Sieh dich um: Thriller (German Edition)
großer Dummkopf! Ich bin richtig gut darin, Geheimnisse zu bewahren! Alle in der Schule sagen das, sogar Brittany und Allison!«
Jack verdrehte die Augen. »Ja, sicher. Alle in der Schule sagen das? Sogar Brittany und Allison? Und wieso hast du bei Mom gepetzt, als ich ihre Lieblingstasse zerbrochen habe? Damals konntest du Geheimnisse nicht besonders gut für dich behalten, oder?«
»Das war was ganz anderes!«
»Wieso?«
»Damals war ich noch ein Kind!«
Jack lachte laut auf; er konnte nicht anders. Solange er sich zurückerinnern konnte, hatte allein Mollys Anwesenheit gereicht, um seine Stimmung zu bessern, und genau das brauchte er im Moment. Mehr als alles andere war ihm bewusst, dass er seine bevorstehende Mission mit einem klaren Kopf angehen musste, und so half sie ihm indirekt schon jetzt, ob sie es wusste oder nicht.
»Also schön, kleine Klugscheißerin«, erwiderte er. »Wie du meinst.«
Molly brachte ihr kleines Gesicht dicht vor das seine. Sie meinte es todernst, so viel stand fest. »Ehrlich, Jack!«, beharrte sie. »Ich kann Geheimnisse richtig gut für mich behalten! Ich verspreche es! Du kannst mir vertrauen.«
Jack sah seiner kleinen Schwester tief in die hellblauen Augen. Reine Unschuld starrte aus ihnen zurück. Molly war unübersehbar verärgert, weil er sie indirekt als Tratschtante bezeichnet hatte, und wie es schien, wollte sie diesen Titel so schnell wie möglich wieder ablegen. » Schwörst du, dass du ein Geheimnis für dich behalten kannst?«, fragte Jack und hielt ihren Blick fest.
»Ja! Ich schwöre!«
»Hand aufs Herz?«
Molly nickte. »Und Nadel ins Auge.«
»Beide Augen?«
»Ja.«
»Schwörst du bei Gott?«
Molly zögerte. Mit einem Mal wirkte sie, als wäre sie soeben vor Gott höchstpersönlich berufen worden. Jedenfalls hatte der Religionsfaktor den Einsatz für sie offensichtlich beträchtlich erhöht, und nach dem Ausdruck in ihren Augen zu urteilen, wollte sie sich vollkommen sicher sein, bevor sie antwortete. In ihrem jungen Geist konnte dies zwischen ewigem Leben im Himmel oder ewiger Verdammnis in der Hölle entscheiden. Nach einigen Sekunden sorgfältiger Abwägung stieß sie schließlich den Atem aus. »Ja, Jack«, sagte sie. »Ich schwöre es bei Gott.«
Jack musterte das Gesicht seiner kleinen Schwester. In ihren Augen war keine Spur von Unehrlichkeit zu entdecken. In diesem Moment wusste er, dass er ihr sein Leben anvertrauen konnte. Und das war gut – möglicherweise würde er das schon sehr bald tun müssen. »In Ordnung, Molly«, sagte er schließlich. »Das freut mich zu hören. Weil wir beide alles sind, was wir jetzt noch haben.«
Molly schürzte die Lippen, schüttelte verärgert den Kopf und schleuderte ihm einen Blick zu, der Wasser zu Eis erstarren lassen hätte. »Nein, sind wir nicht, Jack!«, widersprach sie empört. »Du hast unsere Mami vergessen!« Molly verstummte kurz, und die Zornesfalten in ihrem Gesicht vertieften sich noch mehr. »Vergiss unsere Mami nie wieder, hörst du? Das ist überhaupt nicht nett, und außerdem kommt sie schon bald, um uns zurückzuholen. Das hat sie selbst gesagt.«
Verhärtete Seele oder nicht, bei ihren Worten brach Jack ein klein wenig das Herz. Das arme Kind . Molly würde am Boden zerstört sein, wenn sie erfuhr, dass ihre Mutter niemals kommen würde, um sie zu holen. Nicht mehr kommen konnte . Nicht heute, nicht morgen, nicht an irgendeinem anderen Tag für den Rest ihres Lebens. Er wollte nicht derjenige sein, der es ihr sagen musste. Das wäre, als stieße er ihr ein Messer in die Brust. Also schüttelte er nur den Kopf, statt ihr mitzuteilen, was er wusste. »Keine Sorge, Molly«, sagte er. »Ich habe Mami nicht vergessen. Ich meinte damit nur, dass wir jetzt gerade alles sind, was wir haben.«
Molly entspannte sich ein wenig. Anscheinend hatte sie seine hastige Ergänzung beruhigt. Er legte den Arm über ihre knochige Schulter, und sie setzte sich auf seinen Schoß. »Also«, sagte sie ungeduldig. »Verrätst du mir jetzt dein großes Geheimnis oder nicht? Worum geht es überhaupt, hm? Hast du dich in ein Mädchen verliebt oder was?«
Molly blinzelte, dann lachte sie fröhlich und rief: »Das ist es! Das ist es! Du magst ein Mädchen!«
Jack grinste. »Wie hast du das erraten?«
Molly kicherte weiter. »Ich hab’s dir einfach angesehen«, sprudelte sie mit der atemberaubenden Geschwindigkeit eines aufgeregten achtjährigen Mädchens hervor. Ihre Worte überschlugen sich förmlich, als
Weitere Kostenlose Bücher