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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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Wenn Daniela sagte, »Der fünfzehnte«, sagte Franco, dass sie entweder vor dem sechzehnten wieder zu Hause sei oder den siebzehnten nie erleben würde. Daniela hasste die Sperrstunde, war aber trotzdem dankbar, dass ihr Vater nicht so streng war wie der von Luisa. Der spuckte auf die Türschwelle, wenn Luisa fortging, und sagte, wenn sie nicht zurück sei, bevor die Spucke getrocknet wäre, würde er kommen und sie holen.
    Ein Vater, der sich um die Jungfräulichkeit seiner Tochter sorgt, macht es häufig notwendig zu lügen. Solche Notlügen werden von italienischen Teenagern regelrecht als Vorspiel betrachtet. Aber auch Söhne werden streng überwacht. Auf jeden überfürsorglichen italienischen Vater einer Tochter kommt eine überfürsorgliche Mutter, die nichts anderes tut, als ihren heiß geliebten Sohn zu verwöhnen. Nicht umsonst gibt es folgendes Sprichwort: Jesus Christus muss Italiener gewesen sein, da er bei seinen Eltern lebte, bis er dreißig war, und eine Mutter hatte, die ihn als Gott verehrte.
    Psychologen in Frauenzeitschriften warnen italienische Mütter vor dem sogenannten mammismo distruttivo . Einmal schrieb eine verzweifelte Mutter an eine Kummerkastentante und bat sie um Hilfe, da sie ihre Eifersucht nicht kontrollieren könne, wenn sie ihren fünfunddreißigjährigen » bambino « dabei ertappe, wie er seine Freundin umarmt. Sie wollte wissen, wie sie es schaffen könne, keine Vorwände mehr zu erfinden, um diese Umarmungen zu unterbrechen.
    Manche Mütter schämen sich kein bisschen für ihr aufdringliches Verhalten. In Stranamore , einer Fernsehshow, in der Paare ihre Problem e kundtun, um dann m öglichst wieder m itei nander versöhnt zu werden, stellte eine Frau ihrem Freund im Studiopublikum ein Ultimatum: »Entweder ich oder deine mamma «, sagte sie. »Steh auf, wenn du dich für mich entscheidest.«
    »Ich entscheide mich für dich«, sagte der Mann und stand auf.
    »Nein, das tut er nicht«, sagte seine Mutter und erhob sich neben ihm.
    Aber mamma mischt sich nur ein, wenn der figlio sie lässt. Die verhätschelten mammoni , wie man sie nennt, sind ihren Müttern genauso ergeben wie sie ihnen. Keiner hat das besser zusammengefasst als Roberto Benigni in dem Film Johnny Stecchino . Darin spielt er einen sizilianischen mafioso , der einer Frau tief in die Augen sieht und sagt: » Amore mio , es gibt nur eine Frau in meinem Leben, und diese Frau bist du und meine Mutter.«
    Mütter schlagen ihren Söhnen nichts ab, dafür schlagen ihnen auch die Söhne nichts ab, deren Ehen manchmal scheitern, weil es die Frauen leid sind, mit ihren Schwiegermüttern zu konkurrieren. Eine Freundin von Valeria kam in Andrano oft zu uns, um sich über ihren Mann zu beschweren. Der hatte seiner Mutter den Schlüssel zu ihrem Haus gegeben, erlaubte es, dass sie die Schubladen nach zu flickenden Unterhosen oder Socken durchsuchte, und lobte stets das Essen seiner Mutter, aber nie das ihre. Valeria gelang es immer, die Probleme ihrer Freundin zu lösen – und sei es nur deshalb, weil diese bei ihren Besuchen Franco sah und merkte, wie banal ihre Probleme im Vergleich dazu waren.
    Überfürsorgliche Eltern tun alles dafür, um ihre Kinder an sich zu binden. In extremen Fällen täuschen sie sogar eine Krankheit oder Behinderung vor. Daniela hat eine Freundin, deren Mutter merkwürdigerweise stets dann krank wurde, wenn ihre Tochter erwähnte, nach Mailand zu ziehen, um dort Psychologie zu studieren. Warum wegziehen, um merkwürdige Verhaltensweisen zu studieren, wenn man das genauso gut zu Hause tun kann? Andere Eltern sind weniger manipulativ, lassen ihre Kinder aber genauso ungern los. Als ich einem Schüler in der Sprachenschule erzählte, dass ich Wohngeld hätte zahlen müssen, wenn ich nach der Highschool zu Hause geblieben wäre, sagte er, seine Eltern würden jede Summe zahlen, damit er nach der Schule zu Hause bliebe.
    Bis auf Carla, die immer noch zu Hause wohnte, hatten die anderen ihre süditalienische Heimat verlassen, um ihre Karriere in Norditalien fortzusetzen. Das hatten die Eltern zwar mit der Zeit akzeptiert, aber dafür lebten sie in ewiger Sorge. Der Wall der Familienburg war durchbrochen worden, und sie konnten ihre Kinder nicht mehr vor der korrupten und gefährlichen Welt beschützen. Doch die Fahnenflüchtigen werden täglich überwacht, wenn die Drähte der Telecom Italia heißlaufen. In ganz Italien erklingt abends um zehn in Millionen von Hosen- und Handtaschen eine Melodie, die

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