Sigi Wulle 3 - Sigi Wulle und der Einbrecher
Edilein sagte, man müsse nun genau überlegen, wie man vorzugehen gedenke. Er habe Lust, sich ein bißchen an diesen Charly heranzumachen, wozu das Abendessen eine gute Gelegenheit biete. Wir müßten dann allerdings im Zimmer bleiben.
„Sofern man uns beiden auch etwas Leckeres serviert“, meinte Patin Berta.
„Vielleicht kann ich es erreichen, mit ihm auszugehen!“
„Dann würden wir seine Bude inspizieren!“
„Und noch etwas“, sagte Onkelchen, indem er seinen Zeigefinger in die Höhe hielt. „Was dieser Schurke macht, müssen wir auch probieren!“
„Was?“
„Uns verkleiden.“
Kapitel 12
D as Essen war prima, weil es ja auch das Festessen zu Patins Geburtstag war. Zuerst gab es Schnecken mit französischer Kräuterbutter, die in ihren Gehäusen serviert wurden. Sie schmeckten ganz herrlich. Dann wurden verschiedene Sorten Rollbraten gebracht und mehrere Arten Gemüse und Salate, die ich alle probierte. Das war ein Genuß für meinen Gaumen!
„Trinkt der Herr schon einen Beaujolais?“ fragte der Kellner und machte einen Bückling vor mir.
„Selbstverständlich!“ sagte ich.
„Aber einen kleinen!“ fügte meine Patin hinzu.
„Weshalb?“ motzte ich.
„Weil wir noch manches vorhaben.“
Der Käse war auch französisch, weil diese Leute ein feines Gefühl dafür haben, was gut schmeckt und wie man es herstellt; aber das Eis war italienisch und vorzüglich, denn Italiener sind Spezialisten dafür. So hat jedes Volk auf der Welt etwas, was es besonders gut kann, so wie die Indianer vielleicht die besten Jäger waren.
Ich durfte so viel Eis schlecken, wie ich wollte; doch bald ging nichts mehr hinunter in meinen Bauch, der prall gefüllt war. Auch Patin Berta stöhnte genüßlich und meinte, daß sie bestimmt wieder ein Kilo zugenommen habe, was aber nichts mache, da ein kleines Kilochen unter so vielen Kilos nicht mehr auffalle. Dann erschien Onkel Eduard, der nicht auf dem Zimmer wie wir, sondern unten im Restaurant gespeist hatte. Er erzählte uns, daß es ihm gelungen sei, mit diesem Charly ins Gespräch zu kommen, und sie gemeinsam einen Bummel durch die Lokale der Stadt machen wollten.
„Und wir sollen wohl die Arbeit alleine schaffen!“ schimpfte die Patin.
„Aber Bertalein !“ flehte er. „Siehst du nicht ein, daß auch meine Tätigkeit Mühe kostet?“
„Nein.“
„Ich treibe mich nicht gern mit einem solchen Halunken herum!“
„Doch! Es macht dir Spaß!“ widersprach sie.
„Zugegeben“, sagte er nach einer Weile, „aber nur aus kriminalistischem Interesse.“
„Und was ist unsere Aufgabe?“
„Die Erforschung seines Gepäcks.“
Dann ging er, und wir legten uns wieder auf die Betten, um ein Verdauungsnickerchen zu machen, denn die Nacht werde uns gewiß noch einige Aufregungen bringen, meinte die Patin; aber ich konnte nicht einschlafen, und so spielte ich mit Strups, der seine Mahlzeit ebenfalls beendet hatte, die aus Weißbrot und Salatblättern bestand. Es gefiel ihm im weichen Bett, wo er unter Decken und Kissen schlüpfte, damit ich ihn suchte und sein Fell kraulte, wenn ich ihn gefunden hatte.
Anschließend dachte ich an Annegret, meine Freundin, über die ich mich verdammt geärgert hatte, weil sie so gemein gewesen war, mich wegen meines Pechs zu verspotten. Ich überlegte, was sie wohl sagen würde, wenn sie mich in diesem feinen Hotel sähe, wo ein Kellner Bücklinge vor mir machte und mir französischen Wein servierte. Ob sie wohl zittern würde um mich, weil ich einen eventuellen Verbrecher verfolgte und jetzt im Zimmer neben dem seinen wohnte. Vielleicht hatte sie es auch nicht bös gemeint, und ich war überempfindlich gewesen, weil alle anderen über mich hergefallen waren. Dann meint man nämlich, die ganze Welt wäre schlecht, nur man selbst nicht, und das stimmt meistens nicht.
Sie ist das schönste Mädchen, das ich jemals gesehen habe, und ein Jahr jünger als ich. Schon oft hätte ich gern zu ihr gesagt, daß ich sie heiraten möchte, wenn ich erwachsen und ein berühmter Detektiv oder sonst etwas Großartiges wäre; aber immer, wenn sich eine Gelegenheit dazu bot, kribbelte es in meinem Hals, so daß es nicht herauskam und ich mich räuspern mußte. Doch vielleicht weiß sie es auch so, denn auf der Kirmes lade ich sie immer ein, mit mir im Autoskooter oder mit der Geisterbahn zu fahren, wo sie sich an mich klammert, wenn ein Ungeheuer erscheint, und an Fastnacht tanze ich nur mit ihr...
„Wovon träumst du, Sigi?“
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