Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Natur – erst recht nicht, wenn es um etwas so Schreckliches ging.
    Nun, drei Tage später, saßen Dana und Brown in einem beengten weißen Lieferwagen in der Colfax Avenue gegenüber von Luigi’s Deli mitten in Manhattan und lauschten, wie zwei der berüchtigtsten Gangster der Vereinigten Staaten dreist ihre illegalen Geldwäscheaktionen besprachen. Im Verlauf des Anrufs von Krugman waren Dana und Brown sofort einem anderen Fall zugeteilt worden und hatten die Plätze mit zwei anderen Agenten getauscht, die gegen das organisierte Verbrechen in New York ermittelten. Absolut nicht das, was Dana sich gewünscht hätte, aber was konnte sie dagegen tun? Abgesehen davon war es immer noch wesentlich besser, als Basketbälle vor der Turnhalle der FBI-Akademie auszuteilen. Wie der alte griechische Hotdog-Verkäufer gesagt hatte – es könnte immer noch schlimmer sein.
    Und dennoch …
    Dana schüttelte den Kopf und richtete das starke Mikrofon neu aus, das durch ein kleines Loch in der Seite des Vans lugte, um die Unterhaltung der beiden Kriminellen besser verfolgen zu können. Es war nicht einfach. Der scheinbar endlose Strom des Verkehrs und der Fußgänger auf der geschäftigen Straße sorgte für genug akustische Störungen, um ein Marilyn-Manson-Konzert im Vergleich dazu wie einen stillen Gebetsraum in einem Kloster erscheinen zu lassen. Laut der Werbung für das Richtmikrofon sollte man damit in der Lage sein, einen Truthahn in hundert Metern Entfernung durch den Wald laufen zu hören. Dana wusste nicht, wie das funktionieren sollte – es sei denn, es handelte sich um einen Vierhundert-Kilo-Truthahn.
    Bevor sie sich auf den Weg zu Luigi’s Deli gemacht hatten, waren Dana und Brown zur New Yorker Außenstelle gefahren, um sich einen Überwachungswagen zu besorgen und den alten, verbeulten Ford Focus abzugeben. Nur hatten sie in ihrem Fall einen geradezu grotesken Abklatsch von einem Überwachungswagen bekommen.
    Einige Kollegen der Außenstelle hatten Dana und Brown mit kritischen Blicken gemustert, als sie aufgetaucht waren, offensichtlich neugierig, wie es sich anfühlte, von diesem wichtigen Fall abgezogen worden zu sein. Glücklicherweise hatte sich niemand erdreistet, die Frage laut zu stellen. Danas Antwort wäre sicher nicht politisch korrekt ausgefallen.
    Der Überwachungswagen war wirklich ein Witz. Und kein komischer. Leider war es der einzige Wagen, der zur Verfügung stand, wie ihnen der leitende Agent der New Yorker Außenstelle versichert hatte.
    Zwar säumte neueste Abhörtechnik den Heckbereich des Vans, aber an beiden Außenseiten prangte die Aufschrift »Jimmys Klempnerdienst« so auffällig wie eine blinkende Neonreklame in Las Vegas. Anfangs hatte Dana befürchtet, die Aufmachung wäre für jeden, der in seinem Leben schon einen Krimi gesehen hatte, so offensichtlich, dass sie ebenso gut »FBI« auf den Wagen hätten sprühen können, um ihre Anwesenheit anzukündigen.
    Doch inzwischen kauerten sie bereits zwanzig Minuten im Heck des Wagens und belauschten unbemerkt Mario »Bones« Garabaldi und Joey »Fingers« Baldarama, die sich völlig unbekümmert über ihre Pläne unterhielten, ihr Drogengeschäft auszuweiten. Die beiden schienen nicht besonders aufmerksam zu sein, aber stellte das eine Überraschung dar? Soweit Dana wusste, brauchte man keinen Universitätsabschluss, um Ganove zu werden.
    Dana warf einen Blick nach links zu Brown. Ihrer beider Karrieren hatten soeben einen überaus ungünstigen Verlauf genommen, und die Gedanken, die sie bewegten, schienen kristallklar zu sein: Wie konnten sie den Fall des Schachbrett-Mörders zurückerlangen? Wie konnten sie sich je rehabilitieren?
    Dana schloss die Augen und drückte sich die Kopfhörer fester auf die Ohren. Drauf gepfiffen. Nun waren sie hier, also sollten sie die Zeit nutzen und so viele Informationen wie möglich sammeln. Und die Mafiosi lieferten reichlich interessante Details, so viel stand fest – auch wenn es sich für Dana anfühlte, als hätte sie ein neues Buch angefangen, ohne das vorherige zu Ende gelesen zu haben.
    Garabaldi und Baldarama hatten vor, weitere nach außen hin unscheinbare Geschäfte überall in der Stadt zu kaufen und als Fassaden zu benutzen, um Kokain, Heroin und Crystal Meth an die drogenabhängigen Mitbürger der berühmtesten Stadt der Welt zu verticken, während sie gleichzeitig den Ursprung ihrer illegalen Gewinne vor den neugierigen Augen der Steuerbehörden verschleierten. Das alte Lied.
    Dana