Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
Vom Netzwerk:
einen geschäftigen Bahnsteig im Bitza-Park begleitete. Er hatte bei seiner Vernehmung ausgesagt, dass er eigentlich vierundsechzig Menschen töten wollte, einen für jedes Feld auf einem Schachbrett.
    Unglücklicherweise schien diese aktuelle Inkarnation des Schachbrett-Mörders Pitschuschkins grausige Idee mehrere furchterregende Schritte weiterzutreiben, indem er einige der berühmtesten Schachpartien der Geschichte in ihrer Gesamtheit nachbildete und die Schlagzüge durch seine Morde kennzeichnete.
    Ein gerissener Mistkerl. Dana konnte es kaum erwarten, ihn zu schnappen.
    Die erste Partie hatte sich im vergangenen Jahr ereignet und war eine Hommage an Siegbert Tarrasch gewesen, einen preußischen Weltklassespieler, der 1934 gestorben war und von dem der berühmte Satz stammte, dass Schach, wie Liebe und wie Musik, die Macht besitzt, Menschen glücklich zu machen. Als die Kollegen von der New Yorker Außenstelle mit dem Fall nichts anfangen konnten, waren Dana und Brown von Direktor Bill Krugman persönlich aus Cleveland gerufen worden, um die Ermittlungen zu übernehmen. Allerdings hatten sie schon bald ihre derzeitigen Positionen als gemeinsame Vorsitzende des Klubs der Ratlosen eingenommen.
    Dennoch hatten sie wenigstens ein paar Fortschritte erzielt.
    Sie hatten Tarraschs berühmte Worte in seinem Buch gefunden, das neben der Leiche von Paul Winslow gelegen hatte. Winslow war ein vierunddreißig Jahre alter Schwarzer aus Yonkers gewesen, der im vergangenen November das Pech gehabt hatte, zum letzten Opfer der »Siegbert-Tarrasch-Partie« geworden zu sein. Ausgehend von ihm war es Dana und Brown gelungen, eine Reihe ungelöster Morde, die jenem an Winslow ähnelten, einem bestimmten Straßenraster in New York City zuzuordnen. Ein leistungsstarker Computer hatte das Muster von Stecknadeln auf der Straßenkarte dekodiert und sie so auf das Muster des unbekannten Täters gebracht. Anschließend hatten mühsame Recherchen sie zu der schockierenden Erkenntnis geführt, dass die Positionen auf der Karte perfekt zu den Schlagzügen in Siegbert Tarraschs erstem aufgezeichneten Spiel passten.
    Und so hatte das abscheuliche Katz-und-Maus-Spiel seinen Lauf genommen. Nur wusste Dana leider nicht recht, welches der beiden Tiere sie und Brown in diesem Wettstreit verkörperten. Jedenfalls fühlte sie sich die meiste Zeit wie die Maus.
    Der Schachmattzug des Killers – zu diesem Zeitpunkt eindeutig die Katze – war entsetzlich gewesen … gelinde ausgedrückt. Wie die anderen Opfer vor ihm war Winslow »seiner Sinne beraubt« worden.
    Was bedeutete, dass alle fünf Sinne entfernt worden waren. Finger, Nase, Ohren, Zunge und Augen waren mit einer Reihe von Skalpellen herausgeschnitten worden, wie die Forensiker später ermittelten. Offensichtlich verloren die chirurgischen Instrumente ihre Schärfe, wenn sie eine Weile durch Fleisch schnitten. Noch übelkeiterregender war, dass Winslow die ganze Zeit über am Leben gewesen war, wie die Pathologen außerdem feststellten.
    Dana erschauerte und spürte eine Gänsehaut auf den Armen. Sie konnte sich nicht ansatzweise vorstellen, wie es für Winslow gewesen sein musste – welche unerträglichen Schmerzen der Mann durchlitten hatte. Kaltblütiger Mord war ihr nicht fremd, und sie war ihr ganzes Leben von Tod und Gewalt umgeben gewesen, doch sie hatte insgeheim stets gehofft, eines Tages, wenn die Zeit gekommen war, friedlich im Bett zu sterben. Wünschte sich das nicht jeder?
    Nach der ersten Partie hatte der Killer die berühmtesten Partien von vier weiteren Schachmeistern nachgestellt, namentlich Bobby Fischer, Judit Polgàr, Péter Lékó und Anatoli Karpow. Die besten Spieler ihrer jeweiligen Zeit. Jeder Schachmattzug war grausamer gewesen als der vorhergehende, und am Tatort des letzten Verbrechens hatte als Zeichen dafür, dass die Partie abgeschlossen war, ein Buch über den jeweiligen Spieler gelegen. Eine Art Chronik dessen, was er bereits vollbracht hatte. Aber wenn die Schachbücher an den letzten Tatorten der Partien auftauchten, stets im warmen Licht der liebevoll von dem Verrückten angeordneten Scheinwerfer, war es natürlich längst zu spät für Dana und Brown, um noch etwas zu unternehmen und den Verbrecher aus dem Verkehr zu ziehen. Und obwohl der Unbekannte bei jeder folgenden Partie seine Brutalität und Grausamkeit gesteigert hatte, war er nicht schlampig geworden. Jedenfalls nicht schlampig genug, um ihn zu Fall zu bringen. Es war erschreckend, wie er

Weitere Kostenlose Bücher