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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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sie Dads Sydney-Swans -Krawatte bügelte. Ich hätte mich geschmeichelt fühlen müssen, als ich sah, dass er sie wirklich nur zu besonderen Anlässen trug.
    Alles war bestens vorbereitet, alles war perfekt – bis auf die Swans -Krawatte. Aber was noch wichtiger war: Es versprach ein herrlicher Tag zu werden. Es hatte schon seit drei Monaten nicht mehr geregnet, und ein rosa Sonnenuntergang kündete von schönem Wetter.

28
     
    Nasse Braut, glückliche Braut
     
    E in ohrenbetäubendes Donnergrollen weckte mich, der Vorläufer eines Platzregens, der die Trockenheit der letzten drei Monate an einem einzigen Vormittag locker wieder wettmachte – an dem Vormittag, an dem ich heiraten wollte. Ich traute meinen Ohren kaum und eilte zum Balkonfenster. Dort starrten Daniela und meine Eltern ungläubig in die Dunkelheit, wo normalerweise ein Postkartenidyll war.
    Ich umarmte die zukünftige Braut, die genauso betrübt war wie das Wetter. »Das ist wahrscheinlich nur ein« – DONNER – »Morgengewitter, mein Schatz«, sagte ich wenig überzeugend. »Das ist bestimmt« – KRACH – »in wenigen Minuten vorbei.« Meine Eltern gaben ähnliche Plattitüden von sich, aber Daniela, die statt dem Donner vielmehr die Klatschmäuler reden hörte, war untröstlich. Eine nichtkirchliche Trauung an einem Freitag mit verschiedenfarbigen Ringen – nachdem wir uns über so einfache Grundwahrheiten und den Geistlichen hinweggesetzt hatten, bekamen wir einfach nur, was wir verdienten.
    Zwei Stunden später war der Spuk vorbei. Der Himmel und das Meer waren wieder blau, der Wind ließ nach, die Fischerboote verließen den Hafen, Wäsche wurde auf Dachterrassen zum Trocknen gehängt, die Sonne erwärmte geweißelte Häuser, und es kehrte wieder Leben in den Ort am Mittelmeer ein. In der festen Überzeugung, dass es weitere drei Monate nicht regnen würde, verbrachten wir den restlichen Vormittag damit, den Burghof gemeinsam mit der Floristin wie geplant für eine Hochzeit im Freien zu dekorieren. Um die Tradition wenigstens ein bisschen zu wahren, schickte ich Daniela anschließend nach Hause. Wenn wir uns das nächste Mal sehen würden, dann vor dem Traualtar beziehungsweise vor seinem standesamtlichen Äquivalent – einem Tisch mit einem elfenbeinfarbenen Tischtuch.
    Daniela verbrachte den Nachmittag damit, sich schminken und frisieren zu lassen, während ich nach La Botte fuhr und darauf achtete, keinen Sonnenbrand zu bekommen, damit ich nachher auf den Hochzeitsfotos nicht aussah wie ein gekochter Hummer. Ich war froh, dass wir am Vormittag mit allen Vorbereitungen fertig geworden waren, sodass ich mich im Meer abkühlen konnte, statt noch kurz vor der Hochzeit ins Schwitzen zu geraten. Während mein Vater in Sandalen schnorchelte, um sich vor den riccio -Stacheln zu schützen, döste ich auf meinem Handtuch in der Sonne und unterhielt mich mit meiner Mutter, für deren helle russische Haut die intakte Atmosphäre der Nordhalbkugel die reinste Wohltat war – zumindest, was die Ozonschicht anbelangt. Man brutzelt auch, nur langsamer.
    Gegen halb fünf, also anderthalb Stunden bevor man uns auf der Burg erwartete, wurde unser friedlicher Nachmittag empfindlich gestört, als mein Vater, dessen Haut vom vielen Schwimmen ganz verschrumpelt war, fragte: »Was meinst du, Chris, zieht das hierher?«
    »Wieso, wovon redest du?«
    Er zeigte auf die Wolke hinter der südlichen Landspitze.
    »Davon.«
    » Minchia! «, rief ich – sizilianisch für Schwanz und genauso vielseitig einsetzbar wie » Fuck! «.
    »Ich dachte, du hättest gesagt, im Sommer scheint hier immer die Sonne«, meinte Dad.
    »Bis auf heute Morgen hat es hier drei Monate nicht mehr geregnet!«
    »Dann dürfte es statistisch gesehen wohl jetzt so weit sein.«
    Angesichts seiner Swans -Krawatte und seiner Statistikgesetze bereute ich es langsam, ihn überhaupt eingeladen zu haben.
    Bevor ich zum Tennisspielen fahre, gehe ich normalerweise auf Valerias Dachterrasse und sehe nach, wie das Wetter südlich von Tricase aussieht. Trotz fehlender Berge habe ich noch nie eine von Ort zu Ort so unterschiedliche Wetterlage beobachten können wie im Salento. Manchmal wird die rechte Hand nass, während die linke braun wird. Die einzige Ausnahme ist der scirocco , der riesige Wolken mit sich bringt, die den ganzen Salento bedrohlich einhüllen. Aber das kommt nur höchst selten vor. Ich hatte Danielas Kleid zwar noch nicht gesehen, war mir aber ziemlich sicher, dass es nicht wasserdicht

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