Sigi Wulle 3 - Sigi Wulle und der Einbrecher
daß es ein Stuhl war. Als ich auf den Schalter drückte und Licht aufflammte, fühlte ich mich wesentlich wohler und atmete auf.
Der Koffer lag auf dem Bett und war nicht einmal verschlossen. Vielleicht hatte dieser Charly gedacht, daß es genügte, wenn er die Tür seines Zimmers absperrte. Ich hob den Deckel und sah nur einige Kleidungsstücke, die ich sorgsam herauszog und daneben legte, und dann... verdamm mich! ...fand ich tatsächlich das, wonach wir gesucht hatten: Perücken, falsche Bärte, Schminke, großväterliche Kleidungsstücke. Triumph erfüllte mich. Ich hatte den Schurken ausgemacht!
Rasch richtete ich alles wieder so her, wie es gewesen war, und widmete mich der Tasche, die neben dem Bette stand und in der ich auch die letzten Beweisstücke entdeckte: den Tomahawk, dessen Stiel nicht nur mit bunten Federn verziert, sondern auch mit silbernen Nägeln beschlagen war, einen Häuptlingsschmuck, dessen Federn allerdings nicht von Adlern, sondern von Hühnern stammten, einen Germanenhelm mit Hörnern, ein Römerschwert aus Kunststoff, aber auch verschiedene Püppchen, die sicher dazu dienen sollten, kleine Mädchen erst zu begeistern und dann hereinzulegen.
Ich schwitzte vor Freude, als ich das Licht löschte und erneut das stockdunkle Zimmer durchquerte, um es auf der Balkonseite zu verlassen. Meiner Patin, die jenseits des Abgrundes voller Spannung kauerte, warf ich das Leintuchende zu, ehe ich wieder den gefährlichen Sprung wagte. Ich hechtete hinüber, spürte plötzlich aber einen starken Schmerz in der rechten Hand, mit der ich gegen die Stäbe geprallt war. Ich rutschte am Geländer hinab und fand gerade noch an der Betonkante Halt, wo ich einige Augenblicke in größter Verzweiflung baumelte, bis Patin Berta mich Stück um Stück hinaufzog und mir ins Zimmer half.
„Hast du dir weh getan, Sigi?“
„Kaum“, sagte ich.
„Aber die Hand blutet!“
„Die hört auch wieder damit auf.“
Sie schaute mich an, und ihr Blick war voller Anerkennung. Wenn ich ihr auch schon manchen Streich gespielt hatte; aber in diesem Augenblick war sie bestimmt glücklich, einen solchen Patenjungen zu haben.
„Und?“
„Er ist’s!“
„Hast du...?“
„Ja.“
„Toll!“
„Es gibt keinen Zweifel mehr: Der Alte ist Charly, und Charly ist der gottverdammte Schurke und Ganove, der mich zusammengeschlagen, gefoltert und erpreßt hat, um das Geld meiner guten Eltern klauen zu können.“
„Wir werden’s ihm heimzahlen!“
„Doch ich möchte, daß wir ihn auf frischer Tat erwischen, da er sonst alles abstreitet.“
„Das werden wir auch!“
Kapitel 13
H orch!“ flüsterte die Patin.
Aber ich war schon wach, denn das Gepolter und Gekicher draußen auf dem Flur hatte mich längst geweckt. Dann wurde gegen unsere Tür gebumst und die Klinke auf und ab bewegt; doch es war von innen abgeschlossen, so daß sich Patin Berta seufzend und schimpfend erheben mußte, um zu öffnen und ihren Gemahl hereinzulassen. Der hatte so einen in der Krone, daß er über seine eigenen Füße stolperte und sich vor das Bett statt hinein legte. Sie packte ihn am Wickel und zog ihn hoch.
„Ein... hick... ein feiner... hick... Mensch!“
„Welcher Mensch?“
„Dieser Flick!“ krähte Onkelchen.
„Wer ist Flick?“
„Charly... hick... Flick!“
Patin Berta schubste ihn auf das Bett und zog ihm Schuhe, Jacke und Hose aus, wobei er wie verrückt kicherte, weil es ihn vielleicht kitzelte. Dann legte sie sich mit grimmiger Miene neben ihn.
„Ist das alles, was du herausgekriegt hast?“
„Ein... hick... feiner Mensch!“ wiederholte er.
„Wissen wir bereits!“ zischte sie.
„Und ein... hick ...Schlauberger dazu!“
„Wieso?“
„Weil er mich... hick... betrunken gemacht hat! “flüsterte er und kicherte so lange, bis ihm seine Gattin den Ellbogen in die Seite stieß. „Bist mir ein schöner Detektiv!“
„Aber eines ist mir nicht entgangen!“
„Was?“
„Der Schnurrbart... hick... ist aufge ... hick... klebt, und seine Birne bedeckt... hick... ne Perücke!“
Er kicherte noch eine Weile und schlief dann so fest ein, daß sein Schnarchen durch nichts mehr zu unterbrechen war. Wütend erhob sich meine Patin, die nur Schuhe und Kleid ausgezogen hatte, stapfte zum Waschtisch und zog sich wieder an. Dabei fluchte sie wie ein Mann vor sich hin, allerdings ziemlich leise, damit nicht das ganze Hotel aufgeweckt wurde, dessen Gäste erst vor ein paar Minuten von Onkel Eduard und diesem Charly
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