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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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würde ich sagen.«
    »Eine Million Dollar?«
    »Für Charlies Drams. Sie wollen sie doch kaufen, oder?«
    »Ich habe ein gutes Geschäft. Ich baue billige PC-Klone und verkaufe sie in Osteuropa. «
    »Hab’ ich gehört. Aber wie halten Sie sich gegen die Big Boys, die jetzt mit ihren Low-End-Produkten auf diese Märkte drängen, nachdem alles ein bißchen lockerer geworden ist?«
    »Keine Konkurrenz. Sie sind zu teuer. Hohe Qualität, ja, aber zu teuer. Ich mache billige Geräte und lasse sie aussehen wie IBM.«
    »Ein-Megabit-Drams dürfen Sie aber immer noch nicht kriegen.«
    »Hören Sie, High-Tech-Produkte kriegen wir seit Jahren. Seit Jahren. Das ganze Embargo war eine Farce.«
    »Sie haben sie gestohlen und kopiert.«
    »Und gekauft. Aber wen interessiert das noch? Gorbatschow und Reagan werden sich am ersten Januar ein Glückliches Neues Jahr wünschen.«
    »Und in Ostdeutschland haben sie vor rund einem Monat die Dissidenten verhaftet.«
    »Und in Ungarn sind zehntausend Menschen durch Budapest marschiert und haben Pressefreiheit und politische Reformen gefordert. Und niemand wurde verhaftet. Die Zeiten haben sich geändert, für uns alle.«
    Ich legte mein Besteck auf den leeren Teller, wischte mir den Mund ab und blickte auf. Pal grinste nicht mehr. Sein Blick war eindringlich und aufrichtiger.
    »Ich verstehe, was Sie sagen. Das System wird sich ändern, und da das ganze High-Tech-Embargo vielleicht aufgehoben werden wird, warum soll man da nicht zuschlagen?«
    >Ja, warum nicht?«
    »Weil Charlie immer noch ins Gefängnis kommen könnte.«
    »Weil Sie sein Bild in die Zeitung gebracht haben und Jetzt jeder weiß, daß er diese Chips hat.«
    »Okay. Mea culpa. Es ist passiert. Aber jetzt werden Zoll und Steuer wissen wollen, wo sie geblieben sind.«
    »Die Polizei wird ihnen erzählen, daß sie gestohlen wurden.«
    »Praktisch. Und wer hat sie, Pal? Sie?«
    Pal lachte laut; man sah seine Zahnlücke und die Goldfüllungen. Er packte meine Hand und quetschte sie hart mit seinen goldenen Ringen.
    »Ich wünschte, ich hätte sie. Nein, ich habe sie nicht.«
    »Ich auch nicht.«
    »Sie auch nicht. Das wußte ich.«
    »Wann?«
    »Als Sie es sagten- Ich wollte nur spielen.«
    »Wer hat sie dann?«
    »Der hochberühmte Mr. Al Sony natürlich.«
     

  So, wie Pal die Sache darlegte, konnte es stimmen. Al Sony, sagte er, müsse ein Graumarkthändler sein. Er kenne den Typ, sagte er, weil er dauernd mit ihnen zu tun habe. Die großen Computerfirmen pflegten ihre Chips direkt von den führenden Chipherstellern zu kaufen, damit sie wußten, was sie zum vereinbarten Preis bekamen. Auf dem grauen Markt mit seinem System von — legalen und illegalen — Zwischenhändlern bedienten sie sich nur bei Engpässen. Dieses Jahr hatten sie es alle getan. Ein paar große Computerhersteller hatten sich sogar in Chipfirmen eingekauft, um ihre Versorgung sicherzustellen.
    Der kleine Käufer, der es immer eilig hatte und sowieso nicht über großen Einfluß verfügte, konnte keine Großaufträge vergeben. Er nutzte den grauen Markt, uni sich einzudecken, und zwar zu einem besseren Preis als auf dem »Spotmarkt«, wo die Hersteller ihre Chips auf legitime Weise zum Tagespreis verkauften. Der Chipmangel hatte alle dazu gezwungen, in dieses Revier einzufallen wie eine Hundemeute, die sich auf einen Kadaver stürzte. Pal hatte gesagt, er habe dort natürlich schon immer eingekauft und seine Geschäfte mit den Maklern gemacht, die Siliziumchips vertrieben wie Großhändler. Wenn der Marktpreis wirklich niedrig war, mußten die Chips gestohlen sein, aber er hatte es nie für seine Pflicht gehalten, die Polizei darauf aufmerksam zu machen, auch wenn ein paar weniger verwundbare Einkäufer das vielleicht getan hatten. Meistens allerdings stellte kein Mensch Fragen. Tatsache war, ein paar Chips waren schon immer zur Hintertür herausgekommen. Gute Chips wurden mit defekten gemischt, mit Ausschuß und sogar mit den »partials«, den unvollständigen Chips vom Rand einer runden Wafer. Wer würde das erkennen, wenn diese Rohchips erst in ihre schwarzen Antistatic-Gehäuse eingesetzt waren, aus denen Elektroden herausschauten wie silberne Tausendfüßlerbeine? Die Branche hatte immer schon an »Schwund« dieser Art gelitten; nur war es jetzt schlimmer denn je, denn die Preise hatten abgehoben wie Timothy Leary. Nie zuvor waren Drams in diesem Maßstab entwendet worden, schon gar nicht im großen Stil durch den Vordereingang, von Männern mit

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