Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
mich fragen.«
Ich musste lachen. »Ja, klar, das wird er tun. Und wenn ich mal kommen darf, sag mir Bescheid, ich will den Alten sehen.«
»Ich melde mich«, versprach sie und unterbrach die Verbindung.
Über mir hörte ich Jennifer mit meinem Kater reden. Dann kam sie mir auf der Treppe in einem Bikini entgegengehüpft und sagte: »Ich lege mich in die Sonne.«
»Das wird schlecht sein, die geht gleich unter«, sagte ich. »Rodenstock ist aus der Krise. Jetzt muss er nur noch überleben. Grüße von Emma. Ich fahre gleich mal rüber und kümmere mich. Blumen gießen und so.«
»Dann ist das Schreckliche ja vorbei«, sagte sie mit einem Seufzer.
»Noch nicht ganz, junge Frau, noch nicht ganz.«
Zum ersten Mal, seit das Mädchen Jamie-Lee gestorben war, fühlte ich keine Hetze und keinen Stress mehr, stattdessen so etwas wie erschöpfte Gelassenheit und die leisen Fragen, die mit Rodenstock zusammenhingen und für deren Antworten viel Geduld aufzubringen war.
Ich rollte also gemächlich nach Heyroth, und ich genoss es, durch das Haus zu gehen. Ich dachte: Wenn du wieder heimkommst, Rodenstock, werden wir dir eine Girlande vors Haus hängen - Welcome home -, und wahrscheinlich wirst du dreißig Pfund an Gewicht verloren haben. Du wirst aussehen wie eine Bohnenstange, und nichts mehr wird dir passen, jedes Kleidungsstück wird an dir herumschlottern. Emma wird ständig meckern: »Nun iss doch endlich mal!«
Ich prüfte die Erde in den Blumentöpfen. Sie war feucht, Emma war gerade erst einen Tag verschwunden. Im Briefkasten war nichts, außer einem Kilo Werbung. Die Heizung drehte ich ganz herunter, dann prüfte ich den Garten. Auch der brauchte kein Wasser. Sicherheitshalber ging ich durch das ganze Haus und schaute in jeden Raum, sicherheitshalber machte ich sogar einen Abstecher in den Keller. Alles in Ordnung. Es gab nichts zu tun. Also hockte ich mich auf die Terrasse und stopfte mir eine uralte St. Claude aus Frankreich, die ich schon seit zwanzig Jahren mit mir herumschleppte.
Dann rief der Mann an.
»Ja, bitte?«
»Sind Sie Herr Baumeister?«
»Ja, bin ich, kann ich nicht abstreiten.«
»Der Journalist?«
»Kann ich auch nicht abstreiten.«
»Mein Name ist Gregor Bleibtreu, ich habe schon öfter Artikel von Ihnen gelesen. Ich weiß, dass Sie über die Eifel schreiben. Und deswegen habe ich mir die Mühe gemacht, sie wegen dieser Sache hier aufzufinden. So schwer war das nicht. Ich hätte da mal eine Frage: Könnte ich Sie treffen?«
»Von was für einer Sache reden Sie?«
»Ja, von diesen Morden, es sind ja drei.«
»Herr Bleibtreu, Sie brauchen keine Furcht zu haben, dass ich Ihnen Schaden zufüge. Sagen Sie einfach, was Sie wollen.«
»Könnte ich Sie treffen?«, wiederholte er. »Es kann aber nicht bei mir sein.«
»Warum denn nicht?«
»Ich bin Geschäftsmann. Also, sagen wir mal so: Gerüchte möchte ich mir nicht antun.«
»Tja, dann treffen wir uns doch. Auf neutralem Boden von mir aus. Wo sind Sie denn zu Hause?«
»In Schmidt. Aber das ist egal, ich kann ja ruhig weit fahren. Je weiter, desto besser.«
»Es geht um die Brüder Stern? Und es geht um Friedrich Vonnegut? Kein Zweifel?«
»Kein Zweifel«, sagte er.
»Morgen früh, irgendwo auf der Hälfte? In Schleiden? Aber deuten Sie doch mal an, um was es geht.«
»Tja, ich habe im Fernsehen diese Pressekonferenzen erlebt, und ich denke: Die Bullen haben null Ahnung.«
»Das ist richtig, aber das gilt auch für mich. Wir wissen eben nichts, wir haben keine Spuren in dieser Sache. Sollte man bei drei Toten nicht denken, ist aber so. Mit was kommen Sie denn nun?«
»Was soll ich sagen? Ich bin ja ein Geschäftspartner von Jakob, also gewesen. Und als solcher habe ich doch einiges erlebt oder gesehen.«
»Geschäftspartner? Wobei denn Geschäftspartner?«
»Ich bin Amuletthersteller.«
»So was gibt es wirklich?«
Er lachte. »Ja, klar, so was gibt es wirklich. Klingt komisch, ich weiß. Aber ich mache Bronzeguss und lege eine Patina drüber, das wird so ein bisschen grün und sieht richtig gut aus. Verkauft sich auch gut.«
»Und wie kommen wir zusammen? Wollen Sie mich besuchen? Dann müssen Sie lockere fünfzig Kilometer fahren. Aber der Abend gehört sicher der Frau.«
»Gehört er nicht«, stritt er ab. »Ich habe zur Zeit keine. Wo wohnen Sie denn?«
»Haben Sie ein Navigationsgerät? Dann diktiere ich das mal. Und Sie setzen sich in die Karre und kommen her. Am besten sofort. Was halten Sie davon?«
»Das ist
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