Sieh dich um: Thriller (German Edition)
überglücklich gewesen, als im Dakota Building ein Appartement zum Verkauf gestanden hatte – eine der berühmtesten Adressen der Stadt und der Ort, an dem Mark David Chapman, unter dem Arm seine geliebte eselsohrige Ausgabe von Salingers Der Fänger im Roggen , am 8. Dezember 1980 John Lennon vor den Augen der entsetzten Yoko Ono mit vier Kugeln hinterrücks niedergeschossen hatte.
Apartment war vermutlich nicht der richtige Ausdruck, wenn es um das Dakota ging. Es war weit mehr als das: ein Palast. Das ehrwürdige Gebäude an der Ecke 72nd Street und Central Park West beherbergte fünfundsechzig Wohneinheiten von vier Zimmern bis hin zu zwanzig. O’Haras Unterkunft gehörte selbstverständlich zur größten Kategorie. Das im Jahr 1884 fertiggestellte Dakota Building verdankte seinen Namen der Tatsache, dass es damals so abgelegen und so weit entfernt vom Zentrum New Yorks lag wie das Dakota-Territorium. In seinen frühen Tagen hatte das Dakota einen Spielsalon sowie einen Turnsaal im zehnten Stock beherbergt, außerdem eine separate Garage für die Kutschen und Pferde der Bewohner und Tennisplätze sowie Krocketrasen hinter dem Haus. Der berühmte Garten existierte nach wie vor, ein beliebter Ort für Picknicks und ungestörtes Lesen.
Von außen war das Dakota mit seinen Spandrillen aus Terrakotta, den hoch aufragenden Giebeln und Balustraden und dem makellos gepflegten Grundstück unbestreitbar atemberaubend. Genauso beeindruckend war das Innere des Gebäudes – vor allem O’Haras Wohnung.
Mit reichlich Blut, Schweiß und Tränen – ganz zu schweigen von Wagenladungen von Geld – hatte O’Hara das Apartment zu seinem Prestigeprojekt erhoben, zu seinem Stolz und seiner Freude. Die Böden der zwanzig Zimmer bestanden aus den teuersten Hölzern, die der Markt zu bieten hatte, darunter Mahagoni, Eiche und Kirsche. Die Deckenhöhe maß durchgängig viereinhalb Meter. Im Salon hingen drei Picassos neben zwei Van Goghs und einer Georgia O’Keefe – allein die sechs Gemälde stellten einen Wert von knapp dreißig Millionen Dollar dar, nach jedem Maßstab eine stattliche Summe.
O’Hara presste zufrieden die Lippen aufeinander. Es war ihm zwar noch nicht gelungen, Lennons tatsächliche Wohnung zu erwerben, doch er war ihr für den Augenblick nah genug, um Lennons legendäre Energie durch die Wände hindurch zu spüren , und das musste vorerst genügen. In der Zwischenzeit verhandelte er weiter mit dem gegenwärtigen Besitzer über die Möglichkeit, die prestigeträchtige Immobilie zu kaufen. Sein letztes diesbezügliches Angebot waren glatte sieben Millionen Dollar gewesen – volle zwei Millionen über dem letzten Verkaufspreis der Wohnung –, und der asiatische Software-Tycoon, dem sie gehörte, schien zunächst ins Wanken zu geraten. Leider war er letztendlich nicht gefallen – noch nicht. Doch O’Hara wusste, wenn er den Druck aufrechterhielte, würde er spätestens bis Ende des Jahres in Lennons alter Bleibe leben. Druck war schließlich das wichtigste Argument bei Geschäften. Druck, Druck und nochmals Druck. Und wenn das nicht funktionierte, erhöhte man den Druck noch ein wenig mehr.
Nein, es sollte nicht mehr lange dauern.
Mit seinem Wohnsitz im Dakota hatte sich O’Hara bereits in einer langen, mit Stars gespickten Liste früherer und aktueller Bewohner verewigt, darunter so berühmte Persönlichkeiten wie Judy Garland, Lauren Bacall und Boris Karloff.
Allerdings wusste jeder, dass Lennons alte Wohnung das wahre Prunkstück im Dakota darstellte. Es war die Wohnung, die jeder wollte, nach der jeder gierte. Von Musikverrückten über Leute, die berühmt werden wollten, bis hin zu kalten, berechnenden Investoren, denen es ausschließlich um den möglichen Profit ging – Lennons Apartment galt als der Heilige Gral des Immobilienmarkts von New York City. Wieso auch nicht? Man stelle sich nur vor, dort zu leben, wo sich der berühmteste der »Fab Four« nachts schlafen gelegt und im süßen Schlummer Klassiker wie Instant Karma! , Whatever Gets You Thru The Night , Watching The Wheels oder Mother erträumt hatte. Wie cool wäre das?
Verdammt cool, daran bestand kein Zweifel. Cool genug, um O’Hara ernsthaft überlegen zu lassen, ob er jemanden ermorden sollte, um an die Wohnung zu gelangen. Er hoffte nur, dass es nicht so weit kommen würde.
Er schlug sofort den Kleinanzeigenteil der Zeitung auf, schob seine Schildpatt-Lesebrille auf dem Nasenrücken zurecht und suchte die Spalten
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