Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
lassen vermuten, dass da getrickst wurde. Aber ich werde Ihnen am Telefon darüber keine Auskunft geben. Rufen Sie mein Sekretariat an und machen Sie einen Termin. Wie war noch mal Ihr Name?«
»Siggi Baumeister, zu Hause in der schönen Eifel…«
»Moment mal, sind Sie der Mann, der für die Mordkommission fotografiert hat?«
»Ja, der bin ich.«
»Und Sie arbeiten mit einem gewissen Kriminaloberrat a.D. Rodenstock zusammen? Und Sie haben Franz Stern gefunden? Und Sie recherchieren für das Magazin in Hamburg?«
»Na, sehen Sie, die Buschtrommel funktioniert doch. Ja, der bin ich.«
»Können wir uns irgendwo treffen, an irgendeinem neutralen Ort, wo man mich bestimmt nicht kennt? Oder bringt das Magazin die Geschichte schon am kommenden Montag?«
Da konnte man mal sehen, der Mann war helle. »Nein, nicht am kommenden Montag. So schnell schießen die Preußen nicht.«
»Und wann können wir uns treffen?«
»Wenn es Ihnen dringlich ist, gerne jetzt. Ich gebe Ihnen meine Adresse.« Ich diktierte sie ihm mitsamt allen Telefonnummern.
Dann atmete ich langsam und genussvoll zehn Minuten tief ein und aus, setzte mich auf meine Terrasse und starrte in den Garten. Die Elstern schossen durch den Abendhimmel und wollten unbedingt auf der Terrasse landen, weil sie es auf meines Katers Knabberspaß abgesehen hatten. Die zwei Rotschwänzchen benahmen sich so, als seien sie beim zweiten Nestbau, und aus dem Teich kam der Quaklaut der Unke, von der ich angenommen hatte, es gebe sie nicht mehr. Warum tat ich mir diese Geschichten an? Warum jagte ich die Mörder anderer Leute, warum schrieb ich über sie? War das zwanghaft?
Dann rief ich bei Emma an, und als sie sich meldete, sagte ich, ich bekäme Besuch und sei in das öffentliche Leben der Gebrüder Stern eingestiegen. Mit überraschenden Folgen. Und falls Sie teilnehmen wollten, ein Informant sei in etwa einer Stunde bei mir.
Emma erklärte, ich sei einwandfrei ein Wunder. Ich widersprach ihr nicht.
Ich holte mir zwei Scheiben Brot und ein großes Stück jungen Gouda und begann genüsslich zu mummeln. Dazu trank ich Dreiser Sprudel aus meiner Heimatgemeinde. Es war ein richtiges Triumphmahl in meiner provinziellen Heimat.
Wenn ich mich vorbeugte, konnte ich im Dämmerlicht den Mond sehen, der sich anschickte runder zu werden. Wie viel war in den letzten paar tausend Jahren schon in dieses runde Stück Gestein hineingedeutet worden? Was für Kräfte hatte man der käsigen Kugel nicht schon angedichtet? Diesem Ding da oben waren sie alle verfallen: Gothics und Quacksalber, Schamanen und Hellseherinnen … da sollte einer den Überblick behalten.
Dann kamen die Männer.
Sie fuhren nicht auf den Hof, sie kamen auch nicht von der Straße. Sie kamen zu Fuß zwischen den Häusern entlang und ich hatte den Eindruck, als wüssten sie genau, wo ich saß. Dann nahmen sie bedächtig die vier Stufen zu meiner Terrasse hin, und ich brauchte keine Zehntelsekunde, um zu begreifen, dass ich in Schwierigkeiten steckte.
Sie waren etwa gleich groß und gleich kompakt. Sie trugen sicherheitshalber Sturmhauben, wie sie Motorradfahrer tragen.
Einer von ihnen sagte: »Wir sollen ausrichten, dass du über diese Geschichte nicht schreiben darfst. Wenn du es trotzdem tust, kommen wir immer wieder. Bis du den Mund hältst.«
»Ach, ja?«, sagte ich. »Und wer sagt das?«
»Wir sagen das.«
»Na, klasse!«, gab ich zurück. »Zwei Sturmhauben auf Brautschau!«
»Soll das heißen, wir sind schwul?«, fragte einer von ihnen aggressiv.
»Viel schlimmer als schwul!«, sagte ich. Eine kurze Sekunde überlegte ich, ob es möglich war, zwischen ihnen durchzuwischen, mit einem Satz im Garten zu landen und zu entkommen. Aber ich wusste in der gleichen Sekunde, dass das nicht gelingen konnte. Nicht bei diesen Typen. Sie waren auf so etwas geeicht.
»Also, verstanden? Wir kommen immer wieder!«
»Ja, du Armleuchter!«
Der Linke stand mit einem Schritt neben mir und blieb dort stehen. Der Zweite kam auch und nahm meinen linken Arm und zog daran. Ich rutschte unwillkürlich nach vorn, und das war der Fehler. Er nahm das Knie hoch und schlug meinen Arm darauf.
Es schmerzte höllisch, und es hörte nicht auf. Ich fiel nach vorn und konnte mich mit dem linken Arm nicht abstützen, den rechten brachte ich nicht mehr nach vorn. Ich fiel auf die Knie, ich bekam keinen Schutz nach vorn, mein Gesicht landete flach auf den Steinen der Terrasse, es tat weh, und ich konnte nicht mehr atmen, alles war
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