Sieh dich nicht um
versuchte, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen.
Aber genau das habe ich Rick ja gestern gesagt, fiel ihr ein.
Unverhofft kommt oft.
Als Lacey an die Tür der Bibliothek klopfte, antwortete Isabelle nicht. »Macht es Ihnen etwas aus, einen Moment im Wohnzimmer zu warten, Mr. Caldwell?« wandte sich Lacey an den potentiellen Käufer. »Ich rede kurz mit Mrs. Waring und komme sofort zu Ihnen.«
»Kein Problem.«
Lacey öffnete die Tür und sah hinein. Isabelle saß noch immer am Schreibtisch, den Kopf so tief gesenkt, daß ihre Stirn die Papiere berührte, die sie gerade gelesen hatte. »Gehen Sie«, murmelte sie. »Ich kann mich jetzt nicht damit beschäftigen.«
Ihre rechte Hand umklammerte einen eleganten grünen Füllhalter, mit dem sie auf den Schreibtisch schlug. »Gehen Sie.«
»Isabelle«, sagte Lacey leise. »Es ist sehr wichtig. Der Interessent hat uns ein Angebot gemacht, aber er stellt eine Bedingung, die ich erst mit Ihnen besprechen möchte.«
»Vergessen Sie's! Ich verkaufe nicht. Ich brauche noch mehr Zeit in dieser Wohnung.« Isabelle Warings Stimme steigerte sich zu einem hysterischen Kreischen. »Tut mir leid, Lacey, aber ich kann jetzt nicht reden. Kommen Sie später wieder.«
Lacey sah auf die Uhr. Es war fast vier. »Ich bin um sieben zurück«, sagte sie. Sie wollte unter allen Umständen eine Szene vermeiden, denn sie hatte den Eindruck, daß Isabelle gleich einen Weinkrampf bekommen würde.
Sie machte die Tür hinter sich zu und drehte sich um. Curtis Caldwell stand im Flur zwischen Bibliothek und Wohnzimmer.
»Sie will nicht verkaufen?« fragte er ungläubig. »Aber es hieß
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doch –«
Lacey unterbrach ihn. »Warum gehen wir nicht nach unten?«
schlug sie mit leiser Stimme vor.
Sie setzten sich für ein paar Minuten in die Eingangshalle.
»Ich bin sicher, daß sich alles klären wird«, sagte sie. »Heute abend spreche ich noch einmal mit ihr. Sie hat viel durchgemacht, doch sie wird darüber hinwegkommen. Am besten geben Sie mir Ihre Telephonnummer in New York.«
»Ich wohne im Waldorf Tower, in der Suite der Kanzlei Keller, Roland und Smythe.«
Sie standen auf, um sich zu verabschieden. »Keine Sorge, es klappt schon«, versprach sie. »Sie werden sehen.«
Sein Lächeln war liebenswürdig und selbstbewußt. »Davon bin ich überzeugt«, sagte er. »Ich verlasse mich ganz auf Sie, Miss Farrell.«
Er ging von der 70. Straße zum Essex House an der Südseite des Central Park, wo er sofort eine Telephonzelle betrat. »Sie hatten recht«, sagte er, nachdem sein Gesprächspartner abgehoben hatte. »Sie hat das Tagebuch gefunden. Es befindet sich in einer Ledermappe, wie Sie es beschrieben hatten. Anscheinend will sie die Wohnung nicht mehr verkaufen, doch die Immobilienmaklerin besucht sie heute abend noch einmal, um sie zur Vernunft zu bringen.«
Er hörte zu.
»Wird erledigt«, antwortete er schließlich und legte auf. Dann schlenderte Sandy Savarano, alias Curtis Caldwell, in die Bar und bestellte einen Scotch.
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3
Lacey drückte sich selbst die Daumen, als sie um sechs Isabelle Waring anrief. Aber zu ihrer Erleichterung hatte diese sich inzwischen beruhigt.
»Kommen Sie doch vorbei, Lacey«, schlug sie vor. »Dann reden wir über alles. Allerdings muß ich wohl riskieren, daß uns der Käufer durch die Lappen geht, wenn ich die Wohnung sofort freimachen soll. Ich habe etwas in Heathers Tagebuch gefunden, das sich als wichtig erweisen könnte.«
»Ich bin um sieben bei Ihnen«, entgegnete Lacey.
»Sehr gut. Sie sollen nämlich auch erfahren, was ich entdeckt habe. Schließen Sie einfach auf. Ich bin oben im Wohnzimmer.«
Als Richard Parker, der gerade an Laceys Bürotür vorbeikam, ihre bedrückte Miene sah, kam er herein und setzte sich.
»Probleme?«
»Das kannst du laut sagen.« Sie erzählte ihm von Isabelle Warings seltsamem Verhalten und davon, daß sie vermutlich abspringen wollte.
»Kannst du ihr nicht gut zureden?« fragte Rick.
Er machte ein besorgtes Gesicht, doch Lacey war sicher, daß er sich weder um sie noch um Isabelle Waring Gedanken machte. Wenn Mrs. Waring Caldwells Angebot ablehnte, würde Parker und Parker eine ansehnliche Provision verlieren.
Wahrscheinlich war das der Grund.
Lacey stand auf und griff nach ihrer Jacke. Am Nachmittag war es zwar warm gewesen, doch der Wetterbericht hatte für den Abend einen Temperatursturz vorhergesagt. »Warten wir's ab«, sagte sie.
»Gehst du schon?«
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»Ich glaube,
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