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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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verführt. Der Mann sagte das, ohne seinen Namen anzugeben. Und ich will Ihnen damit nur zeigen, wie Gerüchte funktionieren, wenn man sie ernst nimmt oder gar glaubt. Dann wurde ich von einem Kind angerufen, das sagte, sie seien in einem Traumhaus gewesen, und niemand habe Jamie-Lee angetatscht und niemand habe sie geschminkt.«
    »Ja«, nickte sie tonlos. Dann fragte sie unvermittelt: »Haben Sie eine Zigarette für mich?«
    »Ja«, sagte ich. »Irgendwer hat eine Schachtel hier liegen gelassen.« Ich ging ins Haus, um sie zu holen. Es waren Marlboro, und wahrscheinlich waren sie von Maria. Ich reichte ihr die Schachtel und setzte hinzu: »Ich wollte Sie keinesfalls verwirren.«
    »Das mit Jamie-Lee trifft mich im Moment etwas heftig.« Sie nahm eine Zigarette, und ich gab ihr Feuer. Sie paffte. »Also, es ist ja sehr heftig, das zu hören. Sexorgien. Haben Sie das geglaubt?«
    »Nein, oder, besser gesagt, ist es mir wurscht. Journalisten hören so etwas häufig und die einzig vernünftige Reaktion darauf ist: Ohren zu! Was ist denn dran an diesen Orgien?«
    »Also, das weiß ich nicht.« Sie wurde schon wieder verlegen.
    »Liebe Claudia Reiche, jetzt tun Sie mir den Gefallen und sagen Sie mir, was Sie denn wollten mit diesem Besuch bei mir. Sie fahren doch nicht grundlos über fünfzig Kilometer hierher, sie wollten doch etwas Bestimmtes.«
    »Wir haben überlegt …«, sagte sie. »Also, wir dachten uns, dass wir irgendetwas tun müssen, damit Jakob Stern nicht als Vergewaltiger dasteht. Aber jetzt hat sich ja alles gedreht, jetzt kann ich wieder nach Hause fahren.«
    Lass sie einfach in Ruhe abziehen, Baumeister, mach es nicht zu kompliziert, der Fall ist tot.
    Aber es reizte mich, es juckte mich, ich konnte nicht widerstehen: »Sie wollten wahrscheinlich sagen, dass Sie die Nacht mit Jakob Stern verbrachten, dass er niemanden in dieser Nacht getroffen hat, und dass er überhaupt in keiner Weise auf Jamie-Lee getroffen sein kann. Der Jakob Stern kann sich übrigens glücklich schätzen, dass er so viele edle Verteidiger hat.«
    Sie saß mir gegenüber und reagierte nicht. Sie war ganz einfach blass, in ihrem Gesicht rührte sich kein Muskel.
    »Sehen Sie, ich war bereits bei einer Frau namens Griseldis, die sich selbst als Hexe bezeichnet. Und die reagierte auf eine mögliche Täterschaft des Jakob Stern mit einem aufrichtigen Lachen. Sie deutete an, dass Stern ein lebenslustiger Typ sei, aber niemals ein Täter, der irgendetwas von kleinen Mädchen will. Dann wollte mich eine Frau informieren, die sich als Hexe in Ausbildung bezeichnete, und die im Grunde nur ein Opfer war.«
    »Griseldis«, sagte sie, und es klang wie ein Echo.
    »Ja, ja, Griseldis. Was sind Sie eigentlich von Beruf?«
    »Ich bin arbeitslos. Eigentlich bin ich Bürokauffrau.« Sie wirkte plötzlich erleichtert.
    »Aber Sie sagen das so, als sei Ihr Beruf höchst überflüssig, als hätten Sie kein Interesse daran. Darf ich raten? Also, Sie sind eine Lebensberaterin, oder Sie legen Tarotkarten, oder Sie sehen die Zukunft in einer Glaskugel, oder Sie treffen irgendeinen Erzengel, der Ihr Leben wieder in Ordnung bringen kann …«
    Sie begann zu lächeln, und ihr Gesicht wurde wunderbar weich und glühte ein wenig vor Begeisterung. »Ich bin eine Heilerin in Ausbildung«, sagte sie. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ein Mann hat mich angerufen, der unzweideutig formulierte, da würden Leute schwarze Messen feiern und wahrscheinlich demnächst Babies opfern. Und das alles natürlich im direkten Auftrag des Satans. Und plötzlich ertappe ich mich dabei, dass ich in Kategorien denke, von denen ich vor achtundvierzig Stunden noch gar keine Ahnung hatte. Hexen, Heiler, und natürlich ist Jakob Stern ein Schamane und lädt zu Sitzungen unter heiligen Eichen ein, um Tiere zu hören …«
    Sie bewegte sich wieder, sie wurde jetzt hellwach und unterbrach mich. Sie sagte in leichter Empörung: »Aber das stimmt doch, das machen wir. Ziemlich oft. Es ist unfassbar, was man nachts alles hören kann.«
    »Ich nehme also an, Sie sind eine Heilerin in Ausbildung bei Jakob Stern.«
    »Ja«, sagte sie, und offenbar war sie erleichtert, das feststellen zu können. »Sie wollen also eine Schamanin werden?«
    »Ja.«
    »Kann man davon leben?«
    »Nein.«
    »Und was heilen Sie dann?«
    »Menschen. Aber es geht auch bei Tieren.«
    »Sie brauen dann wahrscheinlich Tinkturen aus Kräutern und Wurzeln?«
    »Das auch.«
    »Der Nationalpark Eifel bringt also außer dem Urwald

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