Sieg des Herzens
um unsere Gäste kümmern?«
»Selbstverständlich, Sir. Bitte hier entlang, Ladys. Wir haben noch ein leerstehendes Zelt, und so abgerissen wir auch aussehen mögen, können wir Ihnen doch ein paar Annehmlichkeiten bieten. Wenn Sie mir jetzt bitte folgen wollen.«
Da Rhiannon nichts anderes übrigblieb, entschloß sie sich, Digby zu folgen, den Arm immer noch um Rachel gelegt, die bereitwillig mitkam. Dabei spürte sie, daß ihnen die Rebellen nachstarrten. Wie merkwürdig - es war so still, daß man eine Stecknadel hätte fallen hören. Aller Augen waren auf sie gerichtet, und doch hatte sie das Gefühl, als ob sie Julians Blick von den anderen unterscheiden und genau die Stelle auf ihrem Rücken ausmachen könnte, an der sich sein Blick aus blauen Augen allmählich hineinbrannte.
Paddy ging es tatsächlich sehr gut, und er war nur widerwillig im Lazarettzelt geblieben. Als er Julian und Tia kommen sah, stützte er sich auf die Ellbogen und sagte: »Es geht mir ausgezeichnet, Doc, Colonel, Sir, das schwöre ich. Dieser Yankee-Engel versteht sein Handwerk, nicht wahr?«
»Hm«, murmelte Julian, während er den Verband von Paddys Bein nahm, wobei ihm seine Schwester zur Hand
ging.
»Engel?« fragte Tia verächtlich. »Da hab' ich aber was ganz anderes gehört!«
»Aber, Miß Tia, natürlich kann keine Frau Ihnen den Platz in unseren Herzen streitig machen, da brauchen Sie gar nicht eifersüchtig zu werden.«
Daraufhin lächelte Tia ihm freundlich zu und sagte: »Ich bin nicht eifersüchtig, Paddy. Ich bin besorgt.« Und zu Julian gewandt, fuhr sie fort: »Vater kannte ihre Familie, weißt du das? Sie besaßen eine der reichsten Salzgewinnungsanlagen in ganz Florida. Ihr Vater war der Union stets treu ergeben und ihr Ehemann ebenfalls ...«
Immer noch über Paddys Wunde gebeugt, sah Julian aus den Augenwinkeln zu seiner Schwester hinüber. »Unser Vater ist ebenfalls ein treuer Unionsanhänger, und unser Bruder ist Offizier in der Kavallerie der Union!«
»Ich weiß, aber wir laden die beiden auch nicht in unser Lager ein!« rief Tia aus.
»Er konnte sie nicht allein dort lassen, Miß Tia«, schaltete sich nun Paddy ein. Schnell bedeutete ihm Julian, nicht weiterzusprechen, aber Paddy fuhr trotzdem fort: »Es gibt ein paar Leute dort, die vielleicht herauskriegen, daß sie uns an die Yankees in St. Augustine verraten hat. Ich denke, Miß Tia, daß Ihr Bruder Angst hatte, daß ein zu eifriger Bürger auf die Idee kommen könnte, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen, um das Haus der Dame niederzubrennen - mit ihr drin!«
»Vielleicht hat sie das ja auch verdient.«
»Tia!« versuchte Julian seiner Schwester Einhalt zu gebieten.
Aber sie ließ sich nicht beirren und entgegnete: »Die Unionsgetreuen haben unsere Cousine Jennifer beinah gehängt, nur weil sie für die Rebellen spioniert hat. Wenn Ian nicht zufällig dagewesen wäre, wäre sie bestimmt ...« Tia hielt inne - sie wußten alle, was sonst geschehen wäre. Deshalb sagte sie statt dessen: »Und sie hängen Männer, egal von welcher Seite, wegen Spionage!«
»Sie ist keine Spionin«, entgegnete Julian.
»Sie hätte zugelassen, daß man dich tötet.«
»Tia, können wir uns später darüber unterhalten?« fragte Julian angestrengt.
»Aber wenn ich dir doch sage...«
»Tia?«
Zwischen zusammengebissenen Zähnen preßte sie dann noch hervor: »Du bist wie unser Vater...«
»Vater ist nicht hier, und ich bin dein älterer Bruder und außerdem der ranghöchste Offizier hier.«
Daraufhin schwieg Tia, und Julian untersuchte weiter Paddys Wunde, die erstaunlich gut zu verheilen schien. Zu Paddy gewandt, sagte er dann, daß es gleich weh tun würde, weil er vorhabe, etwas Brandy über die Wunde zu gie-ßen. Danach verband er sie erneut mit der kundigen Hilfe seiner Schwester, wünschte Paddy eine gute Nacht und bat Tia, ihm zu folgen.
Nebeneinander gingen sie ein paar Schritte vom Lager weg, bis sie zu einer Stelle kamen, an der ein schmales Rinnsal entsprang, das bald zu einem plätschernden Bach wurde, der schließlich den St. Johns speiste. In Friedenszeiten war dies ein wunderbarer Ort, ganz ruhig, schattig und mit vielen Schichten von Kiefernnadeln, die den idealen Untergrund für ein Picknick bildeten.
»Julian«, fing Tia an, »es ist immer gefährlich, Gefangene hierherzubringen. Die Yankees wissen, daß wir irgendwo in der Nähe des Flusses sind. Eines Tages werden sie genügend Männer hier unten im Süden haben und auch mutig genug
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