Sieg des Herzens
was Schlimmes passiert...«
»Wäre das furchtbar«, sagte Julian nur.
Tia sah ihn an, und aus ihren Augen sprach die nackte Angst um das Leben ihres Vetters. Sie war nun schon lange genug als Krankenschwester bei den Rebellen, um zu wissen, daß die Infektionen, die sich nach einer Operation einstellen konnten, häufig noch gefährlicher waren als die Verletzung selbst - und meist tödlich endeten.
Schließlich schwand die Angst aus ihrem Ausdruck, und sie taxierte ihren Bruder lediglich, bevor sie ihn fragte: »Nun, was glaubst du? Hat deine Hexe wirklich heilende Hände, wie die Leute behaupten?«
Er zögerte kaum merklich, bevor er ihr zur Antwort gab: »Ja, ich denke, das hat sie.«
»Wenn sie dazu beitragen kann, Jerome zu helfen, dann bin ich bereit, sie hier zu akzeptieren.« Wieder sah Tia ihren Bruder mit forschendem Blick an. »Da ist doch noch etwas anderes! Es gibt doch noch einen anderen Grund, warum du sie hergebracht hast, mh?«
Achselzuckend entgegnete er: »Sie war gerade dabei, von ihren eigenen schmerzstillenden Mitteln abhängig zu werden.«
Erstaunt zog Tia eine Augenbraue hoch, da sie nicht glauben konnte, daß das der wahre Grund sein sollte.
»Immerhin ist ihr Mann getötet worden, Tia!« versuchte Julian seiner Schwester Rhiannons Drogensucht zu erklären und dabei von dem anderen Grund abzulenken, der ihn auch noch bewogen hatte, sie mitzubringen.
»Fast jeder hat in diesem Krieg einen Angehörigen verloren, ohne gleich Vergessen in Alkohol oder Drogen zu suchen.«
»Unsere Cousine Jennifer ist Spionin geworden, nachdem Lawrence gefallen ist. Ihr Leben war ihr in diesem Zeitpunkt völlig egal. Der eine reagiert so auf die Trauer, der andere eben anders.«
»Da magst du wohl recht haben, Julian. Aber du willst mir doch nicht weismachen, daß diese Rhiannon so vom Schmerz überwältigt war und derart unter Drogen stand, daß du um ihre Gesundheit fürchten mußtest, sie aber dennoch in der Lage war, die Yankees zu holen, damit sie dich in deinem unverantwortlich blöden Versteck aufstöbern? Tut mir leid, Bruderherz, aber das glaubt dir kein Mensch!«
»Ich habe schon früher mit Leuten zu tun gehabt, die abhängig waren. Oft merkt man ihnen überhaupt nicht an, daß sie etwas genommen haben«, entgegnete er ruhig und fügte erklärend hinzu: »Man wird sehr leicht abhängig, kann dann aber kaum noch die Hände davon lassen.«
»Dann hast du hier unsere Stellung in Gefahr gebracht, nur damit diese Dame wieder von der Droge loskommt?«
»Sie weiß doch überhaupt nicht, wo wir sind. Und wir hatten hier auch schon einmal einen anderen Yankee zu Gast, wenn du dich daran erinnern willst. Hast du vergessen, daß Jeromes Frau die Tochter eines Yankee-Generals ist?«
»Aber sie ist mit Jerome verheiratet.«
»Das war sie aber nicht immer.«
»Willst du diese Mrs. Tremaine etwa heiraten, damit sie den Mund hält? Würde das bei so einer Hexe überhaupt funktionieren?«
»Jetzt wollen wir erst mal sehen, was mit Jerome überhaupt los ist. Ich will nur, daß er lebt und daß es ihm gutgeht und daß er bald wieder auf See ist.«
»Und dafür, daß deine bezaubernde Hexe eventuell verhindern kann, daß er sich eine gefährliche Infektion zuzieht, gehst du wohl jedes Risiko ein?«
»Schwesterchen, man sieht schon deine Krallen!«
»Tatsächlich?«
»Paß nur auf, du zeigst jetzt schon deutliche Tendenzen, eine alte vergrämte Jungfer zu werden.«
»Mein lieber Bruder, ich denke es ist an dir, ein bißchen besser aufzupassen!«
»So, meinst du. Warum?«
Tia lächelte jetzt ganz süß und sagte: »Du scheinst mit dem falschen Körperteil zu denken, mein Lieber.«
»Und das von einer Südstaaten-Lady!«
Sie ignorierte seinen Einwurf und sagte nur: »Sie ist ziemlich attraktiv, groß, elegant und mehr.«
»Was meinst du mit mehr?«
»Sie hat etwas Geheimnisvolles.«
»Nicht, wenn man sie erst einmal kennt.«
»Das glaubst du!«
»Ich bin kein Idiot, Tia.«
»Das hab' ich auch nicht behauptet. Ich zähle nur die Vorzüge dieser Dame auf. Sie ist nicht nur höchst interessant und attraktiv, da ist noch mehr. Sie hat Grazie ... Sie bewegt sich wie eine Katze, sinnlich und verführerisch ... beinah wie eine Schwarze Witwe.«
»Spinnen bewegen sich also wie Katzen, mh?«
»Du willst mich nicht verstehen, Julian. Sie muß für einen Mann doch geradezu unwiderstehlich sein - könnte ich mir vorstellen -, aber sie ist eine Yankee, und zwar eine überzeugte, und das kann gefährlich
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