Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
Vom Netzwerk:
Arbeitsplatz anzutreffen, aber als sie endlich auftauchte, bekam ich, genau wie von Daniela prophezeit, problemlos die Papiere. Zum Dank schenkte ihr Daniela einen Bumerang, obwohl ich nicht fand, dass sie ihn verdient hatte.
    Inzwischen war beinahe ein Monat vergangen, seit Napoleon zum ersten Mal gen Lecce gefahren war. Wir hatten stapelweise Papiere, auf denen endlich alle Tüpfelchen auf den Is saßen und sämtliche Hs an Ort und Stelle waren. Jetzt konnten wir erneut zur Questura gehen, um meinen Antrag auf den permesso di soggiorno abzuschließen, und den Sommer genießen.
     
    Wir kamen zu spät zu unserer Verabredung auf der Questura . Schuld war eine religiöse Prozession, die die Durchfahrtstraße durch Diso eine Viertelstunde lang blockierte. Das war das erste Mal, dass ich einen Stau sah, in dem niemand auf die Hupe drückte, als sei sie die Antwort-Taste in einer QuizShow. Italiener respektieren ihre Heiligen eben mehr als ihre Mitmenschen. Wir sahen, dass Riccardo bereits neben dem Schalter wartete, und beobachteten eine Auseinandersetzung zwischen dem diensthabenden poliziotto und einem Afrikaner, der ein Goldkettchen über seinem Kaftan trug.
    »Ihr Antrag kann noch nicht bearbeitet werden, wegen der Sache in Otranto.«
    »Ich hab nur CDs verkauft.«
    »Illegale CDs.«
    Als wir das Büro des Inspektors betraten, murmelte er » Buongiorno «, zeigte auf mich, zog die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und sagte aufs Geratewohl: » Arrison ?«
    » Perfetto «, entgegnete ich.
    Er griff nach seinem Telefon, steckte einen Wurstfinger in das Loch mit der Ziffer neun und drehte die Wählscheibe.
    Danach zündete er sich eine Zigarette an und wartete, bis der andere dranging.
    »Poggi am Apparat«, sagte er und nebelte das Mundstück seines Hörers mit Rauch ein. »Bring mir die Akte Crristoper Arrison.«
    Er hörte einen Moment zu.
    »Crristoper Arrison mit H am Anfang«, erklärte er.
    Poggis Zigarette war beinahe bis auf seine Fingerknöchel heruntergebrannt, als sein Telefon klingelte.
    Er nahm ab und lauschte konzentriert, wobei er leicht die Stirn runzelte.
    »Jetzt hör mir mal gut zu«, sagte er plötzlich. »Arrison mit einem H am Anfang von Arrison.«
    Sie sprechen es nicht aus, sie hören es nicht, und jetzt konnte es irgendein armer Polizist in den Eingeweiden dieses Gebäudes nicht einmal sehen.
    »Sieh unter A nach«, schlug Poggi nachträglich vor.
    Riccardo öffnete das Fenster des Inspektors, um frische Luft herein- und Rauch hinauszulassen.
    » Bravo «, sagte Poggi erleichtert und fügte noch ein » Fai presto « hinzu, bevor er auflegte.
    Als meine Akte kam, legte Poggi unsere Dokumente dazu sowie eine Fotokopie meiner Bordkarte, die er als authentisch anerkannt und abgestempelt hatte. Anschließend kehrte er zu dem Formularfeld »Einreisedatum« zurück und schloss auch diese Lücke. Als wir schon ganz erleichtert waren, dass die Sache endlich ausgestanden war, drückte der Inspektor seine Zigarette aus, gab uns die Hand und sagte, dass wir die Aufenthaltsgenehmigung in einem Monat abholen könnten.
    »In einem Monat?«, hakte Riccardo nach, in der Hoffnung, er könnte seine Meinung vielleicht noch ändern.
    »Na ja«, sagte Poggi zögernd, »ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Auf der Heimfahrt gab es auf der Ringstraße von Lecce einen Riesenstau. Ein älterer Bauer lief zwischen den Autos hin und her und verkaufte frisch geerntete Karotten, an denen noch das Grün hing. Etwas Erde von seinen Feldfrüchten hatte sich in seinem Bart verfangen, ein unkontrollierter Wildwuchs, der seinen Mund bedeckte und gebrannt hätte wie Zunder, wenn er geraucht hätte. Mit gesenktem Kopf stand er stumm da. Wenn jemand etwas wollte, würde er ihm schon Bescheid sagen. Ich sah zu, wie er sich mit seinem fleckigen Hemd und seinen schäbigen Sandalen an meinem Fenster vorbeiquälte.
    »Ich hatte mir dieses Land anders vorgestellt. Nicht so …«
    » Strano? «, schlug Daniela vor.
    »Altmodisch.«
    »Es ist vollkommen zurückgeblieben und frustrierend«, meinte sie zu meiner großen Überraschung. »Aber irgendwie ergreift es Besitz von dir. Jeder Italiener beschwert sich über Italien. Aber wenn wir von hier weggehen, vermissen wir etwas, das wir nicht einmal benennen können.«
    »Möchtest du ein paar Karotten?«, fragte ich.
    »Nein, ich werde uns linguine ai frutti di mare kochen.«
    Linguine ai frutti di mare … Ich dachte, sie hätte gesagt, dieses Etwas sei schwer zu benennen.
    Wir

Weitere Kostenlose Bücher