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Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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fünfzig Mann zu der Einheit gehörten. Viele von ihnen waren schon sehr alt, aber manche beinah noch kleine Jungs. Einige von den Männern, die sie in ihrem Haus beherbergt hatte, hatten sich Digby angeschlossen, um ihm dabei zu helfen, den beiden Neuankömmlingen das Zelt herzurichten. Der grauhaarige alte Henry Lyle hatte ihr sogar einen Strauß wildwachsender Blumen gebracht; Thad und Benjamin Henly, die beiden Männer von Tallahassee, hatten ihnen einen kleinen Tisch aus Palmwedeln geflochten; und Kyle Waverly, der Mann, der vor dem Krieg Lehrer gewesen war, hatte ihnen ein Aquarell geschenkt - eine Ansicht des Hafens von St. Augustine -, das er selbst gemalt hatte. Es war ganz klein, steckte in einem Kiefernholzrahmen und machte sich ganz gut auf dem Tischchen. Rhiannon war erstaunt darüber, daß diese Männer so höflich waren und mit keinem Wort erwähnt hatten, was sie getan hatte. Scheinbar respektierten sie, daß sie anderer Ansicht war.
    Allerdings mußte Rhiannon, als es schon spät in der Nacht war und sie sich noch ein wenig die Beine hatte vertreten wollen, feststellen, daß sie unter Bewachung stand. Der alte Corporal Lyle versah seinen Dienst vor ihrem Zelt.
    »'n Abend, Mrs. Tremaine«, hatte er freundlich gesagt, als ob nichts Ungewöhnliches dabei wäre, daß sie so lange nach Mitternacht noch auf war.
    »'n Abend, Corporal«, hatte sie ihm geantwortet.
    »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Ich wollte nur ein bißchen frische Luft schnappen.«
    »Es wird bald regnen.«
    »Ich denke, dann hätte es schon längst angefangen.«
    »Es wird ein peitschender Wind aufkommen, wenn es so weit ist, und den Regen mitbringen, der dann naß wie eine Hexentitte - o Ma'am, es tut mir leid! -, ich bin es nicht mehr gewöhnt, mit Damen zu sprechen.«
    Sie lächelte und senkte den Kopf, wobei sie sich fragte, ob er sich damit wohl für den Ausdruck Titte oder Hexe hatte entschuldigen wollen.
    »Nun, da es bisher noch nicht angefangen hat, wollte ich noch ein bißchen spazieren...«
    »Ich fürchte, das wird leider nicht möglich sein, Mrs. Tremaine.«
    »Ich verstehe.«
    »Es tut mir leid.«
    »Das muß Ihnen nicht leid tun. Wir haben Krieg, nicht wahr?«
    Mit diesen Worten schlüpfte sie zurück ins Zelt, wo Rachel schon selig in ihrem Feldbett schlummerte, und setzte sich zitternd auf ihr eigenes Bett. Eigentlich war sie hundemüde. Als sie auf dem Pferd, mit dem sie hergekommen war, an Julian gelehnt, gedöst hatte, hatte sie sich seit langer Zeit das erstemal wieder richtig entspannen können. Aber das war viel zu kurz gewesen.
    Nun stand sie auf und durchwühlte ihre Habseligkeiten, bis sie ein einfaches baumwollenes Nachthemd gefunden hatte. Es bereitete ihr einige Schwierigkeiten, aus ihrem schwarzen Trauerkleid und dem Unterkleid herauszukommen, bevor sie das Nachthemd überstreifen konnte. Als sie sich hingelegt hatte, versuchte sie sich einzureden, daß sie es mit dem Nachthemd auch viel bequemer hätte und vielleicht auch ein bißchen Schlaf finden würde. Sie hörte noch, wie der Wind gegen die Zeltplane peitschte, und dann schlief sie tatsächlich ein.
    Als sie erwachte, hatte sie das Gefühl, als umgebe sie eine undurchdringliche Dunkelheit. Am ganzen Körper zitternd, setzte sie sich auf. Ihr war furchtbar schlecht. Nein,
    nicht schon wieder ... Sie wollte sich nicht übergeben müssen. Als das Gefühl der Übelkeit ein wenig nachließ, legte sie sich zurück auf ihr Feldbett. Aber schon nach wenigen Sekunden krampfte sich ihr Magen erneut zusammen. Sie drehte sich auf die Seite, zog die Beine an und fühlte, wie der Schüttelfrost sie in Wellen überlief. Abermals setzte sie sich auf - mittlerweile schweißnaß, obwohl draußen ein frisches Lüftchen ging -, blieb einfach so sitzen, biß die Zähne zusammen und wünschte, sie könnte sterben.
    Durch die Zeltplane fiel kein Lichtschein mehr, deshalb war es ihr auch so dunkel vorgekommen. Es mußte zwischendurch geregnet haben, wodurch die wenigen Feuer verlöscht waren, die noch brannten, als sie sich hingelegt hatte. Die Wolken verdeckten wohl immer noch den Mond, und Rhiannon hörte den Wind leise heulen, wie etwas ... wie jemand, der sich ans Leben klammert.
    Nein, nein, nein ...
    »Rhiannon...«
    Hatte sie etwa so laut gestöhnt? Und wer hatte sie da im Dunkeln beim Namen genannt? Bestimmt hatte sie sich das nur eingebildet. Nein, da war jemand: Julian saß an ihrem Bett, zog sie hoch und nahm sie in die Arme.
    »Es wird alles gut.«
    »Nein!«

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