Sieh dich nicht um
der Detective. Seine Exfrau wurde ermordet; wir verlieren ein Dokument, das eigentlich für ihn bestimmt war und uns wichtige Beweise hätte liefern können; die Frau, die den Täter in die Wohnung seiner Exfrau gebracht hat, ist verschwunden. Ich verstehe ihn, denn an seiner Stelle würde ich mich genauso fühlen.
Die vier Monate seit jenem Oktobertag, als der Notruf aus dem Haus Nr. 3 in der 70. Straße Ost eingegangen war, waren für die beiden Detectives höchst unerfreulich gewesen. Je weiter die Ermittlungen voranschritten, desto dankbarer war Ed, daß der Bezirksstaatsanwalt sich von der Bundesstaatsanwaltschaft nicht hatte einschüchtern lassen. Er hatte darauf bestanden, daß die New Yorker Polizei die Fahndung nach dem Mörder leitete.
»Der Mord hat im 19. Bezirk stattgefunden«, hatte er Baldwin
-152-
mitgeteilt. »Und bis er aufgeklärt ist, sind wir dafür zuständig, ob es Ihnen nun paßt oder nicht. Wenn Savarano verhaftet wird, können wir eine Abmachung treffen, damit er als Kronzeuge aussagt. Doch ich möchte betonen, daß wir nur mit Ihnen zusammenarbeiten, wenn Sie nicht versuchen, uns die Schau zu stehlen. Wir sind sehr interessiert an diesem Fall, und wir lassen uns nicht ausbooten.«
»Es war kein Ammenmärchen, Mr. Landi«, wandte Nick Mars hitzig ein. »Uns liegt ebensoviel daran, Mrs. Warings Mörder zu fassen, wie Ihnen. Aber wenn Miss Farrell das Tagebuch nicht aus der Wohnung mitgenommen hätte, um es Ihnen zu geben, wären wir mit unseren Ermittlungen schon um einiges weiter.«
»Soweit ich informiert bin, wurde das Tagebuch gestohlen, nachdem es sich bereits in Ihrem Besitz befand«, sagte Steve Abbott in gefährlich ruhigem Ton. »Wollen Sie etwa andeuten, daß Miss Farrell gewisse Seiten entfernt hat?«
»Das glauben wir nicht, doch wir können es nicht mit Sicherheit ausschließen«, räumte Sloane ein.
»Reden Sie nicht um den heißen Brei herum, Detective. Mit Sicherheit können Sie nur eines nicht ausschließen, nämlich daß Sie diesen Fall vermasselt haben«, zischte Abbott wütend.
»Komm, Jimmy, ich denke, es ist Zeit, daß wir einen Privatdetektiv beauftragen. Solange wir die Angelegenheit der Polizei überlassen, werden wir nie erfahren, was wirklich geschehen ist.«
»Das hätte ich gleich tun sollen, als ich von dem Mord an Isabelle erfuhr!« Jimmy Landi stand auf. »Ich will die Kopie des Tagebuches meiner Tochter, die ich Ihnen ausgehändigt habe, bevor Sie die auch noch verlieren.«
»Wir haben uns weitere Kopien gemacht«, sagte Sloane ruhig.
»Nick, hol Mr. Landis Exemplar.«
»Wird gemacht, Eddie.«
-153-
Während sie warteten, sagte Sloane: »Mr. Landi, Sie haben uns ausdrücklich mitgeteilt, daß Sie das Tagebuch gelesen haben, ehe Sie es uns gaben.«
Jimmy Landi sah den Detective finster an. »Richtig.«
»Sie haben erklärt, Sie hätten es sorgfältig studiert. Stimmt das?«
»Was heißt schon sorgfältig?« fragte Jimmy gereizt. »Ich habe es durchgeblättert.«
»Hören Sie, Mr. Landi«, sagte Sloane. »Ich kann mir vorstellen, was Sie zur Zeit durchmachen, aber ich muß Sie bitten, die Aufzeichnungen jetzt wirklich sorgfältig zu lesen.
Wir haben sie gründlich studiert. Aber außer ein paar vagen Anspielungen auf einen Vorfall in der West Side ganz am Anfang haben wir nichts entdeckt, was uns weiterhelfen könnte.
Andererseits hat Mrs. Waring Lacey Farrell mitgeteilt, sie hätte etwas in diesem Tagebuch gefunden, das vielleicht beweist, daß der Tod Ihrer Tochter kein Unfall war -«
»Isabelle hätte auch im Gesangbuch etwas Verdächtiges gefunden«, entgegnete Jimmy kopfschüttelnd.
Schweigend saßen sie da, bis Nick Mars mit einem großen braunen Umschlag ins Befragungszimmer zurückkehrte. Er reichte Jimmy das Kuvert.
Jimmy riß es ihm aus der Hand, öffnete es, holte die Blätter heraus und sah sie rasch durch. Bei der letzten Seite hielt er inne. Er las sie und funkelte Mars wütend an. »Was soll das?«
fragte er.
Sloane hatte das mulmige Gefühl, daß er gleich etwas Unangenehmes zu hören bekommen würde.
»Ich kann Ihnen auf Anhieb sagen, daß es ursprünglich mehr Seiten waren«, sagte Landi. »Die letzten Seiten des Exemplars, das ich Ihnen gegeben habe, waren unliniert. Ich weiß das noch, weil sie ziemlich mitgenommen aussahen. Offenbar waren
-154-
Blutflecken auf dem Original… Ich konnte den Anblick nicht ertragen. Wo sind diese Seiten jetzt? Haben Sie die etwa auch verloren?«
-155-
29
Nach seiner
Weitere Kostenlose Bücher