Siesta italiana: Meine neue italienische Familie
Aufgebots: Eine Ankündigung der Verbindung, die sowohl an der Kirche, in der die Hochzeit stattfinden soll, als auch am Rathaus der Herkunftsorte des Paares ausgehängt werden muss. Das gibt Leuten, die etwas gegen diese Hochzeit einzuwenden haben, die Möglichkeit, ihre Gründe vorzubringen. Doch wenn das verhindern soll, dass Ehen ein ehebrecherisches Ende nehmen, dürfte die Prozedur heutzutage überflüssig sein. Zumindest in Bari, wo ein Richter entschied, dass der Ehebruch auch vor der Hochzeit stattfinden kann. Soll das heißen, dass der Ehevertrag auch erst nach der Hochzeit aufgesetzt werden kann?
Gegen zehn entschied Don Filippo, dass sein Vortrag über die religiöse Bedeutung der Zeremonie bis nächste Woche warten konnte. Er verschwand in seiner Küche und sagte, er habe bestimmt noch irgendwo eine Flasche spumante und etwas Kuchen. Wie die anderen blieben wir so lange, wie es die Höflichkeit gebot, bevor wir den Priester verließen, der uns sowieso nie trauen würde. Aber auch kein anderer Geistlicher. Ein Abend Ehevorbereitungskurs hatte genügt, um mich daran zu erinnern, warum ich seit zwanzig Jahren nicht mehr in die Kirche gehe – bis auf das eine Mal, als es die Sydney Swans 1996 ins Finale schafften und ich für ein kurzes Dankgebet hineinschlich.
Nichts gegen Don Filippo, den ich dafür bewunderte, dass er sich um Waisenkinder kümmerte. Aber ich wollte nicht, dass am wichtigsten Tag meines Lebens irgendjemand Verse zitiert, mit denen ich nicht das Geringste anfangen kann. Andererseits war mir auch klar, dass eine rein standesamtliche Hochzeit einen noch größeren Skandal verursachen würde, als an einem Freitag zu heiraten. Doch unsere Hochzeit musste in erster Linie uns und nicht den Ort glücklich machen. Auch wenn ich keine Probleme damit hatte, die Verantwortung einer Ehe zu übernehmen, hatte ich doch Probleme mit einer kirchlichen Hochzeit. Aber wie sollte ich das nur Daniela beibringen?
Meilenweit von allem entfernt, aber nicht voneinander, lagen Daniela und ich im Strandhaus auf dem Teppich vor dem Kamin. Das gehörte für mich mit zu den schönsten Momenten in Italien: ein verlassener Hafen, das Rauschen des Meeres, die tanzenden Flammen und Daniela. Sie sah schläfrig in die Flammen, spürte, dass ein Unwetter in mir tobte, und wartete darauf, dass ich etwas sagte.
»Amore?«
»Si.«
»Ich will nichts lieber als dich heiraten …«
»Aber.«
»… aber ich will nicht kirchlich heiraten.«
Eine auflodernde Flamme beschien ihr Gesicht.
»Wo willst du dann heiraten?«
»Eine Prinzessin sollte auf einer Burg heiraten.«
Daniela lachte.
»Auf dem Standesamt?«
»Auf dem Standesamt. Auf unsere Art und Weise. Mit unseren Worten.«
Sie legte ihren Kopf auf meine Brust und sprach ins Feuer.
»Das ist eine wunderbare Idee, amore . Und das werden wir auch tun. Aber erwarte nicht, dass meine Mutter davon genauso begeistert ist wie wir.«
»Wessen Fest ist das eigentlich?«
»Mein Vater stirbt, Chris. Wenn es sein muss, mache ich meinen Eltern die Hochzeit gerne zum Geschenk.«
»Ich will ihnen auch einen ganz besonderen Tag bescheren. Aber auf eine aufrichtige Weise, die wirklich etwas mit uns zu tun hat.«
Licht und Schatten flackerten über ihr Gesicht, als Daniela die Hand hob, mich küsste und dann Don Filippos Theorie infrage stellte, demzufolge der Sex nach der Ehe besser ist.
Dreißig Prozent aller Ehen, die in Italien geschieden werden, scheitern an der Schwiegermutter. Aber meine Schwiegermutter weigerte sich, Teil dieser Statistik zu werden, da sie meine Ehe mit Daniela beinahe scheitern ließ, bevor sie überhaupt geschlossen wurde. Laut einem Richter aus Bari geht das durchaus.
Bei einem sonntäglichen Mittagessen machte Valeria ihrem Kummer Luft und sagte, sie hätte Probleme damit, dass wir nur standesamtlich heiraten wollten. Ihre Enttäuschung richtete sich überwiegend gegen mich, denn mit Sicherheit hatte ich ihre Tochter negativ beeinflusst. Ich sagte, ich hätte Daniela extra gefragt, ob sie das in irgendwelche Gewissensnöte bringen würde.
»Und was hast du gesagt?«, fragte Valeria überrascht.
»Ich habe nein gesagt«, bemerkte Daniela.
Wieder einmal stand Daniela zwischen mir und ihrer Mutter, und wieder einmal gab sie ihr Bestes, es uns beiden recht zu machen. Was wir genau während unseres Lasagne-Essens sagten, spielt hier keine Rolle. Fest steht, dass Valeria sich berechtigt fühlte, die Entscheidung ihrer Tochter zu hinterfragen. Das
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