Sigma Force 01 - Sandsturm
hast erzählt, dass nach der Tragödie hier die Königin die Tore von Ubar versiegelte und die Schlüssel verstreute.«
Lu’lu nickte. »Bis die Zeit kommen würde, um Ubar wieder aufzuschließen.«
»Also wurde das Tor nicht zerstört, als das Schlundloch sich öffnete.« Das war Glück. Zu viel Glück. Sie dachte darüber nach, weil sie dahinter einen Hinweis vermutete.
»Vielleicht sollten wir die Schlüssel hierher holen«, sagte Painter.
»Nein.« Das schien ihr jetzt noch nicht angebracht. Die Schlüssel würden erst wichtig werden, wenn sie das Tor gefunden hatten. Aber wo sollte es sein, wenn nicht bei der Zitadelle?
Painter seufzte und verschränkte die Arme. »Vielleicht sollten wir versuchen, das Radar neu zu kalibrieren, die Intensität zu erhöhen, um noch tiefer eindringen zu können.«
Safia schüttelte den Kopf.
»Nein, wir gehen das völlig falsch an. Mit zu viel High Tech. So werden wir das Rätsel nie lösen.«
Painters Miene verdüsterte sich, als wäre er verletzt. High Tech war sein Steckenpferd.
»Wir denken zu modern. Metalldetektoren, Radar, Gitternetze, alles kartographieren. Das wurde ja alles schon einmal gemacht. Das Tor muss sich, um diese lange Zeit unbeschadet zu überdauern, in die natürliche Umgebung einfügen. Es muss so versteckt sein, dass man es vor lauter Offensichtlichkeit übersieht. Sonst hätte man es bereits gefunden. Wir sollten nicht nur unsere Werkzeuge benutzen, sondern vor allem unseren Kopf.«
Sie merkte, dass Lu’lu sie anschaute. Die hodja trug das Gesicht der Königin, die Ubar versiegelt hatte. Aber hatten die beiden auch dasselbe Wesen?
Safia sah noch einmal Reginald Kensington in seinem Glassarg vor sich, ein auf ewig erstarrtes Symbol für Schmerz und Qual. Die hodja hatte all diese Jahre geschwiegen. Offensichtlich hatte sie den Leichnam ausgegraben, ihn in ihr geheimes Bergnest gebracht und dort versteckt. Erst die Entdeckung der Schlüssel zu Ubar hatte das Schweigen der Frau gebrochen und ihre Zunge gelockert, sodass sie ihre Geheimnisse preisgab. Das Ganze zeugte von einer erbarmungslosen, zielstrebigen Entschlossenheit.
Und falls die alte Königin so gewesen war wie die hodja , dann hätte sie Ubar mit der gleichen erbarmungslosen Entschlossenheit geschützt, einer Gnadenlosigkeit, die schon an Skrupellosigkeit grenzte.
Safia spürte eine Eiseskälte um sich, und sie dachte an ihre anfängliche Fragestellung. Wie kam es, dass das Tor durch einen scheinbar glücklichen Umstand den Einsturz des Schlundlochs überlebte? Sie kannte die Antwort. Sie hatte die Sache aus einem völlig falschen Blickwinkel betrachtet. Von hinten aufgezäumt. Jetzt ergab alles einen perversen Sinn.
Offensichtlich hatte Painter ihre plötzliche Betrübnis gespürt. »Safia …?«
»Ich weiß, wie das Tor versiegelt wurde.«
09:32
Painter eilte vom Schlackensteinhaus zurück zu den Ruinen. Safia hatte ihn losgeschickt, um den Rad-X-Scanner zu holen. Er gehörte zu der Ausrüstung, die sie aus Cassandras Geländewagen hatten mitgehen lassen. Offensichtlich hatte Cassandra schon in Salalah Safia das Gerät vorgeführt und ihr gezeigt, dass das eiserne Herz deutliche Spuren von Antimateriezerfall aufwies, um sie vom wahren Zweck dieser Suche zu überzeugen.
Neben dem Rad-X-Scanner hatte Painter einen ganzen Koffer mit zusätzlichen Analysegeräten gefunden, alles viel raffinierter als die Geräte, die er kannte, aber in Corals Augen war ein gieriges Funkeln zu erkennen, als sie sich die Sachen anschaute. Ihre einzige Bemerkung: »Hübsches Spielzeug.«
Painter brachte den Koffer mit. Safia verfolgte eine Spur.
Der Sturm warf sich ihm mit aller Wucht entgegen, als er durch das Holztor zur Ruinenanlage trat. Sand prasselte auf jede Stelle entblößter Haut, der Wind riss an seinem Gesichtstuch und dem Umhang. Er stemmte sich gegen den Wind. Und das war erst der Anfang des Sturms.
Im Norden endete die Welt an einer Mauer aus Dunkelheit, durchzuckt von Blitzen blauen Feuers. Statische Entladungen. Painter roch die Elektrizität in der Luft. Die NASA hatte Studien für eine geplante Marsmission unternommen, um abschätzen zu können, wie Mensch und Material sich in solchen Sandstürmen verhielten. Es waren nicht Sand und Staub, die die größten Gefahren für die Elektronik darstellten, sondern die extreme statische Aufladung der Luft, entstanden aus einer Mischung aus besonders trockener Luft und kinetischer Energie. Genug, um Stromkreise in Sekunden durchbrennen zu
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