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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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gewesen, die Seetangsäfte des Lebens, denen ich auf den Leim gegangen war, und jetzt war Ordnung in dieses Chaos gekommen. Ich hatte Pech gehabt, nicht Wahr? Die Evolution hatte mich erwischt, mich in ihrem unwiderstehlichen, kumulativen Prozeß im Laufe der Zeiten geschnappt, und aus dieser blöden Einfältigkeit würde etwas unglaublich Komplexes entstehen. Ich versuchte mir zu überlegen, wann es gewesen war. War es auf dem Tisch gewesen oder darunter, oder war es die Nummer mit dem Hut gewesen? Wie war es passiert? Mir? Mit Eddie hatte ich nie ein Kind gewollt, und ihn hatte ich geheiratet. Wir hatten uns immer abgesichert. Ich hatte aufgepaßt. Warren war gar nicht in Frage gekommen; wir hatten kaum angefangen, da war es schon vorbei gewesen, und mit den übrigen hatte ich mir nur die Zeit vertrieben. Ich bettele. Ich brauche einen guten Rat. Bitte, bitte. Die Stimme der Frau, bettelnd. Ich drehte mich um mich selbst, immer wieder, um und um, und i laute Musik überflutete mich. Daddy, ist es der, vordem du — mich immer gewarnt hast? Aber er hatte mich vor allen gewarnt, das war der springende Punkt, denn damit war es bedeutungslos gewesen. Ich war nie von jemandem abhängig gewesen, und jetzt würde ich um Hilfe bitten müssen. Würde ich mein Baby behalten? Mein Baby behalten ; Mmmmm. O nein, das konnte ich nicht. Oder doch?
     
    Das Klingeln der Türglocke weckte mich. Ich war mit dem Gesicht nach unten auf das Sofa gefallen und eingeschlafen. Es war noch nicht dunkel, aber ein matter, gelblicher Abenddunst erfüllte das Zimmer.
    »Moment, Moment«, schrie ich und taumelte zur Tür. Unterwegs warf ich einen Blick in den Wandspiegel; mein Schädel brummte, und mein verquollenes Gesicht trug rote Streifen, wo der Kopf schwer auf dem Arm geruht hatte. Ich sah auf die Uhr. Es war acht.
    »Sekunde noch«, rief ich. Ich strich mir ein paar kurze, zerzauste Haarsträhnen aus der Stirn, rieb mir das Gesicht mit beiden Händen und glättete meine struppigen Brauen. Dann spähte ich durch den Türspion. Ich sah eine dunkle Zeiss-Sonnenbrille und einen schwarzen Schnurrbart; fett wie ein Maulwurf schaute mir das Gesicht durch die Fischaugenlinse entgegen. Ich nahm die Kette ab und öffnete die Tür. Pal Kuthy schenkte mir ein breites, freundliches Grinsen.
    »Hallo«, sagte er.
    »Hören Sie, das ist kein guter Augenblick. Tut mir leid.«
    Pal trat um mich herum ins Wohnzimmer und schaute sich eingehend um.
    »Alles okay mit Ihnen?« fragte er.
    »Ein paar Freunde sind auf einen Schluck vorbeigekommen, wissen Sie.« Belustigt betrachteten seine blauen Augen erst mich, dann den Tisch. Er sah die leere Flasche und das eine Glas.
    »Schade, daß ich nicht schon eher gekommen bin. Tolle Party, was? Wie wär’s, wenn ich Ihnen einen Kaffee mache?«
    »Ich wollte gerade duschen.«
    »Nur zu. Es stört mich nicht.«
    »Woher haben Sie meine Adresse?«
    »Von Charlie.«
    »Super.«
    Ich zeigte ihm die Küche und ließ ihn den Kessel füllen, während ich mich ins Bad verzog. Ich stand unter dem rauschenden Wasserstrahl, drückte meine empfindlichen Brüste und strich mit der Hand nach unten und über die Rundung meines Bauches, glatt und glänzend unter dem Seifenschaum. Sechs Wochen, schätzte ich, und der kleine, aufgeblähte Sack Zellen, der sich in die weichen Wände meines Inneren eingegraben hatte, War noch nicht so groß wie ein Hühnerei. Er hatte blutrote Augen und streckte Röhren nach allen Seiten aus, um zu wachsen und sich zu nähren, wohlbehalten in der dehnbaren Fruchtwasserblase. Er hatte Händchen und Füßchen, aber ich wollte nicht daran denken. Ich hatte noch Zeit. Ich trocknete mich langsam ab und zog den seidigen blauen Bademantel über, den Shinichro mir geschenkt hatte.
    »Was suchen Sie denn?« rief Pal. Er war mit dem Kaffee, den er für uns gemacht hatte, im Wohnzimmer, während ich in der Küche mit den Schranktüren knallte.
    »Ich suche mein Paracetamol. Ich habe einen leichten Kater.« Leicht, wie in »fünfhundert Watt«.
    »Haben Sie Hunger?«
    »Großen.«
    »Daran liegt’s also. Man darf auf nüchternen Magen nicht trinken. Wie wär’s, wenn ich Sie zum Essen ausführe? Dann geht’s Ihnen besser.«
    Hatte dieser Mann sie noch alle? Ich wußte selbst, daß man auf nüchternen Magen nicht trinken durfte, ohne die Folgen in Kauf zu nehmen. Was konnte er mir schon erzählen? Ich war Expertin. Ich hatte schon alles ausprobiert — den halben Liter Milch vor dem Weggehen, den Liter Wasser vor

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