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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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zu versuchen. Sie mußte wieder anfangen, ein normales Leben zu führen.
    Als Lacey ihre Koffer gepackt hatte, hatte sie auch die warmen Joggingsachen mitgenommen: Trainingsanzug, Jacke, Fäustlinge, Mütze und Schal. Sie zog sich rasch an und lief zur Tür. Schon hatte sie die Hand am Türknauf, als das Telephon läutete. Sie spielte mit dem Gedanken, es klingeln zu lassen, aber dann hob sie doch ab.
    »Miss Carroll, Sie kennen mich nicht«, meldete sich eine energische Stimme. »Ich bin Millicent Royce und habe gehört, daß Sie einen Job in der Immobilienbranche suchen. Wendell
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    Woods hat mir heute morgen von Ihne n erzählt.«
    »Ich suche tatsächlich einen Job, aber ich habe noch nicht richtig damit angefangen«, antwortete Lacey voller Hoffnung.
    »Wendell war sehr beeindruckt von Ihnen, und er hat vorgeschlagen, daß wir uns kennenlernen sollten. Mein Büro befindet sich in Edina.«
    Nach Edina brauchte man mit dem Auto eine Viertelstunde.
    »Ich weiß, wo das ist.«
    »Sehr gut. Schreiben Sie sich die Adresse auf. Hätten Sie vielleicht schon heute nachmittag Zeit?«

    Als Lacey die Wohnung verließ und die Straße entlangjoggte, hatte sie das Gefühl, daß ihre Pechsträhne endlich zu Ende war.
    Wenn Millicent Royce sie tatsächlich einstellte, hatte sie wenigstens tagsüber etwas zu tun, bis sie wieder nach Hause durfte.
    Schließlich, dachte sie grimmig, hat mir Millicent Royce eben erklärt, daß es sehr aufregend ist, im Immobiliengeschäft zu arbeiten. Ich wette, da könnte ich ihr noch einiges erzählen.

    Tom Lynchs vierstündige Sendung bestand aus einer Mischung von Nachrichten, Interviews und unkonventionellem Humor. Sie dauerte wochentags von zwölf bis vier, und es waren stets Studiogäste eingeladen: Politiker, Schriftsteller, internationale Berühmtheiten und ortsansässige Prominenz.
    Den Vormittag vor der Sendung verbrachte Tom meistens in seinem Büro im Sender. Er suchte im Internet nach interessanten Themen oder durchforstete Zeitungen und Zeitschriften aus dem ganzen Land.
    Am Montag nach der Premiere von The King and I machte es ihm zu schaffen, daß ihm Alice Carroll das ganze Wochenende lang nicht aus dem Kopf gegangen war. Einige Male war er
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    versucht gewesen, sie anzurufen. Doch er legte jedesmal auf, bevor die Verbindung hergestellt war.
    Ihm fiel ein, daß er sie in den nächsten Tagen bestimmt im Fitneßstudio sehen würde. Dann konnte er ihr beiläufig vorschlagen, doch zusammen zum Essen oder ins Kino zu gehen. Ein Anruf und eine förmliche Verabredung gaben der Sache eine Bedeutung, die ihr nicht zustand. Außerdem konnte es peinlich werden, wenn es bei dem einen Mal bliebe oder wenn sie ablehnte. Schließlich würden sie einander immer wieder über den Weg laufen.
    Er wußte, daß seine Freunde schon darüber Witze rissen, weil er sich zu diesem Thema zu viele Gedanken machte. »Tom, du bist zwar ein netter Kerl«, hatte einer von ihnen kürzlich gesagt,
    »aber ein Mädchen wird es schon überleben, wenn du sie nicht mehr anrufst.«
    Als Tom an dieses Gespräch dachte, mußte er zugeben, daß Alice Carroll es bestimmt überleben würde, wenn er ein paar Mal mit ihr ausging und sich dann nicht mehr meldete.
    Sie strahlte eine selbstgenügsame Ruhe aus, überlegte er, während er auf die Uhr sah. In einer Stunde ging die Sendung los. Allerdings verriet sie nur wenig von sich, und er ahnte, daß ihr Fragen nicht willkommen waren. Als sie am ersten Nachmittag zusammen im Fitneßstudio Kaffee getrunken hatten, war sie offenbar nicht glücklich darüber gewesen, daß er sie wegen ihres Umzugs nach Minneapolis ein bißchen aufzog. Und am Freitag abend war sie den Tränen nah gewesen, als die Ouvertüre von The King and I einsetzte.
    Manche Mädchen flippten aus, wenn man sich nicht die ganze Party lang um sie kümmerte. Aber Alice hatte es gar nichts ausgemacht, daß er sie allein gelassen hatte, um sich mit anderen Leuten zu unterhalten.
    Zur Premiere war sie teuer gekleidet gewesen. Das hätte auch ein Blinder bemerkt.
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    Kate hatte sie erzählt, daß sie The King and I schon drei Mal gesehen hatte. Und sie hatte mit Kate über die Neuinszenierung von The Boy Friend gesprochen, als ob sie gut Bescheid wüßte.
    Teure Kleider. Fahrten von Hartford nach New York, um ins Theater zu gehen. Normalerweise konnte man sich das vom Gehalt einer Arztsekretärin nicht leisten.
    Achselzuckend griff Tom nach dem Telephon. Es war zwecklos. Daß er sich diese Fragen

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