Sieg des Herzens
Sie ist Krankenschwester in Ihren Reihen. Und was ich so von den Soldaten gehört habe, betrachtet man sie als Geschenk des Himmels.«
»Soweit mir bekannt ist, wurde keine unserer Krankenschwestern verletzt, Dr. McKenzie.« Dann fügte er noch hinzu: »Man kann sie wirklich als Geschenk des Himmels bezeichnen. Ich habe schon darum gebeten, daß sie mir zugeteilt wird, aber ich gehöre nicht zu General Magees Stab, deshalb arbeitet sie weiterhin mit seinen Chirurgen.«
»Könnten Sie für mich in Erfahrung bringen, ob es ihr wirklich gutgeht, Sir? Dafür wäre ich ihnen sehr dankbar.«
McManus, der Julian aufmerksam zugehört hatte, nickte nun und sagte: »Ich bin derjenige, der Ihnen zu Dank verpflichtet ist. Sie haben hier bewiesen, daß Sie Ihren hippokratischen Eid wirklich ernst nehmen. Ich werde mich nach dem Befinden der Dame erkundigen. Möchten Sie sie vielleicht sehen?«
Ob er sie treffen wollte? Er war unrasiert, verschwitzt und von Kopf bis Fuß mit Blut und Matsch vom Schlachtfeld beschmiert, deshalb entgegnete er: »Nein, Sir. Ich möchte nur wissen, wie es ihr geht.«
McManus nickte. »Ich kümmere mich darum. So wie es aussieht, werden Sie mir auch die nächsten Tage noch erhalten bleiben. Gibt es sonst noch etwas, was ich für Sie tun kann?«
»Ich würde liebend gern ein Bad nehmen. Ich dachte vielleicht in dem Bach hinterm Lazarettzelt?«
»Ich denke, das läßt sich machen.«
Eine Stunde später kam McManus zu Julian, um ihm mitzuteilen, daß er einen Boten von Lazarettzelt zu Lazarettzelt geschickt hätte, der mit der Nachricht zurückgekommen wäre, daß es Rhiannon gutginge. Während des Kampfes war sie in einem Zelt südöstlich des Schlachtfeldes gewesen, wo sie frisch operierte Männer verbunden hatte, die zurück nach Washington in die dortigen Lazarette und Krankenhäuser geschickt werden sollten.
Als es schon beinah dunkel war und Julian und McManus ihrerseits gerade dabei waren, transportfähige Verwundete für den anstrengenden, langen Ritt in die Hauptstadt vorzubereiten, kam ein Mann ins Zelt, der unbedingt McManus sprechen wollte. Den ganzen Tag waren Reiter in dem Zelt ein- und ausgegangen, und so schenkte Julian dem Mann keinerlei Beachtung. Aus Erfahrung wußte er, daß McManus ihm die Neuigkeiten später mitteilen würde, falls sie auch für ihn von Interesse waren. Diesmal kam er allerdings sofort zu ihm, dicht gefolgt von dem Boten.
»Captain McKenzie, Sie werden im Lazarett von Magee verlangt. Scheinbar ist dort ein Patient mit einer Verletzung an der Schulter, die sich als ziemlich heimtückisch erweisen könnte.«
»Und da will der Mann einen Rebellendoktor?« fragte Julian skeptisch.
»Es scheint ein Verwandter von Ihnen zu sein.«
Erschrocken zog Julian die Augenbrauen hoch und sagte: »Aber Sie sagten doch, daß mein Bruder...«
»Es ist nicht Ihr Bruder. Der Mann heißt Jesse Halston. Hauptmann Jesse Halston, U. S. Kavallerie.«
»Ich habe keinen Verwandten, der so heißt...«
»Nun, scheinbar schon. Die Nachricht hier, mit der Bitte, daß Sie sofort dorthinkommen möchten, ist von Ihrer Frau. Sie kennt den Mann und schreibt, daß er erst kürzlich Ihre Cousine Sydney geheiratet hat.«
»Sydney soll einen Kavallerieoffzier der Unionstruppen geheiratet haben?« fragte Julian ungläubig und merkte, wie ihm das Blut zu kochen begann.
»Erst kürzlich. So wie es aussieht, habt ihr McKenzies einen Hang zu raschen Eheschließungen, Sir.«
Da Julian noch über das Wann und Warum der Hochzeit seiner Cousine nachdachte und keine Anstalten machte, das Zelt zu verlassen, fragte McManus ungeduldig: »Was ist jetzt?«
Hilflos hob Julian die Hände. Verbitterung machte sich in ihm breit. Wenn seine Cousine einen Yankee heiratete, mußte die Welt wirklich völlig aus den Angeln geraten sein. Die McKenzies hatten immer aufeinander aufgepaßt, und die männlichen Mitglieder der Familie hatten die Mädchen und Frauen beschützt: Jennifer, Tia und Sydney. Und jetzt...
Dann entgegnete Julian schließlich: »Natürlich komme ich.«
»Ich werde Sie begleiten. Ich will sehen, wie Sie das machen.«
Der Ritt zu Magees Lazarett führte sie quer über das ehemalige Schlachtfeld; über die Hügel und durch die Täler, wo die heftigsten Kämpfe getobt hatten. Überall liefen Soldaten herum, die versuchten, noch Überlebende zwischen den Toten zu finden. Der Regen hatte den Untergrund an den meisten Stellen in eine einzige Schlammpfütze verwandelt. Die Soldaten hatten sich
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