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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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du dich noch freuen«, sagte Jennifer und zündete sich eine Zigarette an. »Deine Frau, deine Ehefrau, ist die einzige Berufserbin unserer Familie. Die mögen sie alle so gern, dass sie ihr alles Mögliche zukommen lassen. Von alten Stichen und nutzlosen Möbeln bis hin zu Aktienpaketen und heimlichen Reserven in Bargeld. Und du kannst davon profitieren, indem du das alles heimlich verprasst.«
    »Ja«, nickte Emma und begann schallend zu lachen. »Er hat wirklich was von einem Erbschleicher.«
    Ich deutete auf die Rotweinflasche und fragte: »Die wievielte Flasche ist das?«
    »Die sechste«, sagte Rodenstock schuldbewusst. »Aber jetzt ist Schluss.«
    »Mal ehrlich, Emma«, fragte ich zwischen zwei Gabeln Nudeln, »warum wirst du bei Erbschaften so oft bedacht?«
    »Das hat etwas damit zu tun, dass ich einmal ein ganzes Jahr lang die Verwandtschaft abgegrast habe und überall war. Sie mögen mich eben.«
    »Quatsch«, sagte Jennifer sehr kühl und sehr nüchtern. »Emma gibt zweimal im Jahr die Familienzeitung heraus und schickt sie allen. Sie war die Erste, die gründlich aufgeräumt hat, als Hitler vorbei war. Sie war die Erste, die die Verlustlisten der Familie schrieb. Und wir jungen Leute kriegen schon mit der Muttermilch eingeimpft, dass Emma es ist, die alle zusammenhält, und die nicht zulässt, dass wir vergessen. So ist das.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte ich betroffen.
    »Das ist auch nicht wichtig«, nuschelte Emma vor sich hin.
    »Sag doch nicht so was!«, schnauzte Rodenstock heftig.
    »Du hast einige Male vage Andeutungen gemacht«, unterbrach ich energisch. »Wie viele Tote hat deine Familie denn verzeichnen müssen?«
    »Einhundertachtundneunzig«, antwortete sie. »Sechs Fälle sind unklar geblieben.«
    Die fröhliche Stimmung war dahin, geplatzt wie eine Seifenblase.
    Jennifer versuchte zu retten, was zu retten war. »Hat Emma euch schon von der Zwanzigtausend-Dollar-Jule erzählt? Nein? Also, das war eine Type, die ich ja nie kennen gelernt habe. Sie hieß natürlich nicht Jule, sondern Julia, und sie lebte in Berlin, als Hitler dort einzog. Sie stammte aus einem Sippenteil, der mit Kleidern sein Geld verdiente. Fabrikmäßig. Und sie machte sich rechtzeitig mitsamt ihrem Geld vom Acker und ging nach New York. Zu arbeiten brauchte sie nicht mehr, sie lebte von den Zinsen, und sie lebte gut damit. Von Zeit zu Zeit nahm sie sich einen Geliebten, der musste immer zehn bis zwanzig Jahre jünger sein und natürlich ausgesprochen kräftig. Und wenn sie die Nase von ihm voll hatte, schenkte sie ihm zwanzigtausend Dollar und schickte ihn weg. Und stellt euch vor: Einer von den Glücklichen hat es fertiggebracht, ein zweites Mal aufzukreuzen, und er hat tatsächlich zum zweiten Mal die Zwanzigtausend kassiert. Die Jule hat es gar nicht gemerkt.« Dann sah sie uns der Reihe nach an, verzog den Mund und grummelte: »Ich merk es schon, das zieht im Moment nicht.«
    Rodenstock entkorkte die siebte Hasche und schenkte ein.
    »Ich nicht mehr«, sagte Emma.
    »Ich auch nicht«, sagte Jennifer.
    »Dann will ich mal«, sagte ich.
    Als ich nach Hause kam, war es weit nach Mitternacht, und mein Kater Satchmo war gerade dabei, vor meiner Haustür eine Maus zu jagen.
    »Du sollst nicht zum Artensterben beitragen«, sagte ich streng.
    Er reagierte überhaupt nicht, er nahm die Maus mit der rechten Kralle und warf sie hoch in die Luft. Sie fiel ziemlich genau ein paar Zentimeter vor seine Schnauze wieder runter. Dann machte sie sich plötzlich lang und entwischte in den Gully auf meinem Hof.
    »Jetzt schaust du dämlich in die Gegend«, murmelte ich. »Na, komm, du kriegst was aus der Dose.«
    Ich musste an meinen Hund Cisco denken, der mich jahrelang auf diesem Hof erwartet hatte, ehe jemand ihn unabsichtlich mit seinem Trecker zu Tode walzte, ein freundlicher Mensch, der mir nur einen Hänger voll Holz bringen wollte. Vielleicht sollte ich mir einen neuen Hund anschaffen. Das Haus kam mir sehr leer vor.
    Ich legte mir eine CD von Paulchen Kuhn ein und hörte seinem melancholischen Klavier zu. Er kam mit Blues bevor Sunrise rüber, und es war eine richtig gute Kammermusik. Satchmo schlabberte zu meinen Füßen sein Futter, und es war alles in Ordnung. Irgendwann fand ich den Weg in mein Bett und war nur noch hundemüde.
     
    Ich wurde wach und war stinksauer, weil es schon zehn Uhr war. In dieser Hinsicht war ich immer schon dümmlich. Niemand trieb mich, kein Termin, keine Arbeit lag an, und trotzdem hatte ich

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