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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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Hose von Versace und mit einer goldenen Dolce-&-Gabbana-Gürtelschnalle und er in einem Anzug von Armani mit farblich perfekt darauf abgestimmten Schuhen. Die beiden Paare erinnerten mich an einen Traktor und einen Mercedes, die Seite an Seite auf einer mit Schlaglöchern übersäten Straße stehen – ein Anblick, der in Andrano völlig alltäglich ist. Sie verkörperten Süditalien, die Besitzenden und die Besitzlosen, die prächtig Herausgeputzten und das Proletariat.
    Nach einer kurzen, peinlichen Pause las die Verlobte des Mannes für ihn vor. Diese Erfahrung schien Don Filippo dermaßen abgeschreckt zu haben, dass er die Bibel wieder zuklappte und uns eine Predigt über das Wesen und die Bedeutung der Ehe hielt. Ich genoss es, ihn reden zu hören, vor allem, wenn er seine eigenen Worte benutzte statt die aus seinem Lehrbuch. Der kleine, dünne, bebrillte Mann hatte eine leise, angenehme Stimme, mit der er sich Gehör verschaffte, ohne sie je zu erheben, vermutlich eine Grundvoraussetzung für seinen Job.
    Don Filippo hatte versucht, seine Gemeinde mit Humor und Selbstironie mitzureißen, in einem letzten Versuch, sie auch für Jüngere attraktiv zu machen. Und in einem gewissen Sinn war ihm das auch gelungen, obwohl er das Christentum in dem winzigen Kaff Soldignano wohl kaum reformieren würde. Er sprach offen über Sex und erzählte seinen Zuhörern, die jetzt alle die Ohren gespitzt hatten, dass der Sex in der Ehe anders sei, da sich aus ihm eine ganz neue Verantwortung ergebe. Er sprach zu Menschen, die noch nie woanders gewohnt hatten als zu Hause und die Hochzeitsnacht in der ersten gemeinsamen Wohnung mit dem Partner verbringen würden. Als er die Männer anschließend bat, ihre Verlobten zur Frau, aber nicht zu ihrer Hausfrau zu machen, sah mich Daniela verschmitzt an und nickte mit dem Kopf.
    Wohl wissend, dass die meisten der Frauen gegen Ende des Sommers schwanger sein würden, verkündete unser Lehrer, Kinder seien das größte Geschenk, das einem » il signore zukommen lässt oder auch nicht«. Dieses Geschenk sollten wir schätzen, sei es nun ein Mädchen oder ein Junge. »Ein Kind ist der größte Segen, den Ihnen Gott zuteilwerden lässt«, so Don Filippo. »Mädchen sind davon nicht ausgenommen.« Damit wendete er sich gegen die schamlose italienische Bevorzugung von Jungen. Wo sonst auf der Welt wünscht man jemandem Glück mit den Worten: » Tanti auguri e figli maschi « – »Alles Gute und viele Söhne«?
    Da von Don Filippo erwartet wurde, dass er die meisten Paare traute, sprach er kurz die organisatorische Seite der Hochzeit an. Pünktlichkeit sei das Wichtigste, meinte er, und wenn wir zu spät kämen, hätte er dieselbe Gesichtsfarbe wie seine Bibel. Er bat uns, um Himmels willen nicht zu viel Geld für Blumen auszugeben, und meinte, diese verwelkten im Sommer ohnehin schnell, außerdem hätten wir ja bereits ein Vermögen für das Brautkleid bezahlt. Er bat uns auch, einen Fotografen zu finden, der den Unterschied zwischen einer Kirche und einem Fußballstadion kannte. »Der Priester hat einen schwierigen Job«, sagte Don Filippo, »der durch das ständige Blitzlicht zusätzlich erschwert wird.« Als Nächstes kam er auf das Thema Musik zu sprechen und sagte, dass neben der Orgel Saiteninstrumente, »mit Ausnahme elektrischer Gitarren«, höchst wünschenswert seien. Trommeln und Schlagzeug, egal welcher Sorte, würden allerdings nicht in eine Kirche passen. »Ich weiß nicht, ob Australier auf Hochzeiten Schlagzeug spielen«, sagte der Priester und sah mich dabei an, »aber in Soldignano ist das streng verboten.«
    Nichts geschieht in Italien ohne die richtige documentazione , also ging er als Nächstes die Formulare durch, die unsere Liebe erst legalisierten. Das erste hieß pikanterweise Posizione Matrimoniale , was alle Anwesenden zum Kichern brachte. »Nur keine Aufregung«, sagte Don Filippo. »Das ist nicht das Kamasutra.« Tatsächlich war es ein Fragebogen für persönliche Angaben von Braut und Bräutigam, ihre letzte Chance, Dinge zu beichten, die es erlaubten, die Ehe annullieren zu lassen, »wie Unfruchtbarkeit, seltene Krankheiten oder Kinder, die während des Militärdienstes in Afrika gezeugt wurden«.
    Daniela sah mich besorgt an.
    »Sieh mich nicht so an«, sagte ich. »Ich habe meinen Militärdienst in Südamerika abgeleistet.«
    »Wirklich?«, fragte Federica. Ein Hoch auf die schlichten Gemüter.
    Das nächste Stück Papier war die italienische Version des

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