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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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unseren Tankdeckelschlüssel und machte sich an die Arbeit, so schnell wie ein Formel-1-Team. Bis ihn die Muse küsste und das Rennen verloren war.
    »Ich kann die ganzen Nackedeis nicht mehr sehen«, verkündete er. »Wo bleibt da das Begehren? Alle Frauen im Fernsehen sind nackt. Sie enttäuschen meine Einbildungskraft. Wo ist die Winterfrau hin? Auf Canale 5 ist immer Sommer.«
    Während Signor Api vor sich hin schwallte, wartete ein halbwüchsiges Mädchen vor dem Haus gegenüber. Es hielt ein Alfa mit einem älteren Mann am Steuer, sie stieg ein, und das Pärchen sauste davon. »Ahhh … das moderne Rendezvous«, hob Signor Api an, um dann fortzufahren wie folgt: »Die Frau schlendert vor dem Haus auf und ab, und irgendein dahergelaufener Kerl nimmt sie mit. Facile! « Er rieb sich die Hände. »Wenn Sie wüssten, was ich alles mitgemacht habe! Mit meiner schönen Freundin von vor fünfzig Jahren bin ich nur deshalb nicht mehr zusammen, weil ich ihr vor ihren Eltern zu nahe auf die Pelle gerückt bin. Ich hätte ihre Hand erst halten dürfen, wenn ich ihr vorher einen Ehering an den Finger gesteckt hätte. Ich war meiner Zeit eben schon immer weit voraus. Ich habe den Frauen die Liebe beigebracht, ja sogar das Küssen. Ah, was hat der liebe Herrgott noch alles mit uns vor? Als junger Mann verliebt man sich in ältere Frauen, und wenn man alt ist, will man die jungen.«
    Vielleicht war sie nicht ganz einverstanden mit dem Geschwätz ihres Mannes, denn Signora Apis Frau steckte ihren Kopf hinter dem Fliegengitter hervor und bellte eine Bemerkung in einem Dialekt, den nicht mal Daniela verstand. Aber seine Antwort war unmissverständlich: Er habe zu arbeiten, also müsse sie sich wohl oder übel gedulden.
    »Der Klatsch war das Problem«, fuhr er fort. »Der Sex an sich war keine Sünde. Aber Sex haben und darüber reden war Sünde...« In diesem Stil ging es endlos weiter. Bei jeder Fahrt nach »California« bekamen wir nicht nur Benzin, sondern auch jede Menge philosophische Prosa mit auf den Weg. Und jede seiner Weisheiten war »Gottes Wille«, sogar das Überangebot an Brüsten auf Canale 5 . Man musste ihn einfach mögen.
    Er schloss den Tankdeckel und tauschte den Schlüssel gegen einen 20-Euro-Schein.
    »Wo soll es heute hingehen?«, fragte er.
    »Wieder nach Lecce«, entgegnete ich. »Wir versuchen immer noch, meine Papiere zu bekommen.«
    »Immer noch? Mamma mia! Und dann heißt es immer, Italien sei ein durch und durch gesundes Land. Das einzig Gesunde an den Italienern ist ihr gesegneter Appetit, jawohl!«
    Er schlug auf unsere Motorhaube und brach in Gelächter aus, während seine Frau erneut den Kopf heraussteckte.
    »Wer behauptet, dass Italien ein durch und durch gesundes Land ist?«, fragte ich Daniela, während sie Kurs auf Lecce nahm.
    »Signor Api«, erwiderte sie und stellte die Lüftung an.
    Was mit seiner Graffiti-Fassade, den kaputten Fenstern und der italienischen Flagge auf dem Dach aussah wie ein Paradies für patriotische Hausbesetzer, war in Wahrheit die Behörde, auf die wir mussten. Daniela bat mich, im Wagen zu warten. Am Vortag hatte ich nämlich die Nerven verloren, nachdem wir über zwei Stunden auf Papiere gewartet hatten, die angeblich fertig waren, dann aber doch nicht für uns bereitlagen. Ich war nicht unverschämt geworden, war aber auf Englisch ein wenig laut geworden, was Daniela kontraproduktiv fand.
    Es war ein sehr heißer Tag mit 38 Grad gewesen. Dementsprechend strapaziös hatte sich auch die Fahrt nach Lecce gestaltet, denn aus Napoleon war der reinste Brutofen geworden. Kein Wunder, dass ich frustriert war, als Daniela aus dem Gebäude kam und verkündete, wir würden am nächsten Tag noch mal herkommen müssen, weil ihre Bekannte nicht zur Arbeit erschienen sei. Ich schlug vor, unser Glück bei einem Kollegen zu versuchen, aber davon wollte Daniela nichts wissen. Ich konnte mich immer noch nicht daran gewöhnen, dass man jemanden kennen muss, um etwas erledigt zu bekommen, und wieder einmal prallten zwei Welten aufeinander. Es herrschte eine unglaubliche Hitze, und da kochte der Topf über. Wir schrien. Wir stritten. Ich protestierte. Sie überzeugte mich. Und als sie Englisch sprach, um den Anwesenden die Details unseres Streits zu ersparen – mit diesem süßen, unbeholfenen Akzent und der falschen Betonung -, konnte ich es plötzlich gar nicht mehr erwarten, nach Hause zu kommen.
    Wir mussten die Fahrt sogar noch zweimal antreten, um die Bekannte an ihrem

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