Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
das, was einen guten Abend versprach.
Jede meiner möglichen Planungen wurde über den Haufen geworfen, als es klingelte, ich die Tür öffnete, ein freundlicher Mann mich anlächelte und sagte: »Wir kommen im Auftrag der Freunde des Mondes.«
»Das ist aber schön«, sagte ich. »Ich habe nur leider keine Zeit für den Mond.«
Neben ihm stand eine Frau, die genauso freundlich lächelte wie der Mann. Sie sagte: »Ich bin ganz sicher, Herr Baumeister, dass Sie für uns eine kleine Weile Zeit haben. Es ist uns nämlich gelungen, den Mörder der drei Männer zu finden.«
»Das glaube ich nicht.« Ich war wahrscheinlich vollkommen verdattert, und wahrscheinlich machte ich auch keinen sonderlich intelligenten Eindruck.
»Nur ein paar Minuten«, bat der Mann inständig.
Zeugen Jehovas, dachte ich.
»Es ist eigentlich ganz einfach«, sagte die Frau. »Man muss nur die richtigen geistigen Verbindungen haben. Und die sind uns letzte Nacht vom großen Mondgeist geschenkt worden.«
Viel schlimmer als Zeugen Jehovas, dachte ich. »Na, dann kommen Sie mal. Ich nehme an, Sie wohnen im Nationalpark Eifel.«
»Ja«, sagte der Mann. »Das ist sehr nett.« Und marschierte an mir vorbei.
Er war vielleicht fünfzig Jahre alt, trug einen entsetzlich konservativen, braunen Anzug mit viel zu kurzen Hosen über schwarzen Halbschuhen und ein weißes Hemd mit einer himmelblauen Krawatte. Ich hatte schon mal gehört, dass man heutzutage alles zusammen tragen kann, aber das verstieß eindeutig gegen mein ästhetisches Empfinden. Da machte es auch nichts mehr aus, dass seine Frau Schuhe trug, wie man sie bei uns vor zwanzig Jahren angeboten hat: grau, am Spann geschnürt, Kreppsohle, das Leder mit Löchern, damit es der Fuß schön luftig hat. Genau genommen waren die beiden viel schlimmer als eine Kompanie Urlaubsdeutscher in kurzen Hosen, Sandalen und Söckchen.
»Nehmen Sie Platz«, bot ich an, kam aber zu spät, sie saßen schon.
»Möchten Sie etwas zu trinken?«
»Wasser vielleicht«, sagte die Frau. Sie war so alt wie der Mann, aber ich wusste nicht, ob sie seine Frau war.
Ich holte also Wasser und Gläser und dachte: Hoffentlich wollen die nichts zu essen.
Der Mann sagte: »Also, wir sind wohnhaft in Schleiden.« Dann räusperte er sich und setzte hinzu: »Meine Frau und ich leben nach dem Mond. Schon zwanzig Jahre. Und es geht uns gut damit. Unser Name ist Hammes.«
»Das ist aber schön«, sagte ich. »Ich stopfe mir mal eine Pfeife, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Oh«, sagte die Frau mit einem Kiekser in der Stimme, »da weiß ich aber nicht, ob ich das dulden kann. Auch Passivraucher sind ja gefährdet.«
»Aber Sophie!«, sagte der Mann.
»Lassen Sie nur, Herr Hammes. Wenn Ihre Frau das nicht aushalten kann, möchte sie vielleicht im Auto warten?«
»Aber es ist doch so, Friedbert …«, versuchte die Frau einen erneuten Vorstoß.
Friedbert murmelte: »Wir sind hier aber im Haus von Herrn Baumeister, Sophie.«
»Das ist richtig«, stimmte sie zu.
Ich dachte: Nimm sie als die lustige Sondernummer des Tages, schlimmer kann es nicht mehr kommen. »Was, bitte, sind denn die Freunde des Mondes?«, fragte ich.
»Wir haben einen Freundeskreis«, begann Sophie. »Wir stimmen unser ganzes Leben mit dem Freundeskreis ab. Es ist ein Freundeskreis e.V., und mein Mann macht das Büro.«
»Du musst das anders erklären«, sagte Friedbert mit mildem Vorwurf.
»Wissen Sie, wie mir das erklärt wird, ist eigentlich wurscht, Hauptsache es wird erklärt. Und Sie wollten mir ja den Mörder der drei Männer nennen.«
»Ja«, sagte Friedbert. »Also, wir haben in den Zeitungen und dem Fernsehen verfolgt, dass die drei Männer wohl getötet wurden, aber niemand eine Idee hat, wer es denn gewesen sein könnte. Das liegt wohl im Dunkel. Wir machten also eine Mondkonferenz im Freundeskreis und - was soll ich Ihnen sagen - schon hatten wir den Täter.«
Ich stopfte mir betulich eine genial geschnittene, kleine Pfeife von Stanwell und äußerte: »Sie sind nicht hergekommen, um mich zu verarschen?«
»Das liegt uns ganz fern«, versicherte Friedbert. »Vor allem haben wir eine direkte Verbindung zu dem kleinen Mädchen herstellen können, das tot aufgefunden wurde. Der, der dieses Mädchen so unzüchtig schminkte, ist mit Sicherheit der Täter, also der Mörder. Denn er ist voll Hass! Es ist ein Mann aus Syrien, ein gewisser Hamid.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Der Hamid ist erst vor sechs Monaten nach Deutschland
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