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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
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ihnen stets einen Schritt voraus blieb, trotz all ihrer Ressourcen und all ihrer Erfahrung.
    Hoffentlich würde sich das bald ändern. Sollte es zumindest. Keiner der üblichen Ermittlungsansätze hatte bisher zu einem Ergebnis geführt.
    Sie hatten Unmengen von Akten über die Hunderte Mitglieder von Dutzenden Schachklubs in der riesigen Stadt zusammengetragen – vergeblich. Schachliebhaber zeigten höchst selten die mörderischen Neigungen eines Serienkillers. Was sie hingegen zeigten, war ein lebhaftes Interesse an den ungelösten Mordfällen, die dem Schachbrett-Mörder zugeschrieben wurden. Wer konnte es ihnen verdenken? Es war faszinierender Stoff. Die Art von Stoff, mit der sich eine Menge Zeitungen verkaufen ließ.
    Für die Schachspieler schien es beinah Spaß zu sein, über den Fall nachzugrübeln, ein interessantes Rätsel, das es zu lösen galt. Dana und Brown wurden ständig mit E-Mails, Briefen und Anrufen von Spielern mit guten Absichten überhäuft, in denen sie darüber spekulierten, welche Partien der Killer nachstellte. Doch letzten Endes hatten sich die Schachspieler als genauso ratlos erwiesen wie das FBI.
    Die Brutalität der Morde hatte Schach in einen Ruf von Härte gebracht, wie es ihn zuvor nie gekannt hatte. Und den Spielern gefiel das eindeutig. Vielleicht verschaffte es ihnen ein Gefühl von Wichtigkeit, Gesprächsstoff am Wasserspender morgens bei der Arbeit in ihren Buchhaltungskanzleien. Vielleicht dies, vielleicht das. Dana wusste es nicht und bekam zunehmend das Gefühl, nichts mehr als sicher betrachten zu können.
    Sie wandte sich nach links und beobachtete einen jungen Fotografen des Kriminaltechnikteams, der sich über den dicken Wälzer der Schachbiografie beugte. Er nahm das Werk aus unterschiedlichen Winkeln auf, während drei seiner Kollegen den Rest der Wohnung ablichteten. Ein paar Meter weiter bewegte sich ein Videograf mit ausdruckslosem Gesicht durch die Räume, während er einen leisen Kommentar zu seiner Aufnahme sprach.
    »Wohnzimmer. Opfer nackt und gefesselt am Boden. Fesseln sind an stabilen, in den Boden eingelassenen Eisenringen fixiert. Deutlich sichtbare Verletzungen …«
    Der Videofilmer kam noch näher heran und beugte sich über Stephanie Manns zerschmetterten Leichnam. Er verharrte einen Moment, bevor er die Kamera langsam von den Füßen über den Rumpf bis zum Gesicht schwenkte, beinah wie ein Liebhaber, der jeden Zentimeter der Gestalt seiner Geliebten musterte. »Multiple Verletzungen der Gesichtsknochen. Der Schädel ist zerschmettert. Im oberen linken Quadranten ist Hirnmasse ausgetreten. Offensichtliche Insektenaktivitäten in sämtlichen Körperöffnungen …«
    Dana erschauerte erneut und richtete den Blick auf den Fotografen, der das Schachbuch ablichtete. »Wie weit sind Sie?«, fragte sie. Es war von größter Bedeutung, dass wirklich alles in der Wohnung fotografiert wurde, bevor sie es in Kisten verpackten und zur weiteren Untersuchung nach Washington D. C. ins Labor schickten. Fotos gehörten immer mit zu den wichtigsten Beweisen bei Indizienprozessen.
    Dana hielt inne und versetzte sich einen mentalen Klaps. Vielleicht sollten sie den Kerl erst mal fassen , bevor sie Pläne für die Gerichtsverhandlung schmiedeten.
    Der Fotograf schoss noch eine Serie von Aufnahmen, bevor er sich aufrichtete und seine teure Kamera von einem dicken Nylonriemen um den Hals baumeln ließ. »Fertig, Ma’am«, sagte er. »Jetzt gehört sie Ihnen.«
    Dana bedankte sich bei dem Mann und wandte sich an Brown. »Möchtest du das übernehmen, oder soll ich es tun?«, fragte sie.
    Brown runzelte die Stirn, und Dana zog die Augenbrauen zusammen. Ihr Partner sah im Moment gar nicht gut aus. Sein Gesicht – zumindest der Teil, der über der Papiermaske zu sehen war – wirkte blass, beinah grün. Auf seiner Stirn glitzerte eine dünne Schweißschicht. Im Weiß seiner erschöpften Augen waren winzige geplatzte Äderchen zu erkennen.
    So hart Brown äußerlich wirken mochte, Dana konnte nachempfinden, wie es ihm ging. Es spielte keine Rolle, wie lange man diese Arbeit machte – es schien nie leichter zu werden. In der Regel hatten sie in ihrem Beruf Tag für Tag mit Toten zu tun – keine besonders einfache Lebensweise.
    »Mach du das, Dana«, erwiderte Brown. »Ich glaube, ich bin vorhin mit den Händen am Fernseher gewesen. Dabei habe ich womöglich die Handschuhe kontaminiert.«
    Dana nickte. Sie wusste, dass Brown ihr nicht den Vortritt ließ, weil ihm die

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