Sieh mich an, Al Sony
dem Schlafengehen, der einem den Atem verschlug. Tatsache war, wenn man allein eine Literflasche Wein trank, mußte man damit rechnen, einen ausgewachsenen Kater zu kriegen. Was ich wirklich wissen wollte, war, wie man die grausige, schmerzhafte Übelkeit wieder vertreiben konnte. Ich mußte etwas essen, aber im Kühlschrank war nichts, woraus man die Mahlzeit hätte zubereiten können, die ich brauchte. Ich brauchte Thunfisch mit Pasta, gefolgt von Erdbeer-Makrönchen. Ich mußte losziehen und die perfekte Kombination aus Eiweiß, Kohlenhydraten und Zucker finden, die diese kleine Kreatur tief in mir brauchte und mich begehren ließ, aber ich wollte nicht zusammen mit Pal danach suchen. Er schob den Aschenbecher zwischen uns und bot mir eine Zigarette an. Ich schüttelte
den Kopf.
»Hübsch haben Sie’s hier«, sagte er.
»Verglichen womit? Mit ’nem Vorort in Miskolc?«
»Es ist ein Palast im Vergleich zu allem dort. Der Samtvorhang gefällt mir. Der Teppich ist auch hübsch. Sie haben einen guten Geschmack.«
»Es ist nicht mein Geschmack. Der Mann, der hier vorher gewohnt hat, dachte sich, es könnte mir gefallen. Es war sein Abschiedsgeschenk.«
Pal bemerkte meinen bitteren Ton und wechselte das Thema. Er deutet auf das, was ich anhatte.
»Das ist auch sehr schön. Ein Kimono, ja?«
»Nein. Ein Ankleidemantel, ein Yukata. «
»Japanisch?«
»Ja.«
»Ein Geschenk?«
»Ja.«
»Sexy.«
Ich raffte den Yukata vorn fest zusammen und setzte mich ihm gegenüber in den Sessel, um aus meiner Tasse zu trinken. Sein Ellbogen ruhte auf der breiten Sofaarmlehne, und seine goldberingten Finger lagen an seiner Stirn, so entspannt wie ein Kater in der Astgabel eines schattigen Baumes.
»Charlie sagt, er glaubt nicht, daß Sie im Moment jemanden haben.«
»Charlie würde darüber nichts wissen. Was geht es Sie an?« erwiderte ich.
»Haben Sie jemanden?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Entschuldigung. Habe ich Sie mit dieser Frage verärgert?«
»Pal. Was wollen Sie hier?«
»Sie wiedergutmachen.«
»Was?«
»Sorry. Ich will es wiedergutmachen.«
»Was denn wiedergutmachen?«
»Daß ich gestern grob zu Ihnen war.«
»Schon okay. Das ist mit dem Kaffee erledigt. Danke, daß sie hereingeschaut haben. Wenn Sie ausgetrunken haben, können Sie gehen.«
Bevor Pal sich schlüssig werden konnte, ob er mich ernst nehmen sollte oder nicht, klingelte es. Wieder spähte ich durch den Spion, und diesmal trat ich einen Schritt zurück. Es war Shinichro. Ich wollte nicht, aber ich öffnete. Er roch nach Bier, und er konnte über meine Schulter sehen. Ich drehte mich um. Pal stand mitten im Zimmer, das Jackett zurückgeschlagen, die Sonnenbrille im Kragen seines Ralph-Lauren-Polohemds, die Hände in den Hosentaschen, die Beine gespreizt.
»Komm herein«, sagte ich, aber Shinichro rührte sich nicht. Sein Blick wanderte an meinem Yukata herunter, seinem Geschenk für mich, und dann hinauf zu meinem feuchten Haar. Dann schaute er wieder über meine Schulter zu Pal und der Flasche, und sein Gesicht war blaß vor Wut, obwohl nicht einmal ein Fältchen die glatte Ruhe seiner Züge störte. Seine schwarzen Augen glitzerten, und seine Stimme war leise.
»Verzeih mir. Du hast Gesellschaft.«
»Er geht gerade. Komm herein; ich muß mit dir sprechen.« Ich streckte die Hand aus, aber er hatte sich bereits mit einer Verbeugung abgewandt. Ich rief seinen Namen, aber er ging schnell weiter.
»War das Ihr Mann?« fragte Pal und bot mir wieder eine Zigarette an. Ich wollte gern rauchen, aber ich hatte Angst vor dem Geschmack und fürchtete für meinen empfindsamen Magen. Ich erinnerte mich an eine Gesundheitsaufklärungsbroschüre, die ich in der Apotheke gelesen hatte; sie hatte von den Gefahren des Rauchens in der Schwangerschaft gehandelt. Es konnte dem Baby schaden, langfristig. Trinken auch und schlechte Ernährungsgewohnheiten; nichts davon war gut für einen Embryo, langfristig gesehen, aber welche Bedeutung hatte irgend etwas davon im Vergleich mit dem, was ich kurzfristig plante?
»Nein, clanke, ich versuche, es mir abzugewöhnen«, sagte ich. Er ließ seine Zigarette aus dem Mundwinkel hängen und zündete sie an, und dabei wandte er den Blick seiner lachenden Augen nicht von mir.
»Ist er der famose Al Sony?« fragte er.
»Sein Name ist Saito.«
»Häufiger Name.«
»Shinichro Saito.«
»Ah. Ein ältester Sohn. Ein Mann mit Verantwortung. «
»Was auch immer, er ist nicht Sony. Er wird am Freitag zu keinem
Weitere Kostenlose Bücher