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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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in einen Zeitungsladen, kaufte eine Packung Zigaretten, riß sie auf und zündete mir draußen im Getriebe der Straße eine an. Der Tabakgeschmack war unerklärlich bitter in meinem Mund. Leute schoben sich an mir vorbei, aber ich rührte mich nicht. Ich dachte nach und fragte mich, ob Charlies Beute noch unter dem Sofa lag oder ob Pal Kuthy bereits die ganze Lieferung übernommen und Charlie beschlossen hatte, das Spiel abzusagen. Außerdem hatte ich Hunger, und der eklige I Geruch von Zuckergebäck in der feuchten Luft trieb ; mir das Wasser in den Mund. Normalerweise vertrug ich das Zeug nicht, aber jetzt verlangte ich nach einem überdimensionierten Kokosnußteilchen mit einer leuchtenden roten Kirsche oben drauf. Doppelt beunruhigend war der Umstand, daß ich es mit Thunfisch wollte.
     
    Ich aß das Teilchen und die Dose Thunfisch auf einer Holzbank am Soho Square, wo die Fahrradkuriere in ihren leuchtfarbigen kurzen Hosen und Westen herumsaßen und die Penner gern die Zeitung von gestern auf den Bänken auslegten und triefäugig die Passanten anstarrten. Jetzt, wo es aufgehört hatte zu regnen, war es heiß. Der taschentuchgroße Park dampfte ein bißchen in der Sonne, während die Luft die Feuchtigkeit aus dem nassen Gras und von den perlgrünen Schößlingen auf den Blumenbeeten sog. Die zersplissenen Stämme zweier großer Birken standen an der Nordseite der Beete wie die Fingerstümpfe eines alten Soldaten. Diese beklagenswerten Riesen waren dem Orkan zum Opfer gefallen, der im letzten Herbst durch Südostengland getobt war. Er hatte Wälder gefällt, die ein Jahrtausend überlebt hatten, hatte sie zu Streichhölzern zersplittert und Bäume mitsamt ihren uralten Wurzeln aus dem vom Regen aufgeweichten Boden gerissen. Dieses mächtige Unwetter war ein Zeichen der Zeit gewesen, ebenso sicher, wie wenn die Himmel den Tod von Fürsten mit Fanfarenstößen ankündigten. Denn während der Wind geheult hatte, hatte die City sich gegen einen elektronischen Sturm ganz eigener Art gestemmt, so zerstörerisch wie jedes erdenkliche natürliche Unwetter. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden waren die weltumspannenden Maschinen, die den Reichtum der Nationen berechnen, mit den internationalen Aktienmärkten zusammengebrochen. Das finanzielle Freibeutertum des letzten Jahrzehnts war mit einem Windgetöse zu Ende gegangen, in dem beinahe das Kontor eingestürzt wäre.
    Shinichro hatte recht. Man konnte meinen, die Japaner wären verantwortlich für das ganze Defizit der USA. Die wenig schmackhafte Tatsache aber war, daß die amerikanischen Produzenten nicht leistungsfähig genug waren. Die Amerikaner hatten ein überwältigendes Handelsdefizit, weil das Management ihrer Produktionsressourcen schlecht war und weil sie finanziellen Raubrittern erlaubt hatten, ganze Industrien um kurzfristiger Geldgewinne willen zu schwächen. Die Dollarabwertung des Jahres ’86, die den Export nach Japan hatte stärken sollen, war so wirkungsvoll gewesen wie das Spucken in eine steife Meeresbrise. Sie senkte die Kosten US-amerikanischer Rohmaterialien für Japan um zwei Drittel und die amerikanischen Einkünfte um ebensoviel. Japan war jetzt die Nummer eins, Händler und Banker für die ganze Welt, wenngleich Japan es anderen überließ, das zu sagen, mit ressentimentgeladenem Gejammer.
    Ich hatte auch gejammert. Ein Satz nur, und er hatte es gemerkt. Jetzt war die Stelle, wo ein kleiner Graben aus Xenophobie uns getrennt hatte, von meinen hastigen Worten vernebelt.
    »George, George.«
    Eine große Hand rüttelte an meiner Schulter. Ich öffnete die Augen. Der Park war fast leer, und zwei schwarze Hosenbeine und eine weiße Plastiktüte von Virgin verdeckten mir teilweise die Sicht. Es klapperte blechern, als ein großer, glänzender Schuh gegen etwas unter der Bank stieß. Ich richtete mich auf und griff nach meiner Schultertasche, die Richard Munroe mir entgegenhielt.
    »Dieses Special Brew ist ein bißchen zu stark, um es in der prallen Sonne zu trinken, was, Schätzchen?« sagte er.
    »Unverschämtheit. Wie spät ist es?«
    »Halb sechs. Lust auf ’ne kleine Nachfüllung?«
    »Ich bin eben eingeschlafen, weiter nichts. Special Brew. Herrgott noch mal. «
    Richard lachte und setzte sich neben mich; er stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel und ließ die Plastiktüte zwischen seinen massigen, sportgestählten Beinen baumeln. Geduldig wartete er, während ich den Inhalt meiner Handtasche überprüfte.
    »Noch alles da?«
    »Ja,

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