Sieh dich nicht um
fast das Herz zerrissen. Und mit den Blumen wollte er ihr sagen, daß er begriff, wie sehr sie unter der Situation litt.
Sie hatte ihm gestanden, daß Lacey ihr verraten hatte, wo sie jetzt wohnte. »Nicht einmal Kit habe ich es erzählt«, erklärte sie.
»Kit wäre sehr gekränkt, wenn sie glauben würde, daß ich ihr nicht vertraue.«
Komisch, dachte Mona, als sie wegen der gesperrten rechten Fahrbahn auf dem West Side Highway im Stau feststeckte. Bei
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Kit ist immer alles glatt gelaufen. Ganz anders als bei Lacey. Kit hat Jay kennengelernt, als sie am Boston College studierte und er in Tufts den Magister machte. Sie haben sich verliebt, geheiratet, drei wunderbare Kinder bekommen und wohnen jetzt in einem schönen Haus. Mag sein, daß Jay manchmal zu dick aufträgt und zur Selbstgerechtigkeit neigt, aber er ist ein guter Familienvater. Erst vorgestern hat er Kit mit einer teuren Goldkette überrascht, die sie im Schaufenster eines Juweliers in Ridgewood bewundert hatte.
Wie Kit erzählte, ging es mit Jays Firma in letzter Zeit wieder bergauf. Sehr gut, dachte Mona. Sie hatte sich schon Sorgen gemacht, weil die Auftragslage schlechter geworden war. Im Herbst hatte Jay regelrecht bedrückt gewirkt.
Lacey verdient es, glücklich zu sein, sagte sich Mona. Jetzt ist sie im richtigen Alter, um einen Mann kennenzulernen, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Bestimmt will sie das auch. Aber statt dessen muß sie allein in einer fremden Stadt wohnen und sich für jemand anders ausgeben, weil ihr ein Verbrecher nach dem Leben trachtet.
Um halb acht erreichte sie den Parkplatz an der 46. Straße West. Da Alex sie erst um acht erwartete, hatte sie noch Zeit, etwas zu erledigen, das ihr vorhin eingefallen war.
Der Zeitungskiosk am Times Square führte auch Blätter aus anderen Städten. Vielleicht gab es ja auch eine Zeitung aus Minneapolis. Wenn sie sich mit der Stadt vertraut machte, würde sie sich Lacey näher fühlen. Und sie konnte sich mit dem Wissen trösten, daß Lacey in diesem Moment möglicherweise die gleiche Zeitung las.
Die Nacht war kalt, aber klar. Mona genoß den Spaziergang zum Times Square. Wie oft waren wir hier, als Jack noch lebte, fiel ihr ein. Nach der Vorstellung haben wir uns mit Freunden verabredet. Kit hat sich nie so sehr fürs Theater interessiert wie Lacey. Doch Lacey schlug darin ihrem Vater nach und liebte
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den Broadway. Bestimmt vermißt sie ihn schrecklich.
Am Zeitungskiosk entdeckte sie die Minneapolis Star Tribüne. Hatte Lacey heute morgen auch diese Ausgabe gelesen? Als Mona die Zeitung in die Hand nahm, erschien ihr Lacey mit einem Mal nicht mehr ganz so weit weg.
»Möchten Sie eine Tüte?«
»Ja, bitte.« Mona suchte in ihrer Handtasche nach der Geldbörse, während der Verkäufer die Zeitung zusammenfaltete und in einer Plastiktüte verstaute.
Als Mona am Restaurant ankam, standen die Gäste vor der Garderobe Schlange. Alex saß schon an ihrem Tisch. Mona eilte auf ihn zu. »Entschuldige die Verspätung«, sagte sie.
Er stand auf und küßte sie auf die Wange. »Du bist gar nicht zu spät dran, aber dein Gesicht ist ja ganz kalt. Bist du von New Jersey aus zu Fuß gegangen?«
»Nein. Ich hatte noch Zeit und habe mir deshalb schnell eine Zeitung besorgt.«
Carlos, der Kellner, der sie immer bediente, war schon zur Stelle. »Miss Farrell, darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?
Möchten Sie Ihre Tüte abgeben?«
»Die kannst du auch hierbehalten«, schlug Alex vor. Er hängte die Tüte über einen unbesetzten Stuhl.
Wie immer war es ein angenehmer Abend. Während sie ihren Espresso tranken, griff Alex nach Monas Hand.
»Hast du heute nicht soviel zu tun?« neckte Mona. »Du bist nur etwa zehn Mal aufgestanden.«
»Ich dachte, du hättest dir deshalb eine Zeitung mitgebracht.«
»Iwo! Ich habe mir nur die Schlagzeilen angesehen.« Mona griff nach ihrer Handtasche. »Jetzt muß ich mal aufstehen. Ich bin gleich wieder da.«
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Um halb zwölf begleitete Alex sie zum Auto. Um eins schloß das Restaurant, und die Angestellten gingen nach Hause.
Um zehn vor zwölf fand ein Telephonat statt. Die Nachricht war kurz und bündig: »Sagen Sie Sandy, sie ist wahrscheinlich in Minneapolis.«
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25
Was war zwischen Heather Landi und Rick Parker vorgefallen?
Es hatte Lacey völlig überrascht, daß die beiden einander gekannt hatten. Nachdem Tom Lynch und Kate Knowles Freitag nacht gegangen waren, hatte Lacey nicht schlafen können.
Stundenlang
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