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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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»Hotel« auf ein Blatt Papier und bat Antonio, es auszusprechen. »Otel«, sagte er, so als sei das reine Zeitverschwendung. Dann schrieb ich »Hasia« hin und hielt das Blatt erneut hoch. Antonios Grinsen wich einem Strahlen.
    » Incredibile «, verkündete er. »Wie bist du bloß darauf gekommen?« Ich gab eine knappe Zusammenfassung meiner Erlebnisse auf der Einwandererbehörde von Lecce zum Besten. Der stumme Buchstabe hatte die Diskussion verstummen lassen. Höchste Zeit, die zur Hälfte gefüllten Gläser zu heben und zu feiern!
     
    »Hast du schon angefangen zu kochen?«, fragte Michele Daniela eines Sonntags am Telefon.
    »Nein. Warum?«
    »Ich würde die Spaghettata heute Abend lieber bei mir veranstalten.«
    »Wenn du willst, aber was ist los?«
    »Crris muss für mich in New York anrufen, um mir ein Hotel zu buchen, und ich möchte nicht euer Telefon benutzen.«
    »Ich dachte, dein Reisebüro hätte das erledigt.«
    »Ja, das dachte ich eigentlich auch.«
    Ich war ganz und gar nicht begeistert – nicht weil Michele meine Hilfe brauchte, sondern weil ein Abendessen bei Michele mehr oder weniger eine Zumutung war. Das Problem bestand weniger in seinen Kochkünsten und auch nicht in der fehlenden Ellbogenfreiheit, die verhinderte, dass acht Leute gleichzeitig essen können, sondern darin, dass er mitten in der Stadt wohnte. Dort fand man leichter einen Topf Gold am Ende des Regenbogens als einen Parkplatz.
    Italiener besitzen mehr Autos pro Kopf als jede andere Nation in Europa. Ihre Liebe zu Autos ist legendär. Aber ihr ständiger Kampf um einen Parkplatz – in einem Land, das mehr Kirchen als Abstellflächen für Autos besitzt -, ist ausgesprochen nervenaufreibend. Ein Neapolitaner ermordete seinen Nachbarn im Streit über einen Parkplatz. Und auf Sizilien bissen sich zwei Siebzigjährige das Ohrläppchen ab, nur weil sie sich partout nicht einigen konnten, wer von beiden ein größeres Anrecht auf drei Meter Asphalt hatte. Von da aus ist es ein weiter Weg nach Paris, wo man die Handbremse extra nicht anzieht, damit andere Autofahrer den Wagen vor- oder zurückschieben können, um Platz zu schaffen. Den Italienern wird eine solche Kameraderie immer fremd bleiben.
    Italiener parken ähnlich kreativ wie die Polizei in amerikanischen Hollywoodfilmen. Verkehrsregeln und die Rechte anderer werden komplett ignoriert. Entdeckt ein Fahrer zwei durch eine Linie voneinander getrennte Parkplätze, was in Mailand ebenso wahrscheinlich ist, wie auf eine Ölquelle im eigenen Garten zu stoßen, parkt er genau auf der Linie und besetzt so beide Plätze auf einmal. Auf diese Weise sind die legalen Möglichkeiten schnell erschöpft, und den Autofahrern bleibt keine andere Wahl, als auf dem Bürgersteig oder in zweiter Reihe zu parken. Jede freie Asphaltfläche gilt als geeignet, egal, ob sich darauf auch Straßenbahngleise, Haltezonen für Busse oder Fußgängerüberwege befinden. Das sorgt dafür, dass Mailands vigili schwer beschäftigt sind und so viele Bußgeldbescheide austeilen wie der Geber Karten beim Poker.
    Selbst wenn man das Glück hat, einen legalen Parkplatz zu finden, ist man immer noch nicht auf der sicheren Seite. Das musste ich eines schönen Morgens feststellen, als ich Zeuge einer Art Stummfilmkomödie wurde. Bevor ich zum Einkaufen in die Stadt fuhr, ging ich kurz in die Bar unten bei uns im Haus, um einen Kaffee zu trinken. Von meinem Fensterplatz aus sah ich, wie ein Bauarbeiter ein Loch in die Asphaltdecke bohrte, während ein Kollege überall in unserer Straße klingelte. Er suchte nach dem Halter eines Fahrzeugs, das Probleme verursachte. Nicht, weil es illegal geparkt war – zumindest noch nicht. Als ich gegen Mittag nach Hause zurückkehrte, waren die Bauarbeiter weg, dafür hatten sie ein Schild mit der Aufschrift »Behindertenparkplatz« in den Asphalt zementiert und eine knallgelbe Umrandung um den Wagen gemalt. Das Auto stand immer noch dort, als ich an jenem Nachmittag zur Arbeit fuhr. Ja, selbst dann noch, als ich am selben Abend wieder nach Hause kam. Nur dass jetzt im eiskalten Winterwind ein Bußgeldbescheid hinter seinen Scheibenwischern flatterte – schließlich parkte der Wagen ohne den geforderten Ausweis auf einem Behindertenparkplatz.
    Obwohl ich noch nicht ausprobiert hatte, wie Ohrläppchen schmecken, schlug mir das Parkplatzproblem auf den Magen. Als uns Michele plötzlich zu sich einlud, bat ich ihn spaßeshalber, uns abzuholen. Zu meiner großen Überraschung willigte er

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