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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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Söhne wie Töchter dazu bringt, auf ihre Uhr zu sehen und ohne nachzudenken zu sagen: » Ciao mamma. « Auch bei unseren Sonntagabend- Spaghettatas bereiteten sich alle auf den Anruf der mamma vor, indem sie kurz vor zehn ihre Handys hervorholten.
    Die Anrufe von Micheles Mutter waren stets amüsant, und in einer so kleinen Wohnung war es unmöglich, nicht mitzuhören. Die Frau mit den Gesundheitsschuhen und der Schürze kam zu Hause halb um vor Sorge. Ihr kleiner Junge vom Land war in der gefährlichen Großstadt, in der sie einmal gewesen war, um sich an der Hüfte operieren zu lassen. Angespannt verfolgte sie tagtäglich die Abendnachrichten – fest davon überzeugt, dass jede Tragödie, die sich in Mailand ereignete, ihren Sohn Michele betraf. Wenn plötzlich Hagelkörner vom italienischen Himmel fielen, von denen die meisten in Mailand landeten, rief Micheles Mutter an, um sicherzustellen, dass ihr Sohn nicht davon erschlagen worden war. Stur wie sie war, wartete sie jedoch erst auf den Mondscheintarif, um sich davon zu überzeugen, dass er noch lebte.
    An einem anderen Abend – in Mailand hatte es geschneit -, sorgten die Abendnachrichten wieder einmal dafür, dass Micheles Mutter in Panik geriet. » Non ti preoccupare mamma «, beruhigte sie Michele und nahm wie gewohnt seinen Zehn-Uhr-Kontrollanruf entgegen. »Ich bin im sechsten Stock. Der Schnee muss schon etwas mehr als sechs Zentimeter hoch liegen, bis er mich erreicht.«
    Trotz ihrer nervösen Veranlagung kam es nur einmal vor, dass Micheles Mutter dermaßen beunruhigt war, dass sie den Mondscheintarif verschmähte und bereits tagsüber anrief: nämlich als Micheles Vater von einem Olivenbaum gefallen war und sich die Schulter und seine Leiter gebrochen hatte. Da sie schwer damit beschäftigt war, ihren Mann zu pflegen, hoffte sie, ihr Sohn könnte ein paar Tage nach Hause kommen. Im Gegensatz zu seinem Vater waren die Oliven nämlich nicht rund genug, um von allein herunterzufallen, sondern mussten geerntet werden.
    Aber jetzt war es Carla, die nervös wurde, je näher die Zehn-Uhr-Stunde rückte. Manhattan war doch noch nicht ganz ausgebucht, und ich hatte ihr und Michele ein Hotelzimmer besorgen können. In Kürze würde sie ihrem Vater alles beichten, der entweder seinen Willen durchsetzen oder seine Meinung ändern würde. Ich schlug vor, sie solle erst sicherstellen, dass er sich nicht gerade in einem Olivenbaum befand, wenn sie ihm den Rest gab. Aber Carla war nicht zum Scherzen aufgelegt und hatte den ganzen Abend nur in ihrer Carbonara gestochert – nicht weil Michele schon mal besser gekocht hatte, sondern weil sie ihren Vater bald von seiner schlimmsten Seite kennenlernen würde.
    Als ihr Telefon klingelte, floh Carla ins Bad, von wo aus sie kurz darauf mit einem gezwungenen Lächeln und einer Flasche Bier wieder auftauchte. Damit ich mich ganz wie zu Hause fühlte, hatte Michele sechs Flaschen davon in seiner Badewanne deponiert. Carla ließ ihr Publikum warten, setzte sich an den Tisch und zündete sich eine von Sergios Zigaretten an.
    » Allora ?«, fragte Michele. »Wie ist es gelaufen?«
    Carla hustete, stieß eine Rauchwolke aus und zog eine Grimasse. »Ich versteh meinen Vater einfach nicht«, sagte sie. »Erst sagt er mir, ich soll nicht fliegen, und jetzt sagt er mir, ich soll nicht zurückkommen.«
     
    Zwei Wochen später – ich fuhr gerade zur Arbeit – klingelte mein Handy. Die kleine A-S-I-A war zur Welt gekommen. Ohne H am Anfang. Antonio war das Risiko eingegangen. Wenn alles gut ging, würden wir sie am nächsten Wochenende zur Sonntagabend- Spaghettata sehen.

13
     
    Campanilismo
     
    W ir wohnten gerade ein halbes Jahr in unserer Wohnung, als wir die Glocken der Kirche am Ende unserer Straße das erste Mal hörten. In der seltenen mittäglichen Stille war das träge zwölfmalige Läuten nicht zu überhören. Ein paar herrliche Momente lang verstummte der Verkehrslärm, und das wütende Hupen sowie die heulenden Sirenen wurden von lieblichen Bronzeklängen übertönt. » Che schifo di campana !«, verkündete Daniela, die schon zum zweiten Mal in diesem Monat mit einer Grippe im Bett lag. »Was für eine lahme Glocke. Sie klingt wie eine trockene Zunge, die gegen die ausgedörrten Wangen eines Mundes schlägt, dem das Singen vergangen ist.« Doch ich sollte noch ein viel besseres Beispiel für den campanilismo – die Liebe und Loyalität zur heimatlichen Kirchturmglocke und zum Leben, das sie dirigiert, zu hören

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