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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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zurückgehen zu lassen. Er öffnete die verquollenen Augen, um mein »Hallo« zur Kenntnis zu nehmen, aber er sagte nichts. Ich zog mir einen Stuhl heran, um mich zu setzen, und Shinichro blieb neben mir stehen, die stämmigen Beine leicht gespreizt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Charlie hob den Blick und eine schwere Hand.
    »Bevor du fragst, du Mistkerl... dem Finger geht’s prima«, sagte er. Shinichro verneigte sich knapp und höflich, und Charlie leckte sich die trockenen Lippen, bevor er weitersprach. Seine Stimme war brüchig vor Müdigkeit und Schmerzen.
    »Kniescheibe und Bänder hat er erledigt. Ich werde wochenlang in Gips liegen. Monate.«
    »Du kannst von Glück sagen, daß er dich nicht erschossen hat«, sagte ich.
    »Ich wünschte, er hätte es getan.«
    »Ist es so schlimm?«
    »Was glaubst du denn? Der Kerl hat meine Kniescheibe so arrangiert, daß sie nach hinten guckt. Klipp klapp — so wird sich das anhören, wenn ich die Straße runtergehe.«
    »Im Ernst. Er hätte dich erschießen können. Er hat eine Pistole.«
    »George, er ist ein Profi. Er hat das Werkzeug und die Methode für jeden Zweck. Ein richtiger Klempner. Der wird mich nicht erschießen.«
    »Weil du etwas hast, was er will, ja?«
    »Nein. Das hab’ ich dir gesagt..., und ich hab’s ihm gesagt... und ihm.« Er warf Shinichro einen Blick zu und ließ sich im Bett zurücksinken, die bleichen Arme schlaff zu beiden Seiten neben sich. Für zwei, drei Augenblicke kniff er die Lider zusammen, als wolle er den Schmerz damit blockieren. Als er sich ein bißchen erholt hatte, schaute er mich müde an. Auf seinem Schränkchen standen grüne Weintrauben. Charlie schwenkte den Arm in die Richtung.
    »Willst du? Nimm dir. Sie hat sie mitgebracht . Ich esse sie nicht; ’ne Kippe rauchen. Das will ich.« Debbie ignorierte die alles andere als zärtliche Bemerkung; sie sagte lediglich: »Das darfst du hier drin nicht.« Sie hob nicht mal den Kopf. Offenbar hatten sie sich gestritten.
    »Du wußtest von Anfang an, wer er war. Warum zum Teufel bist du nicht zur Polizei gegangen?« flüsterte ich.
    »Er wollte mir die Drams abkaufen, klar?«
    »Aber du hättest sie doch auch jemand anderem verkaufen können.«
    »Nicht, solange er da war. Er saß mir im Nacken. Ich hätte den Deal gemacht und ihn dann in die Pfanne gehauen.«
    »Das glaube ich nicht. Eher hätte er dich in die Pfanne gehauen. Hast du wirklich gedacht, er bezahlt dir die Dinger? Du hättest ihn der Polizei ausliefern sollen, sobald du konntest. Zumindest hättest du mir etwas sagen können. Das hätte mir eine Menge Unannehmlichkeiten erspart.«
    Charlie wurde immer aufgeregter, während wir redeten, und versuchte, sich hochzustemmen, um noch etwas zu bekräftigen, aber der Schmerz war zu stark. Mit leidvollem Seufzen ließ er sich in den Haufen weißer, mit Strichcodes gekennzeichneter Kissen sinken. Debbie war nicht über Gebühr beunruhigt über die Auseinandersetzung oder Charlies offenkundige Beschwerden. Sie las ihre Illustrierte, während Charlie die Finger um sein Bein krallte, als könne er so den Wundschmerz mildern, der unter dem dicken Gipsverband an seinen Knochen nagte. Seine Stimme zitterte, als er sprach.
    »Na, ich hab’s aber nicht getan, nicht? Überhaupt, was hättest du denn gemacht? Wieder eine Schweine-Story geschrieben, mit ’nem zwei Meter hohen Kasten? Als jemand die Dinger geklaut hatte, dachte ich, das wär’s. Er würde jetzt abhauen. Sich neue suchen.«
    Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme.
    »Was willst du uns erzählen, Charlie? Daß du sie wirklich nicht hast? Daß glaube ich dir. Du hättest es ihm nach dem ersten Schlag vors Knie gesagt, nicht wahr?«
    Charlie machte ein trotziges Gesicht. »Niemals.«
    »Beim Finger.«
    »Beim Finger auf alle Fälle. Ich kann körperliche Schmerzen nicht ertragen; das weißt du.«
    Debbie räusperte sich. Charlie warf ihr einen wachsamen Blick zu und deutete dann mit dem Kopf auf den schweigenden Shinichro.
    »Redet nicht viel, was? Wie heißt er denn?« fragte er.
    »Shinichro Saito. Er ist ein Freund.«
    Shinichro nickte kurz, reichte aber diesmal nicht seine Karte hinüber.
    »Er glaubt, du hast sie auf jeden Fall«, sagte ich.
    »Was geht ihn das an?«
    »Oh, nicht viel. Sano hat seine Firma bis jetzt zwei Millionen Dollar gekostet; das ist alles. Ich glaube, er möchte mindestens eine Million wiederhaben.«
    Mit einiger Mühe beugte Charlie sich vor, um uns herausfordernd

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