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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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abschwören. Jeder, der sich weigerte, wurde geköpft. Seitdem die Stadt irgendwann von Christen zurückerobert wurde, werden die Schädel der Märtyrer in sieben Glasvitrinen aufbewahrt, die die Mauern der Kathedrale säumen. Ihre gruseligen Gesichter bilden ein makaberes Gegengewicht zu der überwältigenden Schönheit des »Lebensbaum«-Mosaiks. Ein ziemlich düsteres Kunstdenkmal, wie ich finde, das eher wieder für eine Hochzeit auf einer tropischen Insel sprach.
    Nachdem Daniela meine ukrainische Mutter angerufen hatte, um sie zu fragen, welcher Religion ich angehöre – wenn ich es gewusst hätte, hätte ich es ihr auch selber sagen können -, rief sie den Pfarrer der Kathedrale in Otranto an und fragte, ob er eine nicht praktizierende Katholikin mit einem vergesslichen Ukrainisch-Orthodoxen trauen würde. Er erklärte sich gern bereit, Danielas Wunsch zu erfüllen, vorausgesetzt, wir würden bei seiner Kollekte spenden und an einem katholischen Ehevorbereitungskurs teilnehmen. Selbst wenn ich Katholik gewesen wäre, hätten wir diesen Kurs trotzdem besuchen müssen, der »auf die Herausforderungen eines gemeinsamen Lebens« vorbereiten soll. Geleitet wird er von einem Priester, der keinerlei Erfahrung mit so einem gemeinsamen Leben hat, aber das war laut Valeria völlig irrelevant. Ihrer Meinung nach sollten wir uns einfach nur vor Gott bereit erklären zu heiraten. Und genau dafür brauchte man eben ein Zertifikat.
    Da Danielas Cousine Federica ihren Verlobten Stefano wenige Monate vor unserer Hochzeit heiraten wollte, schlug sie vor, den Kurs doch gemeinsam beim Priester ihres Heimatorts zu machen. Also trafen wir uns sechs Wochen lang jeden Montag mit sieben anderen Paaren, zu denen auch Federica und Stefano gehörten, in Don Filippos Haus in Soldignano. Das Gebäude unterschied sich nur durch ein Neonkreuz von den anderen und besaß einen Raum, den Don Filippo abends für Ehekurse und tagsüber als Klassenzimmer für verwaiste Immigrantenkinder benutzte. Die Wände waren mit Kinderzeichnungen von Elefanten und Giraffen geschmückt, während in der Mitte der größten Wand stolze Porträts vom Papst, von Mutter Teresa und anderen berühmten Geistlichen hingen, die natürlich nicht von den Kindern gemalt worden waren.
    »Sag, was du willst, aber nicht, dass wir schon zusammenleben«, bläute mir Daniela auf dem Weg zu unserem ersten Treffen ein.
    »Und wo in Andrano soll ich sonst wohnen, wenn nicht bei dir?«
    »Bei meinen Eltern.«
    Von den sieben Paaren waren Daniela und ich das einzige, das in wilder Ehe zusammenlebte. Wir hätten den anderen wesentlich mehr über die Herausforderungen des Zusammenlebens erzählen können als jeder Priester, der diese erraten oder aber aus der Bibel zitieren musste. Trotzdem verurteilte man uns – oder hätte es getan, wenn wir unsere Sünde gebeichtet hätten. Federica wurde ebenfalls zum Stillschweigen verpflichtet, sie hatte ihrer Cousine schon mehrfach Alibis geben müssen. Als Daniela und ich in den Dolomiten Ski fahren waren, merkte Daniela, dass sie zu Hause im Bad eine Schachtel mit der Antibabypille hatte liegen lassen. Ein Anruf bei ihrer Cousine, und die Schachtel war verschwunden. Valeria schöpfte keinen Verdacht. Wie nett von ihrer Nichte, mal wieder zufällig vorbeizuschauen!
    Nachdem er uns zu seinem Ehevorbereitungskurs willkommen geheißen hatte, gab Don Filippo jedem Paar ein rotes Exemplar der Heiligen Schrift, bevor er sein eigenes hochhielt. » Questa è la Bibbia «, sagte er. »Das ist die Bibel. Ich bin mir sicher, viele von Ihnen haben sie noch nie gesehen.« Er bat uns, Psalm 46 aufzuschlagen, und als die meisten von uns zur Seite 46 blätterten, hatte er den Beweis, nach dem er suchte. Aber er kannte Federicas Gesicht aus der Messe und bat sie, den Heiden zu helfen. »Auf welcher Seite steht Psalm 46, Federica?«
    » Quattrocentoquaranta «, entgegnete die Streberin.
    Als Don Filippo einen schüchternen jungen Mann bat, laut vorzulesen, wurde sein Gesicht rot wie die Bibel. Er war analfabeta . Ich hatte von dem hohen Prozentsatz an Analphabeten in Süditalien gehört, aber bislang nicht viel davon mitbekommen, von der weithin verbreiteten Unfähigkeit der Italiener, ein Stoppschild zu entziffern, einmal abgesehen. Dieser Mann hier war ein Bauer, und sowohl er als auch seine Verlobte hatten rote Gesichter und schmutzige Fingernägel. Ihre fleckigen, schlichten Kleider bildeten einen krassen Gegensatz zu dem Paar neben ihnen: sie in einer

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