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Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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es roch so lecker, daß Julian sich am liebsten darauf gestürzt hätte. Rasch schnitt er sich eine Scheibe ab, und es schmeckte einfach köstlich. Dann schnitt er noch eine ab und verschlang sie gierig. Erst danach sah er wieder auf. Rhiannon stand im Durchgang zur Halle und blickte ins Eßzimmer. Mit einem Schlag wurde ihm sein unmögliches Benehmen bewußt. Aber kurz darauf kam Ärger in ihm hoch: Diese Frau wußte bestimmt nicht, was es hieß, kämpfen zu müssen und nie genug zu essen zu haben. Und dann schnitt er sich noch ein Stück von dem Fleisch ab und verschlang es genauso gierig wie die ersten Scheiben, obwohl ihm bewußt war, daß sie ihn beobachtete.
    »Ma'am«, sagte er schließlich, »haben Sie vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft.«
    Ohne ein Wort darauf zu erwidern, drehte sie sich um und ließ ihn stehen. Julian stand auf, um ihr zu folgen. Aber als er in der Halle anlangte, war sie schon nicht mehr da. Er durchquerte die Halle und stellte fest, daß seine Gastgeberin durch den Windfang hinaus auf die Veranda getreten war. Dort stand sie nun im Mondlicht, mit dem Rücken zu ihm, und er wurde sich wieder ihrer Anmut, ihrer Gemütsruhe und der unverhohlenen Verachtung bewußt, die sie ihren ungebetenen Gästen entgegenbrachte. Obwohl sie ihn gehört haben mußte, drehte sie sich nicht zu ihm um.
    Schließlich fragte sie, wobei sie ihm nach wie vor den Rücken zukehrte: »Was gibt's - Colonel?«
    »Wir sind Ihnen für Ihre Gastfreundschaft wirklich sehr dankbar, Ma'am.« Und damit er ihr ins Gesicht sehen konnte, während er sich bei ihr bedankte, ging er um sie herum.
    Wutentbrannt sah sie ihn an, entgegnete dann aber kalt lächelnd: »Colonel, Sir« - so abfällig hatte er diese Anrede noch nie vernommen -, »erinnern Sie sich denn gar nicht daran, daß Sie mich vorher darüber informiert haben, daß Sie sich meine Gastfreundschaft notfalls auch nehmen würden, wenn ich nicht bereit wäre, sie Ihnen aus freien Stücken zu gewähren?«
    »Das geschah alles nur des Krieges wegen«, antwortete er sanft.
    Forschend sah sie ihn an, wobei ihr Gesichtsausdruck noch mehr Verachtung zeigte als zuvor: »Ah! Es ist also alles nur wegen des Krieges.«
    »Es tut mir leid. Ich nehme an, daß Sie Ihren Vater verloren haben? Oder Ihren Ehemann?« fragte er, auf ihre Kleidung anspielend.
    »Meinen Ehemann.«
    »Wo?«
    »Bei Antietam.«
    »Letztes Jahr ... das tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    »Waren Sie ...<<, hob er an und hielt dann inne, während er sich überlegte, warum er sie das alles fragte. »Der Krieg ist für uns alle brutal. Haben Sie ihn noch einmal gesehen, nachdem er eingezogen wurde?«
    »Nein, ich ...«, sie zögerte und biß sich auf die Unterlippe. Scheinbar tat ihr zu weh, was sie sagen wollte. Dann schüttelte sie den Kopf. Als sie schließlich antwortete, schien sich ihre abwehrende Haltung ein wenig gelegt zu haben: »Nein, ich hatte ihn schon monatelang nicht mehr gesehen. Erst wieder als...«
    »Als?«
    »Als er starb.« Sie sagte das auf eine Weise, als ob sie selbst auf dem Schlachtfeld gewesen sei, als es geschah.
    »Das tut mir sehr leid«, sagte Julian.
    »Ja, das erwähnten Sie bereits. Ich glaube Ihnen. Gibt es sonst noch etwas, was Sie wissen möchten, Colonel?«
    Er verschränkte die Arme vor der Brust, ein wenig verärgert darüber, daß sie ihn so schnell loswerden wollte. Aber da wurde ihm plötzlich bewußt, welchen Eindruck er wohl auf sie machen mußte. Er war zwar ein großer, kräftig gebauter Mann mit breiten Schultern - der in letzter Zeit vielleicht ein bißchen wenig zu essen bekommen hatte -, aber unrasiert und von oben bis unten mit Schmutz, Blut und Matsch beschmiert.
    Nun, es war eben Krieg. Sie befanden sich hier schließlich nicht auf irgendeinem gesellschaftlichen Ereignis. Außerdem war sie Witwe, und dazu noch die eines Nordstaatlers, die ihm sicher liebend gern die Kehle durchgeschnitten hätte, hätte sie gewußt, daß er ein Rebell war. Trotzdem war sie sehr schön und roch so verdammt gut. Er konnte nichts daran ändern, daß er sich so zu ihr hingezogen fühlte.
    Dann erinnerte er sich an seine gute Erziehung, verneigte sich tief vor ihr, wie man es den wohlerzogenen jungen Männern aus dem Süden beizubringen pflegte - auch wenn das bei ihm nun schon etwas länger zurücklag -, und sagte: »Entschuldigen Sie, Ma'am, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
    »Dann werde ich Ihnen das auch nicht weiter gestatten«, entgegnete sie höflich und ließ ihn

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