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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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die Hände vor dem Unterleib gefaltet.
    »Ich konnte die Nummern nicht besorgen. Die Chips waren nicht da«, sagte ich.
    Ungerührt wandte er sich ab und ging hinaus in die Diele. Ich hörte die Männerstimmen im Wohnzimmer. Hiroshi schien sich über irgend etwas köstlich zu amüsieren, bis Shinichro ihn mit ein paar barschen Worten zur Ordnung rief. Ich hörte, wie Shinichro den Telefonhörer abnahm und ein Taxi rief. Dann kam er mit einem großen, eiswürfelklirrenden Scotch zurück und stellte ihn auf den Tisch. Ich schob ihn weg.
    »Wieso schiebst du mich hierher ab? Erzähl ihm, wer ich bin, und dann macht weiter, was ihr zu machen habt. Ich werde euch nicht stören.«
    Shinichro wollte nicht antworten; er wandte sich ab.
    »Sag ihm, wer ich bin«, beharrte ich.
    »Du hast dich bereits sehr gut selbst bekannt gemacht.«
    »Ich meine, du sollst ihm sagen, wer ich bin. Was ich für dich bin.«
    »Ich habe ihm gesagt, was du bist.«
    »Eine Gaijin ?«
    Er schürzte die Lippen und machte schmale Augen. »Das ist die Wahrheit, Georgina.«
    Ich starrte in sein fremdartiges Gesicht und suchte nach einem Funken Zärtlichkeit, aber da war nichts. Sein Schweigen ärgerte mich. Am liebsten hätte ich ihm eine Ohrfeige gegeben, um ihm weh zu tun und die stumpfe Pokermiene aus seinem Gesichtzu wischen, aus diesem Gesicht mit den geschwollenen, lidüberschatteten Augen und den hohen, buschigen Brauen, hart wie ein Schild.
    »Küß mich«, sagte ich.
    »Ein andermal«, sagte er und schob den Scotch über den langen Tisch zu mir zurück.
     
    Ich saß zwanzig Minuten allein in der Küche. Die beiden Männer im Wohnzimmer waren mucksmäuschenstill, während sie warteten. Als es an der Tür klingelte, tappte Shinichro auf seinen Slippern durch die Diele, um mich aus meiner Quarantäne zu befreien. Ich goß den Scotch ins Spülbecken, stopfte mir die Weste in die Jeans und stolzierte an ihm vorbei; dabei stieß ich ihm mit steifen Fingern gegen die Brust.
    »Du kleiner Scheißkerl«, sagte ich.
    Seine Hand packte mich und riß mich hart herum. Er schlug mir zweimal hart ins Gesicht, daß mir der Kiefer herunterklappte, bevor er meine Arme herunterbog und an meinen Körper drückte. Mir war schwindlig von den Schlägen, und ich war so schockiert von dem brennenden Schmerz, daß ich anfing, zu heftig und zu schnell zu atmen, bis seine leise Stimme und der feste Blick seiner schwarzen Augen meine Aufmerksamkeit fesselten.
    »Sieh mich an. Ja. Sieh mich an. Atme durch die Nase ein. Eins. Aus. Zwei. Langsam, eins. Zwei. Eins. Zwei. Eins. Zwei. Gut. Und jetzt geh.«
     

 Am nächsten Morgen war mir flau, obwohl es nicht hätte sein dürfen. Ich überlegte, wieviel ich mit Richard im Pub getrunken hatte. Drei Flaschen Becks und fast keine Zigaretten; ich war praktisch enthaltsam gewesen. Ich schob es auf das Essen und die Sonne. Ich hätte den Thunfisch nicht essen sollen, nicht mit dem Kokosgebäck, und ich hätte in dieser Hitze nicht im Park schlafen sollen. Das Schrillen des Telefons störte mich in meiner brütenden Innenschau. Es war elf Uhr, und Charlie war dran, er redete schnell und drängend.
    »Hast du meine Nachricht nicht gehört?«
    »Ich war gestern abend zu müde, um den Anrufbeantworter noch abzuhören. Was gibt’s denn?«
    »Die Chips sind weg.«
    »Weg?«
    »Weg. Geklaut.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Jemand ist hier eingebrochen, hat die Wohnung auf den Kopf gestellt und den Schlüssel und die Schließfachnummer mitgenommen.«
    »Wann?«
    »Gestern, während ich im Büro war.«
    »Hast du die Polizei informiert?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Sie wollen wissen, wieso du gestern in der Bank warst.«
    Mein Herz schlug ein bißchen schneller.
    »Ach.«
    »Ja. Ach. Aber sag mir, Georgina, bedeutet das >Ach du lieber Gott!< >Ach, wirklich?< oder >Ach du Scheiße!    »Hör mal... ich kann das erklären.«
    »Sie wollen wissen, weshalb du am Schließfach warst und ob die Chips noch da waren, als du dran warst.«
    »Nein, waren sie nicht.«
    »Und wieso hast du nichts gesagt?«
    »Ich dachte, du hättest sie an Kuthy verkauft. Ich habe deine Unterschrift im Buch gesehen und dachte, du wärst dagewesen.«
    »Das war nicht meine Unterschrift.«
    »Hab’ ich nicht gemerkt.«
    »Du und diese Pißgesichter in der Bank. Ich muß dich sehen.«
    »Charlie, mir ist ein bißchen schlecht.«
    »Kannst du mir dann ja erzählen.«
    Wir verabredeten uns zum Lunch. Ich legte auf und hörte sofort den Anrufbeantworter mit den Nachrichten

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