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Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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Sommers’ Wohnung steuerte. «Man liest so was ständig, nur uns ist es noch nie passiert.»
    «Könnte daran liegen, dass die richtig blöden Verbrecher meist Bankräuber sind.»
    Gino seufzte. «Dann sollten wir uns wohl ins Raubdezernat versetzen lassen.»
    «Ich dachte, du willst zur Wasserwacht?»
    «Das wird wohl für immer ein Traum bleiben. Ich kann nämlich nicht schwimmen.»
    «Im Ernst?»
    «Jep.»
    «Und wieso weiß ich das nicht?»
    «Wieso solltest du das wissen? Du hast mich ja schließlich noch nie zum Surfen oder so was eingeladen. Mist, so spät schon. Ich muss Angela anrufen.»
    Während Gino sich vergewisserte, dass im trauten Heim alles in Ordnung war, beobachtete Magozzi, wie die Straßen, durch die sie fuhren, immer noch heruntergekommener aussahen. Dieser Teil von Minneapolis hatte zwar nie zu den Nobelvierteln der Stadt gezählt, doch in den achtziger und neunziger Jahren hatte die Bandenkriminalität dort Einzug gehalten und ihn endgültig in ein Schlachtfeld verwandelt. Das zuständige Polizeidezernat versuchte schon seit Jahren, dort aufzuräumen, und hatte dabei Eindrucksvolles geleistet, aber noch immer waren die Nachwehen von zu viel Gewalt über einen viel zu langen Zeitraum hinweg zu spüren. Gut die Hälfte der Häuser stand leer, und die wenigen Geschäfte, die sich dort halten konnten, wappneten sich mit graffitibewehrten Rüstungen aus Stahltüren und Maschendrahtzäunen.
    Als Magozzi gerade auf den Parkplatz des Stop-&-Go-Supermarkts einbog, klappte Gino sein Handy wieder zu. «Wie läuft’s zu Hause ohne dich?»
    «Da geht gerade alles den Bach runter. Der Kleine hat Fieber und Helen Halsschmerzen. Angela sagt, ich soll Vitamin C nehmen.»
    «Wozu soll das gut sein? Und wo willst du so was jetzt noch herkriegen?»
    «Hast du eine Ahnung! Angela stopft mir mit dem Zeug jeden Tag die Hosentaschen voll. Und gut ist es nur dazu, meine Ehe intakt zu halten.» Gino reckte den Hals und schaute durch die Windschutzscheibe zu dem dunklen Supermarkt hinüber. «Als ich noch auf Streife war, nannten die Jungs den hier immer den ‹Stopp-&-Stirb›. Sieht keinen Deut besser aus als damals. Außerdem hat er zu. Bitte sag mir, dass wir nicht morgen wiederkommen und hier Vernehmungen durchführen müssen.»
    Magozzi zuckte die Achseln. «Mein Bauch sagt mir, dass Alan Sommers nicht von einem Bekannten oder einem Kollegen ermordet wurde. Laut Camilla war er doch überall beliebt – und auf dem Überwachungsband war auch nirgendwo ein Stalker Marke Norman Bates zu sehen.»
    «Ja, das war ein ziemlicher Rohrkrepierer. Dann war Alan Sommers also nur ein willkommenes, zufälliges Opfer für irgendein krankes Arschloch, das ein bisschen Aufmerksamkeit im Internet gesucht hat?»
    «Das wäre zumindest meine Vermutung. Schauen wir mal, was wir in seiner Wohnung finden, dann sehen wir weiter.»
    Gino nickte, dann griff er in sein Schulterhalfter und zückte die Pistole. «Ich gehe da nur mit gezogener Waffe rein. Der Laden macht mir immer noch eine Heidenangst.»
    Es dauerte ein paar Minuten, bis sie die ramponierte Metalltür hinter dem Supermarkt ausfindig gemacht hatten, die über ein Treppenhaus in einen schäbigen, düsteren Flur führte. Das Haus war eine Bruchbude reinsten Wassers, bevölkert von Kakerlaken und Ratten, die sich durch die Anwesenheit von Menschen nicht im Geringsten gestört fühlten. Falls es überhaupt bewohnt war, ob nun von legalen oder illegalen Mietern, waren diese entweder tot, stumm oder über Nacht ausgeflogen. Es war so still wie in einem schalldichten Raum – die Sorte Stille, die schon von sich aus zutiefst bedrohlich wirkt und einen kurioserweise dazu bringt, sich ebenso still zu verhalten. Wenn man selbst kein Geräusch macht, findet einen das Böse ja vielleicht nicht.
    Alans Wohnung lag ganz am Ende des Flurs. Sie schlossen die Tür mit dem Schlüssel auf, den Camilla ihnen gegeben hatte. Magozzi drückte auf den Lichtschalter, und eine grelle, nackte Glühbirne erleuchtete ein erstaunlich ordentliches, frischgestrichenes Zimmer, das nichts mit dem furchterregenden Flur gemein hatte, durch den sie gekommen waren. Auf dem Boden lag eine Doppelmatratze, sorgfältig bezogen mit einer Bettwäsche, die Magozzi erst kürzlich in einem der IKEA-Prospekte gesehen hatte, die er neuerdings rätselhafterweise alle zwei Monate im Briefkasten fand, obwohl er dort noch nie etwas gekauft hatte. Küche und Bad waren winzig und tadellos sauber – weit und breit kein

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