihm wäre. Keine Frau hatte ihn je so berührt. Wenn sie in einen Raum kam, glaubte man, ein Engel schwebe durchs Zimmer. Er hatte noch nie mit jemandem gearbeitet, der mehr Leben gerettet hatte. Sie heilte die anderen und schien ihn zu verfolgen. Und er hatte große Angst um sie, weil sie nun hier bei den Yankees auf dem Schlachtfeld war und nicht in Sicherheit. Wenn der Morgen dämmerte, würden die Gewehre wieder sprechen und selbst denen den Tod bringen, die versuchten, anderer Leben zu retten ...
»Captain! Captain McKenzie!«
Von dem dringend klingenden Rufen auf geschreckt, kam Julian schnell auf die Beine. Dabney Crane, einer der zivilen Späher, kam auf ihn zugeritten, blickte sich ängstlich um und saß hastig ab. Und da wußte Julian, daß Dabney eine Nachricht für ihn hatte. Angst machte sich in seinem Herzen breit: Zu viele seiner Familienmitglieder waren in diesen Krieg verwickelt.
»Was gibt's, Dabney?«
»Ich bringe eine Nachricht von den feindlichen
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