Siesta italiana: Meine neue italienische Familie
war. Nachdem mich mein Vater an die Statistikgesetze erinnert hatte, beschloss ich, zu Valeria zu fahren und von ihrer Terrasse aus einen Blick auf den ungebetenen Gast zu werfen.
Ich wurde unter Protest am Tor empfangen, wo ein Schwarm von Sizilianern annahm, ich sei gekommen, um die Braut zu sehen. Nachdem ich ihnen den Grund für meinen Besuch genannt hatte, bekam ich freie Bahn und wurde von der Floristin und Danielas Bruder auf die Dachterrasse begleitet. Beide waren in Andrano geboren und kannten die hiesigen Wetterverhältnisse besser als jeder Australier. Mit Valerias Unterhosen in unserem Rücken beäugten wir die Wolkenberge in der Ferne.
»Was meint ihr?«, fragte ich.
»Scirocco«, entgegnete Francesco. » Innocuo .«
» Scirocco «, echote die Floristin. »Aber das muss uns nicht weiter beunruhigen.«
Hätte ich mich zum Tennisspielen verabredet gehabt – ich wäre nicht gefahren. Ich kannte diesen Himmel und hatte ihn mindestens ein Dutzend Male gesehen.
» Pioggia «, sagte ich bestimmt. »Regen.«
Eine Viertelstunde später regnete es in Andrano, und ich raufte mir den Rest meiner Haarpracht. »Non ti preoccupare, Crris «, tröstete mich die Floristin. »Wir haben da ein Sprichwort: » Sposa bagnata, sposa fortunata « – »Nasse Braut, glückliche Braut.« Ein Sprichwort warnt davor, an einem Freitag zu heiraten, während ein anderes besagt, dass schlechtes Wetter ein Segen ist, und zwar egal an welchem Wochentag. Italienische Sprichwörter mögen sich reimen, aber einen richtigen Reim kann ich mir nicht auf sie machen. Am besten, man sucht sich das aus, was einem gerade am besten in den Kram passt.
Das Sprichwort, das mir jetzt am besten in den Kram passte, war ein englisches: Many hands make light work . Viele Hände machen der Arbeit bald ein Ende. Wie auf Kommando schwärmten Francesco, die Floristin, die Harfenistin, die Sizilianer sowie zwei Angestellte des municipio in alle Richtungen aus, um Blumen, Teppiche, Harfe und Mikrophone vom Innenhof in das Obergeschoss der Burg zu bringen. Obwohl die Zeit langsam knapp wurde, war dieser Umzug immer Plan B für den unwahrscheinlichen Fall gewesen, dass es regnete. Auf dem municipio hatte man uns versichert, dass der Raum geputzt sei. Aber wer einen Italiener beim Wort nehmen will, wird unweigerlich auf den Arm genommen.
Was wir als Nächstes brauchten, war ein Putzkommando, denn als wir die Tür öffneten, fanden wir das reinste Chaos vor: Der Amtsraum wurde anscheinend gerade renoviert. Überall dreckige Klamotten, leere Getränkedosen und in die Ecken gestapelte Stühle und Tische. Das war meine Schuld – ich hätte den Raum kontrollieren sollen, als es am Vormittag regnete. Aber wenige Wochen zuvor hatte ich hier noch einer Hochzeit beigewohnt, und alles war piccobello gewesen. What the minchia war hier passiert? Ganz einfach: Weder wir noch das municipio hatten damit gerechnet, dass wir den Raum wirklich brauchen würden. Wenn man schon gar nicht mehr weiß, wie eine Wolke aussieht, wiegt man sich schnell in falscher Sicherheit. Es war April gewesen, als Daniela im Englischunterricht das Wort » cloud « durchgenommen hatte, und bis Ende Juni hatte sich das reale Beispiel dafür immer noch nicht vor dem Klassenzimmerfenster blicken lassen.
Auf mein Kommando – besser gesagt, auf eine ganze Reihe von Kommandos hin, in denen das Wort minchia ziemlich häufig vorkam – baute die Floristin den Blumenschmuck im Innenhof ab, während der Rest des Teams, zu dem mittlerweile auch die Schneiderin und die Friseurin gehörten, die die Braut fertig hergerichtet hatten, anfing, den Raum zu schmücken, in dem sie vierzig Minuten später heiraten sollte. Eine gebückte alte Frau, die ganz in Schwarz gekleidet war und Pantoffeln trug, eilte ins Zimmer und verteilte Besen. Ich hatte sie noch nie zuvor geshen, aber sie schien mich offensichtlich zu kennen. Oder jemand Ähnlichen. »Keine Sorge, Crristian«, sagte sie im Dialekt. »Das sieht hier bald wieder wie auf einer Burg aus.« Bis heute weiß ich nicht, wer sie war. Sie sah aus, als lebte sie in einem der Schränke unter den Treppen.
Als ich gerade die 30 Kilo schwere Harfe hochschleppte – ich hätte doch lieber eine Geigerin engagieren sollen -, tippte mir Danielas Bruder auf die Schulter und verkündete, der Fotograf sei eingetroffen, dabei hatte ich immer noch meine Badehose an. Francesco war so geistesgegenwärtig, mir das sperrige Instrument abzunehmen, und schickte mich nach Hause,
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