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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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man auf den Grund gehen.« Sie war also dabei, sie wollte mitmachen.
    »Ich hätte diesen Toten gern gesehen«, sagte Jennifer.
    »Wir kriegen Fotos«, sagte ich. »Er machte den Eindruck, als gehöre er einer edlen Kriegerkaste an, obwohl ich weiß, dass das blödsinnig klingt. Irgendwie wirkte er unberührbar.«
    »Jetzt wirst du unsachlich«, mahnte Emma an und legte mir den Arm um die Taille. »Er war tot, und irgendwie passt das nicht. Nicht zu seinem Haus, nicht zu diesem kleinen Häuschen, nicht zu seinem Wagen. Ich tippe auf Mord.«
    »Ich tippe gar nicht«, sagte Rodenstock lächelnd. »Ich habe einen Mordshunger, ich muss etwas zu essen finden.«
    »Hast du viele Problempunkte entdeckt?«, fragte ich.
    »Ja, einige. Ich frage mich, warum er keine Schuhe trug. Und wo diese Schuhe jetzt sind. Und ich frage mich auch, warum er zweiundsechzigtausend Euro in bar einfach in einer Schublade liegen hat. Und dann frage ich mich, wie seine letzten achtunddreißig bis vierzig Stunden abgelaufen sind, und ob wir das je herausfinden können. Und dann müssen wir wissen, ob er bereits tot auf den Baum gehoben wurde oder ob er noch lebte, als sie ihn darauf banden. Ich hoffe, dass die Rechtsmediziner uns das sagen können. Ich würde sagen, wir fahren nach Vossenack, erobern etwas zu essen und besuchen dann einen Mann, der sich selbst als Hexer bezeichnet und der angeblich ein guter Freund des Toten gewesen ist. Er heißt Friedrich Vonnegut, ist achtundfünfzig Jahre alt und war in seinem vorigen Leben ein Kaufmann, der angeblich Millionen scheffelte. Er wohnt in Vossenack. Und wie kommen wir jetzt an mein Auto?«
    »Ich fahre dich dorthin«, sagte Emma.
    »Ihr habt ja wirklich ein merkwürdiges Hobby«, lächelte Jennifer. »Gruselt euch das nicht dauernd?«
    »Weniger«, sagte Emma resolut. »Zum ersten Mal im Leben kann ich mir die Fälle aussuchen. Das ist ganz schön elitär, wenn man an die Arbeitswelt von heute denkt.«
    »Sie guckt auch immer sehr elitär, wenn ich mich mit Baumeister um irgendeinen Fall kümmere. Dann sagt sie: >Mit so was Ordinärem würde ich mich nicht mehr abgeben.< Richtig arrogant würde ich mal sagen. Aber dann merkt man plötzlich, dass es sie juckt. Und dann schielt man unwillkürlich auf ihren Colt Special. Wenn sie ihn mitnimmt, wird es für diesen oder jenen ungemütlich.«
    Jennifers Augen weiteten sich und verengten sich dann extrem. Sie beugte sich leicht vor und fragte aggressiv: »Du willst doch nicht sagen, dass du Menschen erschossen hast, Tante Emma.«
    »Das ist vorgekommen«, erwiderte Emma einfach. Wie ein Kind fragte Jennifer weiter: »Und was waren das für Menschen?«
    »Verbrecher«, antwortete Emma einfach. »Sie hatten Waffen, sie wollten schießen.«
    »Es waren natürlich die Ausnahmen«, sagte ich beschwichtigend. Ich fürchtete, Emma könnte sich in die Ecke gedrängt fühlen und unangenehm rau werden.
    Aber Emma beugte sich vor, legte Jennifer eine Hand auf den Arm und sagte ganz weich: »Das ist schwer zu erklären, aber ich werde es dir auseinandersetzen, wenn du das willst. Weißt du, ich habe früh im Leben lernen müssen, dass du in dieser Welt alles sein darfst, bloß kein Weichei.«
    Jennifer zuckte zurück. »Das ist so unvorstellbar«, sagte sie dann tonlos. Sie wandte den Kopf, schaute Rodenstock an und fragte: »Was ist mit dir?«
    »Nichts«, sagte Rodenstock freundlich. »Ich habe das nie tun müssen, meine Liebe. Aber etwas ist ganz wichtig, denke ich. Du musst mit Emma darüber sprechen, wenn du das kannst. Du hilfst ihr damit auch. Das hat sie mir jedenfalls gesagt.«
    Emma lächelte ein schnelles, vages Lächeln.
    »Lieber Himmel«, murmelte Jennifer nach einer Weile und war immer noch sichtlich verwirrt und unsicher.
    Wir standen da in der Sonne vor diesem kleinen Häuschen, und das Leben hatte einen erschreckenden Moment lang stillgestanden.
    »Wir fahren heim und essen«, erklärte Rodenstock dann, als sei das eine wichtige Entscheidung. Dann setzte er hinzu: »Kein Vossenack heute. Ich bin zu erschöpft.«
    So etwas hörten wir selten von ihm.
    »Ich bin auch durch den Wind«, sagte ich. »Fahrt mich zu dem Auto, ich fahre es nach Hause.«
    Emma meinte: »Ja, das ist gut.« Dann setzte sie hinzu: »Es ist so, meine Liebe, dass du ein Leben lang grübelst, ob denn ein Schuss irgendeine Lösung gebracht hat. Und die Antwort ist immer gleich.«
    Also fuhren wir auf die schmale Straße, auf der Rodenstocks Auto stand, und ich stieg aus. Dann

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