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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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Bauch, weil es ein so ungeheurer Witz war. Ich kam nicht mit.
    »Warum nicht?« fragte ich.
    »Weil er findet, ich bin schlimmer als Taubenscheiße, darum nicht. Haben Sie sein Gesicht nicht gesehen, als Sie sich verbeugten? Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, ernst zu bleiben.«
    »Stimmt. Hab’ ich nicht. Ich hab’s noch schlimmer gemacht für ihn, diesen eingebildeten Mistkerl.«
    Er hielt sich die Seiten vor Lachen, und seine Augen verschwanden in lauter Fältchen und tränten, so sehr erheiterte ihn das Ganze. Ich brachte nicht mal ein Lächeln zustande — im Gegenteil, mein Mund war zu einem jämmerlichen Schmollen erstarrt, während ich mir anhörte, wie er sich neben mir fast in die Hose machte. Dabei hielt er immer noch mein Bein umfaßt, und sein Hemdsärmel war hochgerutscht, so daß man die blaue Kurve eines Säbels sah.
    »Japaner. Sie müssen das verstehen. Er schaut auf mich herab. Er will nicht, daß ich weiß, daß er eine weiße Braut wie Sie hat, weil das was ist, was einer wie ich haben würde. Komisch, was? Und er will nicht, daß Sie ihm japanisch kommen, weil es nicht das ist, was er von Ihnen will. Und was machen Sie? Sie stellen sich selbst vor und verneigen sich wie eine brave Ehefrau in der Heimat. Wunderschön. Wunderschön. Er hat Sie dafür verhauen, nicht? Ganz recht.«
    Ich gab keine Antwort. Ich schaute durch die regennasse Scheibe hinaus zu den matt beleuchteten Schaufensterpuppen in den Auslagen entlang der Oxford Street. Ich hätte es wissen sollen, aber es war schwer, die feudale Rang- und Statusbesessenheit zu begreifen. Ich wußte, daß japanische Frauen eine ganz andere Sprache sprachen als japanische Männer. Shinichro hatte gesagt, daß ich die Sprache von ihm eigentlich nicht würde lernen können, ohne wie eine beinharte Lesbe zu klingen. Ich kannte alle diese Fakten, und ich wußte von den verschiedenen Klassen und Gruppen, aber ich verstand das alles eigentlich nicht, denn ich sah das Tatémete, nicht das Honne - den oberflächlichen Anschein, nicht die zugrundeliegende Wahrheit.
    »Woher kennen Sie einander?« fragte ich, als Hiroshi aufgehört hatte, zu lachen.
    »Wir machen Geschäfte miteinander.«
    »Chipgeschäfte?«
    »Er hat mit Komponenten zu tun, ich habe mit Komponenten zu tun.«
    »Waren es seine Drams, die Sie in Vegas verspielt haben? Seine Kunden, die Sie versetzt haben?«
    Hiroshi antwortete nicht. Wir hielten vor dem luxuriosen Foyer des Intercontinental, und der Türsteher rat vor, um die Wagentür aufzuhalten, und zwar mit umsichtig aufgespanntem Schirm, um uns vor dem Regen zu schützen. Die Tür hatte sich gerade geöffnet als Hiroshi mich zurückstieß, den Türgriff packte und sie wieder zuzog. Er reckte den Hals, um über mich hinweg durch das beschlagene Fenster des Taxis zu spähen, und sein Gesicht glänzte von Schweiß. Ich spürte den Druck seiner Finger an meinem Bein, obwohl seine Hand nicht mehr dalag. Er hielt den Türgriff fest und klopfte hart an die Trennscheibe zwischen uns und dem Fahrer.
    »Nicht anhalten. Weiterfahren. Nicht anhalten. Weiter, schnell«, sagte er. Dann sah er mich an. »Wo wohnen Sie? Shepherd’s — was? Wo?«
    »Shepherd’s Bush?« sagte der Taxifahrer.
    Hiroshi schaute aufgeregt nach hinten. Er hatte die Hand in die Jacke geschoben, aber er drückte sie nicht aufs Herz, sondern er suchte etwas, seine Brieftasche vielleicht oder einen Revolver, und es war ein Revolver, grau und stupsnasig, die stählernen Nasenlöcher schwarz wie rohes Eisen. Wen immer Hiroshi da gesehen hatte, er hatte mächtige Angst vor ihm, und allmählich bekam ich auch welche.
    »Wo denn in Shepherd’s Bush?« Der Fahrer bog links ab, am Marble Arch vorbei.
    »Sagen Sie’s ihm.« Hiroshi spähte durch die Regentropfen in die Park Lane hinter uns.
    »Kann ich hier aussteigen?« fragte ich.
    »Sagen Sie’s ihm.«
    »Bow«, rief ich zu dem Cabbie nach vorn. »Bow. Bringen Sie uns nach Bow.« Der alte Knabe knurrte vor sich hin, wir sollten uns verdammt noch mal entscheiden. Ich schaute zurück, ob irgend etwas von den drei Musketieren zu sehen war, die wir im Black Horse zurückgelassen hatten — aber hatte ich’s nicht geahnt? Es war immer noch niemand da. Aber wir waren nicht die einzigen, die hinter sich schauten. Der Fahrer schaute in den Rückspiegel zu Sano und mir, und was er sah, gefiel ihm nicht. Wir kamen bis Holborn; dann stieg er in die Bremsen und befahl uns, auszusteigen. Er kriegte fünfzehn Pfund und Streit mit

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